Sinister - Diabolical Summoning

Review

SINISTERs Zweitwerk „Diabolical Summoning“ erschien im November 1993 und knüpfte nahtlos an “Cross The Styx” an, das knapp zwei Jahre zuvor erschien. Wobei, ganz so nahtlos ging es dann doch nicht vonstatten.

Zunächst: Das Debüt war eine ganze Zeit im Underground gereift und enthielt weitgehend Songs der vorangegangenen Demos – jetzt mussten die Niederländer aber mit komplett neuem Songmaterial nachlegen. Dann stieg mit Ron van de Polder einer der beiden Gitarristen aus und ließ Andre Tolhuizen allein an den sechs Saiten zurück. Für ihn rückte Bart van Wallenberg am Bass nach und komplettierte das Quartett um Mike van Mastright (Vocals) und Aad Kloosterwaard am Schlagzeug. Mit acht neuen Songs ging es dann Mitte 1993 nach Gelsenkirchen ins TNT Studio, wo das Quartett unter der Anleitung des erfahrenen Colin Richardson „Diabolical Summoning“ eintrümmerte.

SINISTER legen nach

Und das klingt, obwohl es stilistisch immer noch Death Metal der reinen Schule ist, anders als das Debüt. Der Grund: War jenes noch deutlich von zwei Gitarristen komponiert und arrangiert, sind die Riffs auf dem Zweitwerk direkter, teilweise effektiver, machmal aber auch eindimensionaler. Da gibt es dann halt nur eine Gitarre, die die Richtung vorgibt. Am deutlichsten wird der Unterschied wohl bei „Desecrated Flesh“, das sich – wäre es für zwei Gitarren arrangiert – komplett anders entwickeln könnte. So wird das zugegebenermaßen eingängige Eingangsriff mehr oder minder unverändert wiederholt.

Während also auf dem Debüt sich die Gitarristen gegenseitig ergänzt und angeschoben haben, ist hier das Riffing einfacher – und es dreht sich teilweise auch um die eigene Achse, anstatt den Song in eine neue Richtung zu bugsieren. Ein Beispiel ist das hektische Riff im Titeltrack „Diabolical Summoning“, das in der Strophe keinen Millimeter variiert wird.

Andere Elemente rücken in den Vordergrund

Stattdessen rücken andere Elemente in den Vordergrund. Beispielsweise der Bass, der schon mal wie im Opener „Sadistic Intent“ die Gitarre ergänzt: Der Bass gibt das Riff vor, die Gitarre antwortet. Das ist nicht zuletzt supereffektiv, zumal es ein eingängiges Motiv ist. Und auch atmospärisch haben SINISTER einiges in petto: Beispielsweise beim Track „Leviathan“, zu dem ja auch ein Video gedreht wurde und der zum bekanntesten Stück der Niederländer werden sollte: Der Song beginnt langsam anschwellend mit schweren Akkorden und einer unheilvollen Melodie auf dem Bass, bevor der grummelnde Gesang und das Schlagzeug einsetzen: Der Song lebt eher von der düsteren Atmosphäre als vom vertrackten Riffing. Zudem sind die acht Stücke ziemlich gestrafft und kommen schnell auf den Punkt: Bei „Magnified Wrath“ dauert es gerade einmal elf Sekunden, bevor die Strophe von einem coolen Zwischenpart abgelöst wird.

Und so pendelt das Album bei gerade einmal 33 Minuten ein, die allerdings intensiv und druckvoll gefüllt werden: Rein stilistisch gehen die Niederländer ohnehin keine Kompromisse ein. Und selbst wenn man das diesmal weniger vertrackte Riffing vermissen sollte, wird diese Lücke durch neue Elemente aufgefüllt. Einzig Gitarrensoli sollte man nicht erwarten: Mit solchen Nebensächlichkeiten halten sich die Niederländer nicht mehr als nötig auf. Spiel- und auch soundtechnisch lässt „Diabolical Summoning“ aber keine Wünsche offen: Gerade die Colin-Richardson-Produktion bügelt eventuell vorhandene Unebenheiten souverän aus und setzt in den richtigen Momenten Akzente.

„Diabolical Summoning“ hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf

„Diabolical Summoning“ ist nicht zuletzt durch Songs wie „Sadistic Intent“, „Leviathan“ oder „Sense Of Demise“ ein starker Nachfolger von „Cross The Styx“ geworden, platziert sich aber im direkten Vergleich hinter dem Debüt. Es zeigt allerdings ein paar neue Wege auf, ohne Kompromisse eingehen zu müssen oder den eigenen Sound aufzuweichen – etwas, was ja Mitte der Neunziger für einige Death-Metal-Bands der ersten Stunde aus der Notwendigkeit heraus, sich weiterzuentwickeln, geradewegs in eine Sinnkrise führte. SINISTER trotzten allerdings dem Trend und warfen zwei Jahre später mit dem programmatisch betitelten „Hate“ einen Hassbatzen ersten Ranges unters Volk. Das ist allerdings eine eigene Folge hier in „Blast From The Past“ – demnächst auf metal.de.

30.03.2022

- Dreaming in Red -

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