Swallow The Sun - Moonflowers

Review

SWALLOW THE SUN waren noch nie für heitere Musik bekannt, und spätestens nach dem Tod der Musikerin Aleah Stanbridge, der Lebensgefährtin von Bandkopf Juha Raivio, geht die Musik der Finnen in eine noch deutlich düstere und melancholischere Richtung. Es ist jedoch nicht das 2019er Album „When A Shadow Is Forced Into The Light“, das den Stimmungstiefpunkt der Band ausmacht, sondern das für den 19.11.2021 anstehende „Moonflowers“. Verstärkt durch die Isolation und Aussichtslosigkeit durch die Coronapandemie, hat die Kunst aus Raivio’s Feder einen noch dunkleren Touch angenommen. Schon das Cover, das einen von ihm mit Eigenblut gemalten Mond sowie im Todesjahr von Aleah Stanbridge gesammelte getrocknete Blumen zeigt, lässt die Abgründe erahnen, in die SWALLOW THE SUN uns mit „Moonflowers“ ziehen werden. Zudem sagt Juha Raivio über das Album:

„Ich weiß, dass ich das nicht sagen sollte, aber ich hasse dieses Album zutiefst. Ich hasse, wohin es mich führt, wie es mich fühlen lässt und was es für mich bedeutet. Ich wünschte, es würde das nicht tun. Aber bei all seiner Ehrlichkeit bleibt mir nichts anderes übrig, als es auch zu lieben. Das ist das Einzige, was für mich bei der Musik überhaupt zählt. Es ist egal, welche Gefühle sie bei mir auslöst, solange sie überhaupt welche auslöst.“

Harter Tobak bei SWALLOW THE SUN

Bereits beim Opener „Moonflowers Bloom In Misery“ wird die Traurigkeit deutlich, die auf diesem Album vertont ist. Der ruhige Auftakt, begleitet von Klargesang, bei dem man jedes Wort des deprimierenden Textes versteht, steht exemplarisch für die Grundstimmung des Albums. Harte Ausbrüche mit den für die Band typischen Death-Doom-Gitarren und Mikko Kotamäkis gutturalen Growls lassen das Stück noch verzweifelter klingen, während Streicher für eine zusätzliche Dramatik sorgen. Die Kombination aus druckvollen Gitarren und dominanten Streichern verleiht den Stücken auf „Moonflowers“ einen erhabenen Sound, den SWALLOW THE SUN gekonnt einsetzen und den zahlreichen ruhigen Passagen vermutlich sehr gezielt entgegenstellen.

„Moonflowers“: Erfolgsrezept mit Überraschungen

Auch wenn der Sound durch den ’serienmäßigen‘ Einsatz der erwähnten Komponenten insgesamt etwas homogen zu wirken droht, schaffen es SWALLOW THE SUN, mit unerwarteten Melodien, Gastmusiker:innen sowie Stilbrüchen für Abwechslung zu sorgen. So versprüht „Keep Your Heart Safe From Me“ einen geheimnisvollen und zwischendurch fast psychedelischen Vibe; „All Hallow’s Grief“ bietet mit Cammie Gilbert (OCEANS OF SLUMBER), die ihre sonst sehr kraftvolle Stimme hier eher reduziert einsetzt, einen angenehmen Gegenpart am Mikro; und der Rausschmeißer „This House Has No Home“ überrascht mit schwarzem Geballer samt Gekeife und stellt somit den Hingucker auf „Moonflowers“.

Insgesamt ist „Moonflowers“ ein Album geworden, das einem eine gewisse Toleranz gegenüber seiner sehr düsteren Stimmung abverlangt, die sich oft in mäandernd-melancholischen Passagen ausdrückt. Folglich kann es gut sein, dass man selbst in einer entsprechenden Gemütslage sein muss, um die vertonte Verzweiflung wirklich schätzen zu können und darin zu schwelgen. Zum casual listening eignet sich die Platte dagegen wenig, und auch sehr eingängige Tracks und große Melodien, wie sie auf dem Vorgängeralbum gleich mehrfach vertreten waren („Firelights“, „Stone Wings“) sucht man hier eher vergebens. Somit bleibt das Album ein wenig hinter „When A Shadow Is Forced Into The Light“ zurück. SWALLOW THE SUN legen hier allerdings ein ganz anderes Werk vor, das auf komplexere Weise funktioniert und seine Wirkung erst mit mehrmaligem Hören entfaltet.

12.11.2021

headbanging herbivore with a camera

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