Knorkator - Weltherrschaft für alle!
Review
„Weltherrschaft für alle!“ ist die Veröffentlichung, die KNORKATOR ihren Fans pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum spendieren und daher ergibt es Sinn, dass die Band einige ihrer älteren Stücke updaten. Die Auswahl derer ist indes … interessant. Dazu gleich mehr. Die neue Platte der Band um Chef Alf Ator und dem ganzkörpertätowierten Wirbelwind Stumpen ist zuvorderst ein Album, das klanglich erst einmal wunderbar an diese Stelle der Bandgeschichte hinein passt. Die Produktionsqualität bei den Berlinern spielt mittlerweile ganz weit vorne mit, sodass man in diesem Zusammenhang in die seltsame Situation geraten kann, die Begriffe „KNORKATOR“ und „cineastisch“ in einem Satz verwenden zu müssen. Auch der ungestüme Klamauk von anno dazumal hält sich mehr und mehr im Zaum, wobei „Weltherrschaft für alle!“ längst nicht so politisch unterwegs zu sein scheint wie sein Vorgänger.
30 Jahre KNORKATOR wollen gefeiert werden
Das Album ist … ein seltsamer Fall. Auf der einen Seite klingt die Platte wie ein modernes Album der Berliner, auf der anderen Seite gemahnt die Struktur der Trackliste an die ganz frühen Tage, in denen Alben wie „Hasenchartbreaker“ oder „Ich hasse Musik“ mit einer Handvoll Cover-Versionen ergänzt worden sind. Der Unterschied ist, dass die Band sich hier selbst covert. Genauer werden ein paar Klassiker nebst einigen unerwarteten Tracks aktualisiert, wobei der Live-Klassiker „Buchstabe“ die dramatischste Wandlung erfahren hat. Dieser wurde von der noch vergleichsweise kruden Version von „Hasenchartbreaker“ nun also auch im Studio-Format der gängigen Live-Version angepasst, was einerseits längst überfällig gewesen ist, andererseits ohne Live-Kulisse irgendwie den rumpeligen Charme einbüßt. Das ist aber wahrscheinlich Geschmackssache.
Andere Kompositionen wurden subtiler adaptiert, geraten dadurch aber ungleich stärker. „Ich verachte Jugendliche“, im Original von „Tribute to uns selbst“, ist dem Original weitestgehend treu geblieben, aber das Gesangstandem bestehend aus Alf Ators Sohn Tim Tom Thomas und Stumpens Tochter Agnetha Ivers bringt zusammen mit der möglicherweise etwas funkiger gewordenen Rhythmik neuen Pepp in die Geschichte hinein. „Liebeslied“, ehemals „www.einliebeslied.de“ von „Das nächste Album aller Zeiten“, und „Hardcore“, wiederum von „Hasenchartbreaker“, haben beide ein Facelift in Sachen Orchestralarrangements erhalten, was im Falle des Erstgenannten tatsächlich enorm unter die Haut geht, dem Letztgenannten einen dramatischen Abgang verschafft. Sogar das als Rausschmeißer fungierende „Ick wer zun Schwein“ profitiert von seiner Modernisierung, wobei auch hier der Rumpelcharme von damals ein bisschen fehlt. Aber wieder: Geschmackssache.
Daher liefern die Berliner Frisches und Altes im neuen Gewand
Abseits dessen stehen die in leichter Überzahl vertretenen Neukompositionen, wo „Weltherrschaft für alle!“ zeigt, dass die Stärken neuer KNORKATOR nicht nur in Vergangenem liegen. „Ismus“ ist der ansässige Wortspiel-Salat-Track, der das Album anno 2025 eröffnen darf. Der Song ist zwar nicht ganz so clever wie etwa „Buchstabensuppe“, geht aber dafür simpeleffektiv und energisch nach vorne und animiert damit die Nackenmuskulatur. Atmosphärisch wird es auf „Das Unheil“, das fast hörspielartige Qualitäten mitbringt – und das ist im besten Sinne der Worte gemeint. „DMT“ weist dank der von Alf Ator inbrünstig vorgetragenen Hook gewisse RAMMSTEIN-Vibes auf, gewinnt aber deutlich mehr Sympathiepunkte durch geradezu sagenhaft sahnige Synth-Arrangements.
Dann aber gerät „Weltherrschaft für alle!“ an anderer Stelle ins Schlingern. „Unkraut“ klingt so verlegen und plump, als hätten J.B.O. in ihren uninspirierteren Momenten Songwriting-Credits. In „Steh auf“ singt Stumpen über – öhm – Erektionsstörungen. Der Track ist zudem Füllmaterial in Reinkultur, beides Gründe, hier die Skip-Taste zu bemühen. Und dann bleiben „Halb voll“ und „Evolution“, die beide musikalisch auch nicht gerade großes Kino auffahren, textlich aber immerhin interessant sind. Hier geht es ums Dating im mittleren Alter („Halb voll“) und die jüngere Entwicklung der Musikindustrie („Evolution“), beides Stücke, welche die in jüngeren Leistungen mehr und mehr zu Tage getretenen, reflektierten Seiten von KNORKATOR wunderbar demonstrieren.
Trotz Abstrichen kann man ihnen einfach nicht böse sein
Mit etwas Ausschuss in der Trackliste muss man den Berlinern attestieren, dass „Weltherrschaft für alle!“ im Gesamten etwas schwächer abschneidet als die beiden doch sehr starken Vorgänger. Doch wenn sie treffen, treffen sie ins Schwarze, vor allem mit der Qualität der Arrangements in „DMT“, „Liebeslied 2025“ und „Hardcore 2025“. Es ist irre, sich vorzustellen, dass die Berliner NDH-Kasper von einst solche sahnigen Tracks zu produzieren imstande sind. Die mittlerweile längst zum Inventar der Band gehörenden Stimmen von Tim Tom Thomas und Agnetha Ivers sind eine nach wie vor willkommen Ergänzung im Sound. Und am Ende kann man ihnen dann doch nicht so böse sein, auch wenn das Jubiläumsalbum ein bisschen enttäuscht. Irgendwie haben wir sie am Ende doch lieb …
Knorkator - Weltherrschaft für alle!
| Band | |
|---|---|
| Wertung | |
| User-Wertung | |
| Stile | Fun-Metal, Neue Deutsche Härte |
| Anzahl Songs | 13 |
| Spieldauer | 46:08 |
| Release | 12.09.2025 |
| Label | Tubareckorz |
| Trackliste | 1. Ismus 2. Unkraut 3. Das Unheil 4. Buchstabe 2025 5. Steh auf 6. Ich verachte Jugendliche 2025 7. DMT 8. Halb voll 9. Liebeslied 2025 10. Evolution 11. Hardcore 2025 12. ACDC 13. Ick wer zun Schwein 2025 |
