Pestilence - Doctrine

Review

Ihr Reunion-Album „Resurrection Macabre“ konnte mich vor zwei Jahren nicht aus der Reserve locken, denn dafür lieferte allein das damalige Line-Up (das ja, überspitzt formuliert, nur aus Patrick Mameli plus ein paar Gastmusikern bestand) zu wenige Argumente, kurz: Das waren nicht die PESTILENCE, die ich hören wollte. Nun, zwei Jahre später sieht die Sache schon ein wenig anders aus: Gitarrist Patrick Uterwijk stand schon seit den Aufnahmen von „Resurrection Macabre“ als Zugang fest, und als Jeroen Paul Thesseling seinen Wiedereinstieg verkündete, wurde ich hellhörig: Der Mann glänzt derzeit bei OBSCURA am Bass, und davon sollte doch auf die holländische Death-Metal-Legende ein wenig abfärben.

Was erwartete ich als Fan also vom neuen PESTILENCE-Album „Doctrine“? In erster Linie flottes Tempo, schleifende Riffs, jazzige Passagen und kranke, heisere Vocals. Und so kommt es auch, wenngleich doch etwas anders als gedacht: Nach einem länglichen Intro mit der Predigt eines Geistlichen, der zunehmend austickt, setzen Riffs ein, die wie Schläge in die Magengrube sind: PESTILENCE benutzen neuerdings achtsaitige Gitarren, und der Sound ist in seiner Gitarrendominanz mehr als fett. Doch dann setzt Bandboss Mameli zum einleitenden Schrei ein… Was soll ich sagen: Tarzan hätte in diesem Fall Wick Blau genommen und sich wesentlich kraftvoller angehört. Auch in der Folge driftet Mamelis Stimme ein paarmal in unsicheres Wimmern ab, dafür ist sie aber nicht mit Effekten zugekleistert wie noch auf „Resurrection Macabre“.

Und sonst? Die Songs halten eigentlich fast genau das, was man sich von ihnen verspricht: Ziemlich brutale Riffs, die teilweise erfreulich eingängig sind, wie im oben erwähnten „Amgod“, beim pumpend-hektischen Titeltrack und vor allem bei „Absolution“, dem Track auf „Doctrine“, der sich noch am ehesten als Hit anbietet. Insgesamt gesehen tut sich das Album in dieser Richtung aber etwas schwer: Ein neues „Land Of Tears“ ist nicht in Sicht, auch kein „Out Of The Body“ oder ein „Dehydrated“. Dafür leben einige Tracks von Jeroen Paul Thesselings außergewöhnlichem Bassspiel – „Sinister“ und „Deception“ sind so Fälle, wo der bundlose Bass dem Ganzen das gewisse Etwas verleiht. Von den allesamt hörenswerten jazzigen Gitarrensoli und –passagen mal ganz abgesehen.

Natürlich werden nicht alle alten PESTILENCE-Fans mit „Doctrine“ glücklich werden, aber nüchtern betrachtet liegt das Songwriting in der Schnittmenge zwischen „Testimony Of The Ancients“, „Spheres“ und „Consuming Impulse“ (in dieser Reihenfolge). Und abgesehen von den leichteren stimmlichen Unsicherheiten ist die Umsetzung doch ziemlich gelungen. Das Songwriting hätte etwas spektakulärer ausfallen können, aber dennoch rotiert das Album seit einiger Zeit häufig in meinem Player. Macht in Summe ein solides, wenngleich nicht überragendes Album, das sich aber zu jeder Zeit nach PESTILENCE anhört. Daher…

23.05.2011

- Dreaming in Red -

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