Rhapsody - Symphony Of Enchanted Lands

Review

Das kultige 1998er „Symphony Of Enchanted Lands“ von RHAPSODY ist mittlerweile unter Fans ähnlich legendär wie polarisierend. Fakt ist, dass heute immer noch gestritten wird, ob die Zunahme der klassischen Elemente im Vergleich zum technisch experimentiven Debütalbum „Legendary Tales“ nun tatsächlich den Anspruch, oder doch eher den Kitschfaktor der Band gesteigert hat. Doch obwohl ich fest behaupte dass sich letzterer mit diesem Album auf dem Höhepunkt der turillischen und staropolischen Schaffensphase befand (man denke nur an die ersten Minuten des Titeltracks), ist diese Platte kompositorisch zu ausgereift, als das man sie mit diversen Fantasyschmalzern vergleichen könnte.

Das sieht man etwa am Opener „Emerald Sword“. Der nicht nur einer der wenigen RHAPSODY-Songs überhaupt ist, wo die Gitarre einen Halbton tiefer gestimmt sein darf, sondern auch ein Ohrwurm wie er im Buche steht. Doch eigentlich überzeugt ausnahmslos jeder Song durch einfallsreiches und verspieltes musikalisches Handwerk; mal episch („Eternal Glory“), mal düster („Beyond The Gates of Infinity“) oder kurz und ohrwurmig („Wisdom Of The Kings“ und „Riding The Winds Of Eternity“). Mit dem deutlich Vivaldi-inspirierten „The Dark Tower Of Abyss“ liefern sie außerdem einen großartigen Beweis dafür, dass sich der Sommer aus den Vier Jahreszeiten des italienischen Komponisten auch großartig in einem angedüsterten Metalsong macht, und zeigen dem Durchschnittskuttenträger welche abgefahrenen Rhythmen es doch in der Musikwelt gibt.

Ein wenig übertrieben hat die Truppe es dann aber mit dem überlangen Titeltrack, der es mit Kitsch, Epik und gedrosseltem Tempo etwas zu gut meint, und daher trotz cooler Folkelemente relativ durchwachsen wirkt. Dennoch bleibt uns ein eigentlich großartiges Metalalbum, das eigentlich als Manifest des klassik-inspirierten Genres gelten kann, lässt man jenen ‚Durchhänger‘ mal außen vor. Ob man diese Platte jedoch dem kompositorisch (in Bezug auf die klassischen Elemente) deutlich anspruchsvolleren und abwechslungsreicheren zweiten Teil von 2004 vorzieht, bleibt Geschmackssache. Mein Lieblingsalbum ist und bleibt auf weiteres sowieso „Dawn Of Victory“ – allein schon wegen der angenehmen Entwicklung zur Unkitschigkeit.

30.05.2006
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