Knorkator - Des Wurzels Zweig (Buch)

Review

Beim Wichsen ist die Eichel trocken

Und hinterher fängt’s an zu jocken

Beim Ficken geht es leichter

Denn da ist es feuchter

Doch nicht zu jeder Befriedigung

Steht eine Scheide zur Verfügung

Drum mach ich Speichel Auf die Eichel.


Reich-Ranicki, ick hör dir trapsen. Was unseren allseits geschätzten Papier-Gourmet beim Sichten dieser elendig infantil-zotigen Kalauerkollektion vom Detonieren abhielte, entsteigt meinem Vorstellungsverrmögen; aber dessen Sänfte wird auf der Frankfurter Buchmesse wohl ohnehin einen diskreten Bogen um das Epizentrum der hier referierten literarischen Erdstöße, den Stand des Eulenspiegel Verlags, beschreiben. Eine Sorge weniger. Widmen wir uns aber meiner Hauptsorge: Dem Buch selbst. War es auf den akustischen Publikationen Knorkators noch die geballte Kompositionsgabe von Songwriter Alf Ator, die den skrupellosen Fäkal-Humor der drei Berliner Plüsch-Narren in meist bombastisch-sakralen Pelz hüllte und somit ein Kleinstmaß an Seriösität heuchelte, muss das Buch ohne den gellenden Sopran Stumpens und ohne das synthetische Gitarren-Pengpeng Buzz Dee’s halten, was sein knorkatöser Titel verspricht. Nämlich nichts. Und das tut es: Gnadenlos wird auf der Humorskala von 0-100 der Minusbereich sondiert. So alternieren ‘Geh Dichte‘ über erotische Gaumenfreuden durch Genuss von Nasenexkrementen („Popel“), pubertäre Gesichtsekzeme („Die Griebe“), aus großer Höhe kotender Zeitgenossen („Turmkacker“) oder Hygienebehandlung der allmorgendlichen Erektion („Morgenwäsche“) mit ebenso glanzvollen Zeichnungen, die in Kreativität und künstlerischem Rang in etwa dem Standard des Hoffnungsträgers unter den Absolventen des Ästhetik-Schulungsprogrammes für tierschaudegenerierte Spreizfußmakaken entsprechen könnten. Mit wenigen Strichen und ferner gesteigerter Prägnanz der erklärenden Vokabeln veranlassen die Kapitel „Doppelte Wortlaute“ und „Missverständnisse“ den Leser zu so manchem unwillkürlichen Darmluftausbruch oder auch instinkt-gelenktem Losbrüllen. Strichfadene Illustrationen drolliger Kalauer wie „Hai, sehr heiser“ , „Traktor isst Traktorist“ oder „‘Papi, was ist Kot?‘ – ‚Es liegt mir auf der Zunge!‘“ lassen zwar stark an der Existenzberechtigung des Verfassers als mündiger Wahlberechtigter zweifeln, entbehren aber keinesfalls einer unerklärlichen Komik, mittels derer der Leser noch (oder schon) einmal in good old Siggis Anale Phase eintauchen und sich ferner auch unbekümmert kindlich über Pippi- und Aa-Pointen beömmeln darf.



Als gänzlich überflüssig stellen sich hingegen die „Kapitel Eins“, „Zwei“ und „Drei“ heraus, die jeweils tatsächlich unlustige, halbseitige Kurzgeschichten behandeln. Zwar bilden diese Kapitel nach eigener Schätzung etwa 80 Prozent des Buchstabenkontingents der gesamten Scharteke, dennoch konstituieren sie den weit sinnnebulöseren Bestandteil, der ausser einem verständnisarmen Kopfschütteln wenig physisch beobachtbare Aktivität hervorrufen kann. Vielleicht aber ist es gerade Absicht des Autors, eben dieses anti-substanzielle Vakuum im Zerebrum des Endverbrauchers zu generieren. Absicht oder nicht: Das Amüsement ist – wie so oft – mutmaßlich allein auf Künstlers Seite.
Dafür entschädigt wiederum eine angstschweisstreibende und zu allem Überfluss wieder einmal zeichnerisch veranschaulichte Episode über ein bitteres Malheur bei der Masturbation per rectum. Stellt sich die Frage nach einer Zielgruppe? Vielleicht nicht unbedingt, wenn man bedenkt, dass die Stimulanz niederster Triebe die breite Masse ebenso echauffiert wie fasziniert. Und so ist es wohl ein bisschen wie mit Peases‘ „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“: Keiner hat es niemals nirgendwann besessen, geschweige denn selbst käuflich erworben, aber die Unaufrichtigkeit der lesenden Bevölkerung konstatieren zu guter Letzt und über alle Zweifel erhaben die Literatur-Charts… Und auch „Des Wurzels Zweig“ ist ein kurzweilig-debiles Büchlein zum tunlichst ganz alleine lesen. Vorzugsweise natürlich in adäquater Gemütslage beim Aa-machen.

11.10.2002
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