Suidakra
Mit Suidakra in Bangalore - Teil 2 Indo-German Urban Mela

Special

Suidakra

Im ersten Teil dieses Specials berichteten wir vom Bangalore Open Air, dem ersten Ganztagsfestival in Indien, bei dem neben Bands aus ganz Indien KREATOR und SUIDAKRA als Headliner spielten. Obwohl den Organisatoren im Vorfeld zahlreiche Steine in den Weg geworfen wurden, haben sie ein sehr gutes Festival auf die Beine gestellt, zu dem sich nicht nur die lokale Tagespresse und indische Metal-Fanzines sehr positiv äußerten. Auch Arkadius, Frontmann von SUIDAKRA, hat nur positive Worte für das Festival.

Arkadius: Aus unserer Sicht war alles super organisiert, auch wenn die Dinge in Indien manchmal etwas anders laufen. Dort ticken die Uhren anders, d.h. manchmal muss man sich von gewissen typischen Vorstellungen wie z.B. Pünktlichkeit verabschieden [lacht]. Aber es ist halt so, und da kann es schon mal passieren, dass man wie in unserem Fall drei Stunden Soundcheck macht. Aber das ist nicht schlimm, denn die Inder sind sehr bedacht, alles zur vollsten Zufriedenheit der Bands zu organisieren. Ich muss sogar zugeben, dass ich positiv erstaunt war, wie professionell das Bangalore Open Air aufgezogen wurde. Egal ob es um die Backstage-Räume, Catering oder die Bühne an sich ging, für mich war kein Unterschied zu europäischen Festivals festzustellen.

Nachdem der Auftritt auf dem Bangalore Open Air erfolgreich absolviert ist, zahlreiche Fotos mit Fans geschossen und Autogramme gegeben sind, ist es an der Zeit, zusammen zu packen und zurück ins Hotel zu fahren. Für Jussi, Lars, Axel und Sebastian heißt es sogar noch in der selben Nacht das Hotelzimmer räumen, zum Flughafen fahren und zurück ins unsommerliche Deutschland fliegen. Zuvor wird Axel jedoch von den Gästen einer Hochzeit, die im Hotel stattfindet, gebeten, ihnen etwas auf dem Dudelsack vorzuspielen. Das hat man davon, wenn man seine Arbeitsachen für ein Foto auspackt, aber gut, unsere Sorge, dass wir vom Hotelpersonal rausgeschmissen werden, bewahrheitet sich nicht. Ganz im Gegenteil, die Angestellten kommen herbei, hören begeistert zu und wollen sogar Fotos mit dem Dudelsackspieler machen, wie auch die Hochzeitsgäste.

Für Arkadius steht indes eine Woche voller Proben an. Stand zu Beginn nur ein Auftritt mit der indischen Thrash Metal-Band KRYPTOS auf der Indo-German Urban Mela auf dem Programm, so kommt schnell ein sehr ungewöhnlicher Auftritt hinzu: Der Choreograf Samir Akika fragt Arkadius, ob dieser in seinem Stück Masala FX, das auf der Mela aufgeführt wird, auftreten will.

Die Indo-German Urban Mela ist das Herzstück des Deutsch-Indischen Jahres, das unter dem Motto „Deutschland und Indien 2011-2012: Unendliche Möglichkeiten“ stattfindet. Es handelt sich dabei um ein vom deutschen Künstler Markus Heinsdorff entworfenes Ensemble moderner Multifunktions-Pavillons, die die hochmodernen Stahl- und Textiltechnologien beider Länder vereinen. Sie bietet deutschen Akteuren aus Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Bundesregierung, Bundesländern und Kommunen eine interaktive Darstellungsfläche, die nicht an einen Ort gebunden ist, sondern für jeweils zehn Tage in Mumbai, Bangalore, Chennai, Delhi und Pune gastiert. Hauptorganisator in Bangalore ist das Goethe-Institut, dessen Mitarbeiter ein umfangreiches und interessantes Kulturprogramm zusammengestellt haben. Wie Arkadius in dieses Programm gekommen ist, erzählt er am besten selbst.

Arkadius: Als wir mit SUIDAKRA im Gespräch waren, eventuell auf dem Bangalore Open Air vertreten zu sein, hat unsere Managerin Kontakt mit dem Goethe-Institut aufgenommen, da sie weiß, dass ich mich neben der Band gerne an vielen verschiedenen Projekten beteilige. Christoph, der Chef des Goethe-Instituts vor Ort, war an einem Metal Projekt in Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien interessiert. So enstand die Idee, dass ich zusammen mit KRYPTOS sowohl deren als auch SUIDAKRA Songs einstudiere und wir im Rahmen der Indo-German Urban Mela zusammen performen. Ich war von Anfang an von dieser Idee begeistert und habe sofort zugesagt.

Du bist mehr oder minder zufällig in dem Tanzstück Masala FX gelandet. Kannst Du Dich noch an Deine ersten Gedanken erinnern, als Samir Dich gefragt hat, ob Du mitmachen willst?

Oh ja, das kann ich [lacht]. Ich war zunächst etwas skeptisch. Da ich die Masala FX-Crew einen Tag vorher bei der Probe gesehen habe, konnte ich mir nicht so richtig vorstellen, wie mein Anteil in das Stück perfekt reinpassen würde. Außerdem hatte ich die Befürchtung, dass meine sehr verzerrte Gitarre vielleicht etwas von der besonderen Atmosphäre kaputt machen würde. Aber all meine Skepsis war umsonst, weil der Choreograph Samir Akika einen sehr ausgeprägten Sinn dafür hat, verschiedene Elemente zusammen zu fügen und aus einem das genau richtige rauszuholen.

 

Galerie mit 30 Bildern: Masala FX - Suidakra in Bangalore, Indien

 

Zu Anfang war angedacht, dass Du ein Solo zu einem im Stück vorkommenden KRYPTOS-Song spielst. Im Endeffekt hast Du mehrere Stücke gespielt und sogar eine Rolle bekommen. Wie war die Zusammenarbeit mit den Tänzern, Samir und Martin, der die Musik für Masala FX kreiert hat? Unterscheidet sich das Komponieren für ein solches Projekt zum Komponieren für SUIDAKRA-Songs?

Arkadius: Ich fand das ganz lustig, um ehrlich zu sein. Jedes Mal, wenn ich zur Probe erschien, hatte sich Samir weitere Parts für mich überlegt, weil er so begeistert war, und ich sagte natürlich zu. Das hieß aber auch, dass mein Terminkalender immer voller wurde, aber das machte mir nichts aus, da ich auf der einen Seite richtig Bock auf das Projekt hatte, und auf der anderen Seite machte es einen Riesenspaß, mit dem Tänzern zu arbeiten. Ich hatte von Anfang an nicht das Gefühl, einfach nur ein Gastmusiker zu sein, sondern fühlte mich von der ersten Probe an als Teil des Ganzen. Ich wurde so herzlich empfangen, und es war eine Riesensache für mich, mit so professionellen Leuten zusammen zu arbeiten. Ich habe bei diesem Experiment nicht nur neue Leute kennen gelernt, sondern neue Freunde. Und glaube mir, nach der letzten Show mit Masala FX war ich traurig, dass es schon vorbei war. Am liebsten hätte ich alle mit nach Hause genommen [lacht].

Hier ein Ausschnitt von Masala Fx:

 

Zum Abschluss Deines Bangalore Aufenthaltes stand noch die Show mit KRYPTOS auf dem Programm. Wie waren die Proben mit KRYPTOS und die Show auf dieser so ganz unmetallischen Veranstaltung?

Arkadius: Eigentlich war die Show mit KRYPTOS der Ausgangspunkt der ganzen Geschichte, und darauf lag auch der Fokus. Allerdings waren die Proben mit den Jungs nur abends für ein paar Stunden möglich, da sie beruflich verhindert waren und der Proberaum mitten im Haus des Drummers war. Glücklicherweise haben sich die Jungs und ich gut vorbereitet, denn wir hatten nur drei Probetermine à zwei Stunden, um alles vorzubereiten. Es hat zum Glück alles kurz vor knapp hingehauen, wir haben zwei KRYPTOS-Songs, einen SUIDAKRA-Song und zwei Coversongs (AC/DC – „T.N.T.“ & METALLICA – „Seek & Destroy“) einstudiert.

Arkadius: Am Sonnatg war dann die Show, und es war einfach der Hammer. Knapp 1000 Metaller standen vor der Bühne und feuerten KRYPTOS ordentlich an, als sie die ersten fünf Songs ohne mich spielten. Danach kam ich auf die Bühne, und was dann geschah, lässt sich kaum in Worte fassen. Die Leute rasteten aus, sogar der Drummer hatte Schwierigkeiten, meine Gitarre zu hören, weil das Publikum einfach so laut geschrien hat. Es war ein würdiger Abschluss für eine meiner geilsten Auslandserfahrungen überhaupt. Mein persönliches Hightlight war, dass die Masala FX-Tänzer dort waren und bei „Dead Man’s Reel“ mit auf die Bühne kamen, um mit mir zu bangen.

Das Besondere am Bangen in dieser Geschichte ist, dass es fast schon der Einstieg in das Projekt war. Als wir das erste Mal eine Probe von Masala FX gesehen haben, wurde nämlich genau die Szene geprobt, in der ein KRYPTOS-Song vorkommt. Die Tänzer haben für Nicht-Metaller zwar schon ganz ordentlich gebangt, so ein paar Tipps und Tricks vom Profi schienen aber sinnvoll und haben sich bezahlt gemacht. Bei der Premiere von Masala FX sah das richtig professionell aus.

In Bezug auf die Fans, ist meiner Einschätzung nach aber nicht nur das Verhalten bei Konzerten kaum in Worte zu fassen. Arkadius wurde während des Aufenthalts in Bangalore auf der Straße mehrmals von Fans angesprochen, so zum Beispiel, als wir auf der Commercial Street einkaufen waren und in einen Laden im Souterrain gegangen sind. Kurz nachdem wir unten angekommen sind, drehe ich mich um und sehe einen jungen Mann im Metal-T-Shirt (die Band habe ich mir nicht gemerkt, aber das Design war eindeutig Metal), der sofort wieder die Treppe hochgeht. Wenige Minuten später steht er mit (s)einer Freundin im Laden und bittet Arkadius um ein Foto. Ähnlich diese zwei Herren, die ein paar Tage später Arkadius hinterher laufen und ihn um ein Foto bitten.

Du bist bei Ausflügen in Bangalore mehrmals von Metalfans erkannt und angesprochen worden. Ich kann mir das in Deutschland kaum vorstellen. Ist Dir das hier auch schon passiert, oder werdet Ihr in Indien anders wahrgenommen/behandelt als in Deutschland?

Arkadius: Es stimmt, in Deutschland kommt es sehr selten vor, und wenn, dann habe ich manchmal das Gefühl, man traut sich nicht nicht, mich anzusprechen. In Bangalore war das hingegen schon viel extremer. Ich wurde auf der Straße, egal ob beim Einkaufen oder Essen, erkannt und auch angesprochen. Wobei ich betonen muss, dass die Inder ein sehr freundliches Volk sind und mich auch sehr höflich nach Fotos etc. gefragt haben. Mir hat es Riesenspaß gemacht, und natürlich habe ich es genossen. Es ist was ganz Besonderes zu sehen, was man diesen Menschen in diesem Moment gibt, indem man kurz mit Ihnen redet und ein paar Fotos zusammen macht. Ich werde es den Indern nie vergessen, wie warmherzig wir empfangen worden sind.

Ihr wart nun zum zweiten Mal in Indien, wie würdest Du die indische Metalszene beschreiben? Unterscheidet sie sich von der deutschen/europäischen Szene?

Es ist zwar nicht so einfach, nach zwei Besuchen die Szene genau zu beschreiben, aber ich kann dir aufgrund meiner Erfahrungen sagen, dass die Metal-Szene dort groß ist. Was ich feststellen konnte, war, dass die Metalheads drüben sehr hungrig sind. Das ist meiner Meinung nach auch einer der Hauptunterschiede zur deutschen Szene. Sie saugen die Metalshows quasi auf, sind sehr leidenschaftlich und geben der Band eine unheimliche Energie zurück. Es ist eine sehr intensive Erfahrung, und ich empfinde es als Privileg, dort Konzerte spielen zu dürfen.

07.07.2012

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