Psycroptic - As The Kingdom Drowns

Review

Wer in den letzten zehn, fünfzehn Jahren Death-Metal-technisch ein bisschen aufgepasst hat, dürfte hier oder da über den Namen PSYCROPTIC gestolpert sein. Die Band aus dem tasmanischen Hobart hat sich ihren ganz eigenen Sound erspielt, den man sofort wieder erkennt, selbst wann man – wie der Verfasser dieser Zeilen – zuletzt zu „(Ob)Servant“-Zeiten mit den tasmanischen Tech-Death-Teufeln zu tun hatte. Und trotzdem war Unsereins beim Sound der Herren sofort wieder zu Hause, dessen extrem straffe Spielweise mit „tight“ schon unzureichend beschrieben ist. Spack trifft es da eher, will sagen: Joe Haley an Gitarre und Dave Haley am Schlagzeug schnüren die Songs teilweise so eng, das kaum ein Pfennig dazwischen passen würde.

„As The Kingdom Drowns“ klingt zunächst einmal vertraut

Auf ihrem mittlerweile siebten Album „As The Kingdom Drowns“ führen PSYCROPTIC diese Spielweise natürlich konsequent fort. Doch der Overkill der Sinne bleibt bei aller Straffheit aus – auf dem Papier ein Mirakel. Denn eigentlich müsste dies der Alptraum für jeden sein, der dynamisches Songwriting dem technischen Kreuzfeuer vorzieht. Und doch präsentiert sich der Vierer hierauf deutlich eingängiger und – man lese und staune – hymnischer, als man das erwarten würde, bringt somit Dynamik UND das Kreuzfeuer unter einen Hut, zieht dann aber dessen Hutschnur bandtypisch straff.

Dass diese den Kopf nicht einengt, ja, das ist die große Kunst hinter „As The Kingdom Drowns“. Gleich „We Were The Keepers“ sorgt für eine solche, überraschende Erkenntnis: Mittendrin bekommt der Hörer einen geradezu bombastischen Refrain geboten, bei dem man schon mal vor Ehrfurcht in die Knie gehen kann. Unter Zuhilfenahme eines Chors haut Jason Peppiatt eine hymnische Hook vom allerfeinsten heraus. Drumherum liefert Joe Haley wieder seine präzisen, wirbelnden Riffs, die dann von Dave Haley in ein strammes Korsett eingefasst werden. Die Atemnot bleibt aber aus, da beide nicht einfach alles zu kleistern.

PSYCROPTIC mit einer Enschlackungskur

Ja, PSYCROPTIC haben eine eingängige, fokussierte Herangehensweise gewählt, die sich in gehörter Form definitiv auszahlt. Hatte man dem selbstbetitelten Vorgänger noch eine gewisse Beliebigkeit vorwerfen können, so kommt „As The Kingdom Drowns“ strukturierter und disziplinierter daher. Die Tasmanier haben den progressiven Anspruch als solchen praktisch komplett über Bord geworfen, das Songwriting entschlackt und eine neue Klarheit in die eigene Musik einfließen lassen. Plötzlich findet sich in den Hooks Platz für erhebende Melodiebögen, die wie beim Titeltrack eine geradezu transzendentale Wirkung entfalten können.

Groß ist auch „Beyond The Black“, nicht nur, weil hier definitiv nicht die Rede von einer mittelmäßigen Retortenkapelle ist. Der Refrain bringt auch eine ungemein melancholische Note mit sich, durch die Peppiatt fast schon Verzweiflung ausstrahlt. Das folgende „Upon These Stones“ scheint dies in atmosphärischer Form zunächst untermalen zu wollen mit seinem ruhigen, desolat klingenden Auftakt, der bestimmt ist von cleanen und akustischen Gitarren. Der Track entpuppt sich dann aber als fetter Groove-Stampfer, der erneut von der chirurgischen Präzision der Haley-Brüder profitiert.

Die tasmanischen Teufel wirbeln wieder

Der einzige Track, dem man wirklich Vorwürfe machen kann, ist der Rausschmeißer „You Belong Here, Below“, der sich gerade nach einer derartigen Leistung nicht wie ein passender Schlusspunkt anhört, sondern eher blass anmutet, wie hastig zusammen geschraubt. Doch auch hier bleiben PSYCROPTIC rein musikalisch konsistent. Und mit einem scharfen, konturreichen und doch voluminösen Sound ausgestattet klingt „As The Kingdom Drowns“ gleichsam klar und heavy. Die tasmanischen Teufel wirbeln also definitiv wieder in der oberen Liga mit.

08.11.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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