Malmzeit - Make Metal Small Again

Review

„Make Metal Small Again“ ist 2023 erschienen und enthält die „Midlife-Memoiren“ von MALMZEIT, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feierten. Was ist überhaupt MALMZEIT? Dabei handelt es sich um ein Duo, bestehend aus Sumatra Bop a.k.a. Jochen Neuffer (Gitarre) und Earl Grey a.k.a. Jörg Scheller (Gesang und Bass), das stets sitzend und laut eigenen Angaben auch stets gut gekleidet auf der Bühne zu sehen ist.

Die Beschreibung der Musik des Duos sei an dieser Stelle Musikbeschreibungsveteran Gunnar Sauermann überlassen, der im Geleitwort zum Buch von „einer Melange aus frühen CELTIC FROST-, Thrash- und primitiven Florida-Death-Einflüssen [mit] Rudimente[n] aus Punk und proletarischem Hardcore“ spricht. Dazu passt, dass das seriöse Anzugtragen und Teetrinken auf der Bühne sowie die schlauen Reden zwischen den Stücken stellenweise von einer hemdsärmligen Darbietung der Musik konterkariert werden, während der die stumpfen Riffs zu Beats aus der Dose rumpeln.

Gute Stuben und besetzte Häuser

MALMZEIT selbst sprechen inzwischen von „Kammermetal“ und legen viel Wert darauf, dass sie für alle möglichen Veranstaltungen gebucht werden können. Ja, für alle Gelegenheiten vom Kindergeburtstag über die Kunstaustellung bis hin zum gemütlichen Seniorenabend kann zumindest ein Kostenvoranschlag angefordert werden. Aus diesem Umstand speist sich auch der Charme von „Make Metal Small Again“, denn dank ihrer erfreulichen „Warum nicht?“-Mentalität haben MALMZEIT schon allerlei Events bereichert und dabei viele skurrile Situationen erlebt.

In dieser Band-Biografie geht es also nicht um bereits an anderen Stellen hinlänglich dokumentierte Rockstar-Eskapaden, sondern um die Absurditäten des Alltags. Mal wird während des Konzertes vor der Bühne in gutbürgerlicher Andacht Spargel verputzt, mal eröffnet das Duo auf Schloss Donzdorf ganz ohne Nuclear-Blast-Beteiligung unter den strengen Augen des Bürgermeisters eine Kunstaustellung und schließlich tritt es sogar in der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin vor dem stets skeptisch guckenden Winfried Kretschmann auf.

Die MALMZEIT-Diashow ist sehr unterhaltsam

Diese Anekdoten lassen bereits durch ihre bloße Nennung das Kopfkino beginnen. Mitunter hätten einige Details die Lesezeit aber noch vergnüglicher gestalten können. Zwar mangelt es nicht an pointierten Zusammenfassungen der Ereignisse, aber vermutlich ist nach all den Jahren und aus Datenschutzgründen nicht mehr jeder Moment in der Erinnerung und dem Buch enthalten.

Dennoch liest sich „Make Metal Small Again“ wie eine sehr unterhaltsame Diashow, mit der die beiden Musiker eine ungewöhnlich gewöhnliche Band-Geschichte erzählen. Zwar schildern MALMZEIT immer wieder selbstironisch, wie sie mit ihrem „Trash Metal“ oder „No Metal“ expandieren wollen, doch der Titel bleibt Programm, hat das Duo sich doch als „kleinste Metalband der Welt“ etabliert.

„Make Metal Small Again“ nimmt seinen Titel ernst

Dabei steht der Titel nicht dafür, das Genre an sich in Form einer Entkommerzialisierung oder ähnlichem programmatisch gesundzuschrumpfen, sondern um eben jene Konzerte und kleinen Momente zu bereichern, die im Metal sonst nicht vorkommen. Besteht bereits der Underground heute aus zahlreichen semi-professionellen bis professionellen Akteuren und Events, setzen sich MALMZEIT ganz bewusst auf die Couch und machen aus ihren Shows keine große Sache – wobei dies natürlich teil der Inszenierung ist.

Die „Geriatrisierung“ des Metal, also seine zunehmende Überalterung, stellt das Duo des Öfteren und insbesondere im letzten Kapitel des Buches fest. Insofern ergibt es Sinn, Anknüpfungspunkte im gutbürgerlichen Milieu zu suchen, da diese in abgeranzten Jugendzentren nicht (mehr) zu finden sind. Wenn der Metal zwei mittelalte Herren auf der Couch sieht, blickt er in den Spiegel und muss akzeptieren, dass das Spargelfest ihm näher steht als genehm. Gleichzeitig lehren Anekdoten über turbulente Straßenfeste in Moldawien und Konzerte in besetzten Häusern, dass auch der biedere Alltag manches Abenteuer parat hat.

09.01.2024

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