Solstice (UK) - White Horse Hill

Review

Unweit der alten Universitätsstadt Oxford liegt der White Horse Hill, dessen Flanke das Scharrbild eines weißen Pferdes ziert. Seit Jahrhunderten, wenn nicht sogar Jahrtausenden, trotzt es der Witterung. Bisher vermochte keiner zu sagen, ob die Angelsachsen es hinterließen oder keltische Bauern oder eine noch ältere Kultur. In all diesen Jahren hat dieser Ort viele Künstler inspiriert und jetzt eben auch SOLSTICE, die ihr neues Album danach benannt haben.

„White Horse Hill“ ist der erste Langspieler der Band seit knapp 20 Jahren. Eine ganze Generation von Metalheads ist herangewachsen, seit Rich Walker und Co. „New Dark Age“ aufnahmen und sich ein paar Jahre später auflösten. Vergessen war die Band aber nie, was daran lag, dass es immer mal wieder ein paar Lebenszeichen gab. 2007 beteiligten SOLSTICE sich mit einem DISCHARGE-Cover an einer Split-EP und stellten in den Jahren danach einige Compilation-Alben zur Bandhistorie zusammen.

SOLSTICE melden sich mit „White Horse Hill“ zurück!

2013 erschien dann schließlich die EP „Death’s Crown is Victory“, die, abgesehen von Schlagzeuger Rick Rudby, erstmals das heute noch aktuelle Line-Up inklusive des neuen Sängers Paul Kearns präsentierte. Die Fans waren zumindest zufrieden, die Labels bissen aber nur zögerlich an. SOLSTICE haben sich deswegen digital ausgerichtet und veröffentlichen neues Zeug zunächst in Eigenregie auf ihrem Bandcamp-Profil, die physischen Tonträger kommen etwas später.

So auch bei „White Horse Hill“, das bereits vor einem guten Monat digital erschien und dieser Tage als CD von Invictus Productions veröffentlicht wird. Die Vinyl-Version soll schließlich bei Iron Bonehead erscheinen, für die USA übernehmen Dark Descent Records die Regie.

SOLSTICE vereinen auf „White Horse Hill“ moderne Gefühle und zeitlose Themen.

Jetzt aber mal zur Musik. Wer die Band überhaupt nicht kennt: SOLSTICE machen epischen Doom Metal, verarbeiten in der Regel nordische und keltische Mythen und setzen diese oftmals in einen Zusammenhang mit den ganz großen Gefühlen, die auch den modernen Menschen aufwühlen. Trauer und Melancholie haben in dieser Musik ihren Platz, ebenso wie die verträumte Vorstellung von vermeintlich nobleren Tagen. Die Briten klingen also, falls euch das bei der Einordnung in euren Bandkosmos hilft, wie ATLANTEAN KODEX mit mehr Doom oder wie SOLITUDE AETURNUS und WHILE HEAVEN WEPT mit mehr indoeuropäischer Mystik.

Kraftvoll, zeitlos und zerbrechlich…

Die Umsetzung gelingt auf „White Horse Hill“ prächtig. Das Album strotzt vor gleichermaßen gefühlvollen wie epischen Melodien. Paul Kearns Gesang, der vielleicht nicht jedermanns Sache ist, wandert zwischen Zerbrechlichkeit und verborgener Kraft. Dazu passt auch die organische Produktion, die dem Album einen dicht gewobenen Klangteppich verpasst, aber auch eine gewisse Leichtigkeit sowie eine entrückte Stimmung transportiert.

Unterm Strich stimmt hier fast alles. Zwar ist der Einstieg etwas zäh geraten, aber wenn „White Horse Hill“ einen erst einmal in seinen Bann geschlagen hat, dann wird man diesen so schnell nicht wieder los. Ein Album für Frühling, Sommer, Herbst und natürlich auch den Winter. So, wie der eingangs erwähnte Ort die Jahreszeiten überdauert, bleibt auch die Musik von SOLSTICE zeitlos und qualitativ hochwertig. Gut, ein Album für die Ewigkeit ist „White Horse Hill“ vielleicht nicht. Wer es aber einmal zu schätzen gewonnen hat, wird immer wieder dorthin zurückkehren wollen.

02.04.2018
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