Sirenia - The 13th Floor

Review

In jedem musikalischen Genre gibt es seit jeher die unendliche Diskussion um Kunst und Kommerz. Seien es Rapper, die sich um ihre Street-Credibility sorgen, oder moderne Metal-Bands, die von Fans der ersten Stunde als „untrue“ abgekanzelt werden: Kaum eine Band, die mal klein angefangen hat und dann erfolgreich Platten verkaufen konnte, gelang es bisher alte und neue Fans gleichermaßen zu begeistern. So auch bei SIRENIA. Fans aus TRISTANIA-Tagen wie auch der ersten SIRENIA-Alben waren von der Entwicklung, weg vom Metal hin zum Mainstream, alles andere als begeistert. Mit „The 13th Floor“ wird, so der Gitarrist und Songwriter Morten Veland, jetzt alles besser. Dieses Album soll die Mehrheit der Fans besänftigen, sowohl die Fans der ersten SIRENIA-Stunde als auch die Fans, die erst durch das letzte Album dazugekommen sind. Ob das gelungen ist? Die Antwort ist ein klares „Jein“. Ein konsequenter Bruch mit „Nine Destinies And A Downfall“ hat nicht stattgefunden und die Änderungen im Songwriting liegen eher im Detail. Was ja nicht zwingend schlimm ist.

Auffälligste Änderung ist die neue Sängerin Ailyn aus Spanien. Die junge Frau hat sich im Vorfeld gegen über 500 Mitbewerberinnen aus aller Welt durchsetzen können. Gesanglich ist sie ihrer Vorgängerin ähnlich, vielleicht liegt ihre Tonlage etwas höher. War Monika Pedersen schon alles andere als eine Reibeisenstimme, singt Ailyn völlig glasklar. Wenn ihr spanischer Akzent auch niedlich klingt, so hat sie doch ungefähr so viel Charisma wie meine verkümmerte Topfpflanze.

Der Eröffnungs-Track „The Path To Decay“ mag alten SIRENIA-Fans als ein böses Omen erscheinen. Der Song wird durch sphärische Keyboard-Klänge eingeleitet, das Riff erinnert an RAMMSTEINS „Mein Teil“ und die Stimme von Ailyn sorgt dafür, dass sich das Lied in Richtung „eingängig-eindimensional“ zu verabschieden droht. Auf der Haben-Seite steht zum einen das Schlagzeug, das im direkten Vergleich zu „Nine Destinies And A Downfall“ mehr Biss hat und zum anderen die Growls von Morten Veland gegen Ende des Songs. Eine typische SIRENIA-Nummer mit Chören und Instrumental-Passagen.

Der Song „The Mind Maelstrom“ weckt durch den Männerchor am Anfang Erinnerungen an die unsäglichen E NOMINE. In der Strophe wird Ailyns Stimme durch zarte Klavier- und Geigenklänge untermalt, im Refrain dominieren härtere Gitarrenriffs und der Stakkato-Choral. In der Mitte mag man sich verwundert die Ohren reiben, donnern hier doch kurz so etwas wie Black Metal Elemente und fieses Gekeife von Morten aus den Boxen. Überhaupt darf Morten häufiger an das Mikro. In der Standard-SIRENIA-Nummer „The Seventh Summer“ hat er sogar eine Strophe im Klargesang eingebaut. Sein Organ steht im krassen Gegensatz zur etwas belanglosen Stimme von Ailyn, was besonders in „Beyond Life’s Scenery“ auffällt. Auf der einen Seite bombastische Klänge, ein AMON AMARTH-Riff und interessante Elemente wie der wabernde Bass oder dezente Perkussions-Klänge und dann die Stimme von Ailyn, die einfach nur gelangweilt klingt. Im Song „Winterborn 77“ hat Morten diesen Gegensatz zum Stilmittel erhoben, in dem er Ailyns zarter Elfenstimme harte Gitarrenriffs und Doublebass-Passagen gegenüberstellt. Eine kleine Überraschung findet sich am Schluss des Albums: „Sirens Of The Seven Seas“ wird überwiegend von Jan Kenneth Barkved gesungen, der bereits einen Gastauftritt auf dem Album „At Sixes And Sevens“ hatte. Seine warme Stimme und die eingängige Melodie verbreiten eine tolle Gänsehautstimmung, ebenso wie die Violine gegen Ende.

Fazit: Unterschiede zum Vorgängeralbum finden sich eher im Detail. Die Produktion ist noch fetter (wenn sie auch leicht zum Übersteuern neigt) und die Doublebass-Technik kommt häufiger zum Einsatz. Den klassischen Instrumenten wie Oboe, Harfe, Violine, Klavier und den Chören wird mehr Platz eingeräumt und sie klingen etwas organischer, weil sie zum Teil nicht aus der Konserve kommen. Das getragene Tempo wird hier und da durch schnellere Passagen unterbrochen. Und Morten darf häufiger ans Mikrofon. Fans von TRISTANIA aus „Beyond The Veil“-Tagen werden die Death Metal-Elemente wahrscheinlich immer noch zu wenig präsent sein. Trotzdem ein anständiges Album, das zwar nicht aus Killer-Songs besteht, dafür trotzdem schöne Momente hat. Vor allem der letzte Song sollte alte Fans etwas versöhnlicher stimmen und zeigt vielleicht auch eine Möglichkeit auf, wie sich SIRENIA in Zukunft weiter entwickeln könnten.

19.01.2009
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