Einherjer - Norrøn

Review

Was für ein Jahr für den Kampf gegen billigen Flöten-Viking Metal! Erst HELHEIM mit dem fantastischen „Heiðindómr Ok Mótgangr„, und jetzt EINHERJER mit ihrem fünften und Comeback-Album. Gerade mal knappe fünf Jahre haben die Norweger die Füße nach ihrer Auflösung 2004 still halten können, bis sie wieder in den Ring steigen mussten. Und das taten sie mit kräftig Selbstbewusstsein und dem unverrückbaren Plan, ihr letztes und überall in höchsten Tönen gelobtes Album „Blot“ geradezu zu pulverisieren.

Diese Arroganz können sich Frode Glesnes, Gerhard Storesund und Aksel Herløe allerdings auch erlauben, wenn sie danach eine Platte wie „Norrøn“ auf den Tisch legen. Ein unglaublich gutes Album, das die heidnischen Geschmacklosigkeiten der letzten Jahre sogar für mich vergessen macht. Alleine das einleitende „Norrøn Kraft“ ist ein echtes Statement gegen jedes imagehafte Klischeeheidentum. Von unverrückbarem Glauben an die kraftgebende Schönheit des Nordens getrieben, ist das fast dreizehnminütige Stück programmatisch für die ganze restliche halbe Stunde: Urwüchsig, kräftig, stolz. Da kommen stampfende Drums, schmissige Riffs mit typischen EINHERJER-Wikinger-Leads und ein orchestraler Mittelteil mit Chören im Breitwandformat zusammen. Eine Epik, vor der man in die Knie gehen möchte.

Aber das alleine ist noch lange nicht genug. Wer, beeindruckt von diesem monströsen Opener, in den folgenden Songs Füllmaterial erwartet, wird sogleich von dem rockenden „Naglfar“ mit einem Jahrtausend-Riff unter die Wasseroberfläche gedrückt, bis einem Luft, Spucke und Sprache wegbleiben. Einzigartig ist hier, wie es die Band schafft, brachiale Eingängigkeit und progressiven Anspruch zu vereinen. „Alu Alu Laukar“ ist ein kurzer, knackiger Smashhit mit angezerrten Gitarren, Tambourin, Amboss-Sample und einem großen Mitsingrefrain. Auf der Hälfte von „Norrøn“ wird es dann schleichend elegischer. Bei „Varden Brenne“s fantastischem Chorus muss man noch zwangsläufig mitsummen, die tollen zweistimmigen Leads, die so ungewöhnlichen wie passenden Blues-Soli bewundern und bei den Chören an FALKENBACH denken. Bei „Malmting“ wird die Stimmung dann schwelgender und erinnert deutlich an „Aurora Borealis“ und vor allem „Dragons Of The North“. „Balladen Om Bifrost“, ein wunderschönes, größtenteils akustisches Lied in deutlichem Gedenken an BATHORY, beschließt „Norrøn“. Und dann ist der Zauber nach leider nur 41 Minuten vorbei.

Manchmal stößt man in der Beschreibung von Gefühlen, die Musik auslösen kann, subjektiv an seine Grenzen. In diesem Fall habe ich keine Worte, die sagen könnten, wie groß und episch, wie gelungen und mitreißend, wie treffsicher und ohne jeden Ausfall, wie schön und einzigartig dieses Album ist. Tatsächlich krönen EINHERJER damit ihre sowieso schon beachtliche Diskographie mit einem Meisterwerk, das tatsächlich seinesgleichen sucht. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob das wirklich wahr sein kann. Aber ja! Und das verdient einfach höchste Weihen. Das kann man besser nicht machen.

27.08.2011
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