Feuerschwanz - Sex Is Muss

Review

Sexismus ist ohne jede Frage zu verachten. Vereinigungen, die für die Gleichberechtigung von Mann und Frau eintreten (eigentlich traurig, dass es das noch geben muss) sind demzufolge wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Einige schießen jedoch dabei übers Ziel hinaus, so geschehen 2015 in Osnabrück, als die Band FEUERSCHWANZ bei einem kleinen Studentenfestival auftreten sollte. Nachdem Sexismus-Vorwürfe gegen die Band durch eine Studierendenvereinigung lauter wurden, sagte man FEUERSCHWANZ aufgrund von Sicherheitsbedenken den Auftritt ab. Das ließ die Band natürlich nicht auf sich sitzen und verwandelte diese haltlosen Vorwürfe in ein neues satirisches Album, welches den Titel “Sex Is Muss“ trägt. Damit ist automatisch ein roter Faden gegeben, der sich in einigen Texten wieder findet.

Am Anfang steht “Ketzerei“, eine eher unauffällige FEUERSCHWANZ-Nummer, gefolgt von dem wirklich nicht besonders einfallsreichen “Krieger des Mets“. Zum einen hat die Band schon hochwertigere Lieder übers Saufen geschrieben, zum anderen wären zu Beginn eines Albums mit einem derart verheißungsvollen Namen andere Songs empfehlenswert gewesen. Nach diesem holprigen Start zeigen FEUERSCHWANZ allerdings, was in ihnen steckt. Textlich sind wirklich intelligent gemachte Nummern dabei, die zwischen enorm viel Humor an einigen Stellen durchaus zum Nachdenken anregen. Die Band hat sich ohne jeden Zweifel weiterentwickelt. Doch nicht nur die Texte, auch die Musik gefällt von vorne bis hinten. Der Sound ist druckvoll und die Instrumentierung schwankt zwischen harten Metal-Gewändern und tanzbarem Folk, sodass Abwechslung garantiert ist.

Wie sehen die Songs im Detail aus? Der Titeltrack (samt brüllend komischen Video) besticht hauptsächlich durch den lustigen (im Refrain vielleicht etwas banalen) Text, in dem auf amüsante Weise die Wichtigkeit des Liebesspiels deutlich gemacht wird. Im Anschluss feuern FEUERSCHWANZ eine Hitkanone vom feinsten ab. “Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“ ist folkig, verspielt und glänzt inhaltlich mit wichtiger, aber dennoch simpler Botschaft: Hört auf zu viel zu denken und habt Spaß mit dieser Band! “Hexenjagd“ wird ohne Frage ein wahrer Live-Kracher durch seinen kraftvollen Sound, “Ringelpietz (Mit Anfassen)“ lädt zum Tanzen und Feiern ein und “Taugenix“ ist eine Liebeserklärung an den eigenen “unfähigen“ Bassisten mit viel Charme und Ohrwurm-Melodie.

Das war es aber noch lange nicht, FEUERSCHWANZ haben noch mehr in petto. Beispielsweise das “Nachtlied“, das mit seinem ernsten Text und verträumten Arrangement wahrlich heraussticht. Das Lied braucht dabei nicht den typischen Band-Humor – es funktioniert auch so tadellos. Direkt im Anschluss folgt allerdings das unbestrittene Album-Highlight “Moralisch (Höchst Verwerflich)“. FEUERSCHWANZ goes Funk! Dieses kleine Stilexperiment ist nicht nur gelungen, es darf bitte in Zukunft auf keinem Konzert mehr fehlen! Neben den großartigen Melodien beschreibt es auf herrlich satirische Weise die allgegenwärtige Frage: Was darf ich denn überhaupt noch?

Mit dem musikalisch besonders hochwertigen Traditional “Es wollt ein Bauer früh aufsteh’n“, das mit starker Gitarren- und Dudelsackarbeit sowie einem lustigen Text glänzt, und dem ruhigen “Ruderboot“ beenden FEUERSCHWANZ ein wahrlich großartiges Album. Sie sind textlich wie musikalisch enorm gereift, sodass das Zuhören eine wahre Freude ist.

18.09.2016
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