Magnum - Vigilante

Review

Am 07. Januar 2024 verstarb Tony Clarkin, der Kopf der britischen Rock-Band MAGNUM. Über mehr als fünf Jahrzehnte lieferte er und seine Band Alben, die die gesamte Bandbreite der Rockmusik abdecken. Wenn es um das Referenzwerk von MAGNUM geht, dann fällt sehr oft der Name „On A Storyteller’s Night”. Dicht auf den Fersen des Highlights der Rocker aus Birmingham ist der Nachfolger „Vigilante“. Das Album profitiert von seinem erfolgreichen Vorgänger und erreicht mit der Veröffentlichung am 26. September 1986 einen größeren Kundenkreis, unter anderem auch weil MAGNUM beim damaligen Major-Label Polydor unter Vertrag stehen. Doch was zeichnet „Vigilante“ aus?

MAGNUM schaffen den Sprung zum Major-Label Polydor

MAGNUM präsentieren einen neuen Drummer für das 86er-Album. Mickey Barker übernimmt für Jim Simpson, ansonsten arbeiten die Herren vom Songwriting mit dem „On A Storyteller’s Night”- Erfolgsrezept. Das bedeutet, dass Clarkin die Texte für seinen Kumpel Bob Catley schreibt.

Bei der Produktion des Albums bekommen Clarkin und Co. Unterstützung von einem großen Namen. Roger Taylor, der Drummer von QUEEN, arbeitet gemeinsam mit MAGNUM in den Mountain Studios, im schweizerischen Montreux. Im Vergleich: „On A Storyteller’s Night” wurde in den Abattoir Studios, Birmingham, produziert und vom Label FM erstmalig aufgelegt. MAGNUM klopfen mit „Vigilante“ an der obersten Etage der Rockmusik an.

Die Stärke von „Vigilante“ liegt vor allem auf der B-Seite, wo MAGNUM ein unglaubliches Hitfeuerwerk abliefern. „Holy Rider“ ist ein Rocker, der mit Melodie und Refrain das Publikum mitreißt und zum Tanzen bringt. Der Song des Albums nennt sich „When The World Comes Down“. Viele Rockfans aus den 80er Jahren singen auch heute noch den Refrain „There are times it’s hard to swallow, When the world comes down on you, May it shine on you tomorrow, And your dreams, they all come true” voller Inbrunst mit. Diese etwas mehr als fünf Minuten Musik klingen melancholisch und traurig, aber genauso lebensbejahend und hoffnungsvoll. Die Ballade ist eine der Mitsinghymnen bei den unzähligen Konzerten von MAGNUM seit Mitte der 80er Jahre.

Der Titeltrack und „Back Street Kid“ sind die beiden anderen Kracher auf der B-Seite. „Vigilante“ kommt etwas verspielter daher, zeigt aber auch Anleihen in Richtung Stadionrock und spätestens mit dem Refrain haben Clarkin und Catley ihr Publikum gefangen. Das „Back Street Kid“ könnte lyrisch von Tony Clarkin selbst handeln. „Stood outside of the store shy and clumsy, Saw an electric guitar he got hooked from the start”. Das klingt nach dem jungen Tony, der durch die City von Birmingham schlendert und seine Berufung findet. So wie die Gitarre Clarkin angezogen hat, so ziehen MAGNUM mit dem Song das Publikum in ihren Bann. Eine nahezu perfekte Melodieführung lässt den Song jede Sekunde weiterwachsen.

MAGNUM reihen Hit an Hit auf der B-Seite von „Vigilante“

Die A-Seite ist keineswegs schlecht, aber kein derartiges Feuerwerk. Der Auftakt „Lonely Night“ ist ein leichtfüßiger Stadionrocker, der im Gesamtkontext von „Vigilante“ zu den schwächeren Tracks zählt. Gleiches gilt für den Schmachtfetzen „Need A Lot Of Love“, der die Fanbase zum Träumen einlädt.

Fahrt nimmt „Vigilante“ mit „Sometime Love“ auf, richtig los kracht die Scheibe aber erst mit „Midnight (You Won’t Be Sleeping)“ und „Red On The Highway“. Das grandiose Gespür der Herren für Melodien kommt bei „Midnight (You Won’t Be Sleeping)“ zum Vorschein, die Bläserfraktion sorgt für das i-Tüpfelchen. Der Schlusspunkt der A-Seite ist der gradlinige Rocker „Red On The Highway“ und zeigt, dass MAGNUM in jeder Ecke der Rockmusik zu Hause ist.

„Vigilante“ in der Retrospektive

Wir reden bezüglich Chart-Platzierungen vom Jahr 1986. Ein Platz 16 in Schweden bedeutet, dass es nur 15 Longplayer zu einem Zeitpunkt des Jahres gab, die in Schweden öfters über den Tisch gegangen sind. ABBA waren zu diesem Zeitpunkt bereits inaktiv. In UK langt es für Platz 24, in Deutschland für Platz 59. Die Kritiken der Printmagazine sind unterschiedlich. Es gibt Magazine, die „Vigilante“ in den höchsten Tönen loben, genauso müssen Clarkin und Catley mit der Kritik leben, dass ihre Musik nach 70er-Jahre-Rock klingt, und weit entfernt von Hitparadenstürmern wie BON JOVI („Slippery When Wet“) oder STATUS QUO („In The Army Now“) ist. MAGNUM bleiben sich selbst treu und widerstehen (noch) einer kommerzielleren Ausrichtung. Das ändert sich mit „Wings Of Heaven“, doch das ist ein Thema für eine weitere Ausgabe von Blast Of The Past.

Wer auf melodische Rockmusik steht, der wird mit Album Nummer sechs aus dem Hause MAGNUM seine Freude haben. Die Scheibe kann wie der Vorgänger „On A Storyteller’s Night” als Blaupause für viele aufstrebende Melodic-Rocker angesehen werden. Auch wenn „Vigilante“ objektiv fünf Prozent für die Höchstnote im Vergleich zu „On A Storyteller’s Night” durch den mäßigen Einstieg in die LP fehlen, so ist die Scheibe im Vergleich zu anderen Rock-Alben der 80er Jahre immer noch herausragend. Überspitzt lässt sich zusammenfassen, das „On A Storyteller’s Night” eigentlich elf Punkte verdienen würde, sodass die volle Punktzahl auch für „Vigilante“ gerechtfertigt ist. Danke Tony Clarkin und Bob Catley für dieses geniale Album.

 

16.01.2024

Ein Leben ohne Musik ist möglich, jedoch sinnlos

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