Lacrimas Profundere - Filthy Notes For Frozen Hearts

Review

Wie viele Scheiben haben LACRIMAS PROFUNDERE eigentlich schon? Man wagt kaum nachzuzählen. Mit „Filthy Notes For Frozen Hearts“ kommt nun noch eine hinzu. Und die macht keinen Hehl daraus, dass man Großes vorhat und mit beiden Augen auf den Massenmarkt schielt. Ist zwar auf jeden Fall legitim. Die Frage nach der Wahl der Mittel aber auch.

Bereits beim ersten Hören fällt auf, dass das Album mit allem ausgestattet ist, was ein zeitgemäßes Goth-Rock-Album kommerziell erfolgreich macht. Die fett bratenden Gitarren sind mächtig heruntergestimmt, sorgen zwar nicht für Akzente, aber verpassen den Songs ein massives, wenn auch gleichförmiges Fundament, über das die melodieführenden Keys zuhauf catchy Melodien streuen. Das Rezept ist also unverändert, die Songs wirken insgesamt aber noch radiotauglicher, und weisen allesamt klassische Popsong-Merkmale auf. Sehr eingängige, häufig wiederholte Refrains mit passender Bridge, nach zwei Dritteln des Songs eine kleine Variation oder auch mal die obligatorische Modulation, um das Finale einzuläuten. So und nicht anders schreibt man Hits. So vorhersehbar das Ganze auch ist, muss man dennoch zugeben, dass es blendend funktioniert! Demnach ist auch der Albumtitel ziemlich irreführend. Denn „filthy“ ist hier gar nichts. Im Gegenteil: alles sitzt genau da, wo es hingehört, um die Scheibe möglichst reibungslos in die Charts zu katapultieren. Und genau da will man nach dem Erfolg von „Ave End“, das es seinerzeit auf den einschlägigen TV-Musiksendern zu Airplay-Ehren schaffte, wieder hin. Zur Single-Auskopplung „Again It’s Over“, einer ziemlich rockigen Uptempo-Nummer, hat man bereits das Video im Kasten, das man sich mitsamt Making Of reintun darf.

Insgesamt ist „Filthy Notes…“ ziemlich ausgewogen ausgefallen. Zügige Goth-Rocker der Marke „My Velvet Little Darkness“ oder der erwähnten Single halten sich in etwa die Waage mit melancholischen Balladen mit gloomy touch. Aber auch das war alles schon mal da. Was mich nach wie vor stört an LACRIMAS PROFUNDERE, ist nicht ihre kommerzielle Ausrichtung – der Erfolg sei ihnen ohne Einschränkung gegönnt – sondern die allzu offensichtlich angestrebte HIM-Kompatibilität, die sich nicht nur im Instrumentalen niederschlägt, sondern auch Christophers Gesang derart nach Ville Valo klingen lässt, dass man sogar den eigentlich nicht vorhandenen finnischen Akzent heraushören kann. Zwar können LACRIMAS PROFUNDERE den Finnen ohne Frage das Wasser reichen, den First-Mover-Bonus haben HIM aber schon längst für sich verbucht, sodass sich die Frage nach dem Sinn einer solch frappierenden Ähnlichkeit mit einigem Nachdruck aufdrängt. Zwar muss man den Bayern zugute halten, dass ihre Mucke noch um einiges mehr Arsch tritt, mehr Eigenständigkeit und weniger Anbiederung würde aber sicher nicht nur ich honorieren. Solange sich das Album aber erfolgreich verkauft – was es mit Sicherheit wird – wird man darauf jedoch wohl leider vergeblich warten. So bleibt unterm Strich ein ordentliches Album ohne Überraschungen aber reichlich Airplay-Ambitionen. Mehr als wohlwollende, knappe sieben Zähler sind damit aber nicht drin.

06.07.2006
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