Japanische Kampfhörspiele
Interview mit Christof zu "Deutschland von vorne"

Interview

Mit „Deutschland von vorne“ tragen die JAPANISCHEn KAMPFHÖRSPIELE ihren Teil zur derzeit um sich greifenden Covermania bei. Aber damit wäre dem Schwimmen mit dem Strom schon genüge getan, denn was auf der Scheibe zu neuen Ehren gelangt, ist alles andere als hinlänglich bekannt. Man legt viel Wert auf Off-Mainstream im Hause JaKa. Dieses Sträuben gegen jegliche Konventionen und das Umgehen aller ausgetrampelten Pfade kann in letzter Konsequenz jedoch nur dazu führen, ab einem gewissen Punkt das eigene Schaffen selbst in Frage zu stellen. Und an diesem Punkt scheinen JaKa nun angekommen zu sein. Ist es nur die künstlerische Midlife Crisis, das Hadern mit den Kräften des Marktes oder etwa ernst? Das Thema Bandauflösung stand in diesem Gespräch jedenfalls überraschend fest im Raume… doch lest selbst!

Japanische Kampfhörspiele

Hi Christof, das letzte Mal hatte ich mit Bony vor über einem Jahr kurz vor Eurer Tour mit NASUM das Vergnügen. Erzähl doch mal, was in der Zwischenzeit alles passiert ist.

Seitdem? Puh… also das war ja erst mal keine Tour mit NASUM, sondern lediglich ein, zwei Konzerte. Man kann das ja eh kaum Tour nennen, was wir immer machen. Wir spielen ja nur vereinzelte Konzerte. Was ist seither passiert? Wir haben noch ein paar Konzerte gespielt und Anfang dieses Jahres dann die Cover-Platte aufgenommen. Direkt im Anschluss daran dann die Split mit DAS KRILL, die vor kurzem herausgekommen ist, und die Cover Platte steht ja jetzt an.

Mit der Cover-Scheibe wurden ja auch eher alternativere Medien wie Intro oder Visions bemustert. Kamen da schon Reaktionen zurück?

Intro und Visions haben etwas darüber geschrieben und wollen wohl noch mehr darüber bringen. Und die Süddeutsche – jetzt weniger als Alternative-Presse, aber eben als Zeitung, die nicht aus dem Metalbereich kommt – hatte sich noch gemeldet. Diese Magazine wurden in der Vergangenheit auch schon von unserem Label bemustert. Wir denken aber, dass diese Platte vielleicht interessanter für sie sein könnte, nachdem wir ja eigentlich eine Metalband sind.

Gab es gerade von der Süddeutschen schon eine Reaktion?

Da gab es nur ein Interview mit dem Lokalteil München, da wir dort ja spielen werden. Es wäre natürlich cool, wenn das in der deutschlandweiten Ausgabe erscheinen würde.

Damit wäre der Begriff der „Feuilleton-Grinder“ nun auch schwarz auf weiß belegt.

Unser Archivar meinte auch schon, dass das damit nun wahr geworden sei, haha. In irgendeinem Review kam ja mal der Vorschlag vor, dass wir doch etwas für die Süddeutsche wären.

Wie ist denn die Idee zu dieser Scheibe entstanden und wie habt Ihr die Songs dafür ausgewählt?

Zur Hälfte sind das Stücke, die ich schon immer einmal covern wollte. Dass wir Spaß an Covern haben, haben wir ja vorher schon einmal durchschimmern lassen, wobei wir das Covern als das Herüberholen der Stücke in unseren eigenen Sound verstehen und nicht das einfache Nachspielen. Für die andere Hälfte haben wir uns eben Songs anderer deutscher Acts überlegt, die man auch noch covern könnte, und die dazu passen. Dabei raus kamen dann solche Sachen wie EA80, TOCOTRONIC usw. Bei denen haben wir ziemlich spontan entschieden, welchen Song wir covern wollen. Von EA80 kenne ich persönlich wenige Sachen. Die haben wir mit hereingenommen, weil ich ihre Haltung gut finde. Das, womit wir uns schmücken, dieser ganze Undergroundkram und so, meinen die ja wirklich ernst, haha. Ansonsten kenne ich von denen kaum etwas. Wir haben uns dann für „Der Mord fällt aus“ entschieden, weil das von der ersten Platte stammt, die auch noch so heißt.

Also folgt alles einem roten Faden?

Auf der Cover-Platte schon, ja. Dass sie überhaupt entstanden ist, lag hauptsächlich an den Stücken von EISENVATER und FASAGA, die irgendwann einmal gespielt werden mussten. Das stand fest. Darüber hinaus haben wir uns eben überlegt, was noch dazu passen könnte. Für eine „Deutschland von vorne 2“ hätten wir jetzt auch schon wieder genug Ideen. Ich weiß aber nicht, ob die jemals kommen wird. Man kommt schon immer wieder auf deutsche Stücke, die man gut covern könnte.

Ihr habt mit der Auswahl ja auch ziemlich unkonventionellen Geschmack bewiesen. Von den Stücken, die auf der Scheibe sind, kenne ich nur den FUNNY VAN DANNEN Track im Original. Auch wenn Ihr die Stücke aufgrund ihrer Attitüde ausgewählt habt, hättet Ihr ja auch Bekannteres nehmen können. Warum dieser Off-Mainstream?

Das hängt mit unserer eigenen Attitüde zusammen. Die ist ja echt. Wir sind selber kein Mainstream und wir finden eigentlich auch allen Mainstream blöd. Egal ob im Kino oder in welcher Form auch immer. Deshalb ist das mit Sicherheit kein Zufall, dass es sich um Stücke handelt, die nicht sonderlich bekannt sind.

Die Entscheidung, diesmal ausschließlich deutsches Liedgut zu covern hat somit sicherlich Methode, oder?

Wir wissen mittlerweile, wo wir stehen. Wir haben ein Label und müssen nicht mehr auf uns aufmerksam machen. Früher, als wir „Raining Blood“ gecovert haben, war das noch anders. Damals haben wir uns eher am Bekanntheitsgrad der Stücke orientiert, die wir dann aus Spaß gespielt haben. Was nicht heißen soll, wir hätten heute keinen Spaß mehr an der Musik, haha! Wir waren damals auch weitaus weniger professionell und ohne die Absicht, gleich eine ganze Coverplatte zu machen. Und wenn man heute solche Sachen extra auf CD presst, muss das schon etwas hermachen.

Was macht für Dich eine gute Cover Version aus?

Dass sie nicht nur nachgespielt ist. Das kann man tatsächlich so hart sagen. Cover Versionen, wo wirklich nur nachgespielt wird, finde ich langweilig. Z.B. „Angel Of Death“ von MONSTROSITY und solche Sachen. Interessant wird so etwas, wenn eine Band das im eigenen Gewand spielt, wie NAPALM DEATH z.B. den DEAD KENNEDYS Song „Nazi Punks Fuck Off“. Das passt sehr schön. Das ist gut ausgewählt und gut in den schnelleren und härteren Sound übersetzt.

Stimmt. Es gibt sicher genug Leute, die nicht einmal wissen, dass es sich dabei um ein Cover handelt. Kennst Du Tori Amos‘ Version von „Raining Blood“?

Ich hab sie jetzt zwar nicht im Ohr, aber ich weiß wie sie klingt.

Was hältst Du davon? Ich hab das Lied auch nach mehrmaligem Anhören nicht wiedererkannt.

So etwas ginge mir zu weit. Aber „Raining Blood“ gibt es ja z.B. auch als Big Band Version.

Der Song dürfte auch zu den meistgecoverten Sachen überhaupt gehören…

Mit Sicherheit. Metal oder Death Metal im Big Band Style finde ich natürlich auch gut. Solange man die Songs noch erkennt, ist das eine feine Sache. Das war auch bei uns ein Kriterium: die Stücke sollten nicht aus unserem eigenen Genre stammen, damit der Kontrast noch etwas besser zur Geltung kommt.

Das ist ja auch das Rezept der GRINDFUCKERS.

Genau. Die mischen ja auch ziemlich stark im Sound und spielen gerne mit Laut-/Leise-Kontrasten.

Bony hat uns das letzte mal verraten, dass Eure nächste Scheibe etwas von der Thematik der Gesellschaftskritik abrücken soll…

Auf unserem nächsten Album? Ich glaube nicht, dass das passiert. Es gibt mittlerweile schon eine ganze Menge Texte dafür. Es kommen sicher auch noch ein paar neue Aspekte hinzu, wie auf jeder Platte. „Du warst mein Ritalin“ war ja auch nicht unbedingt sozialkritisch. Es geht aber schon hauptsächlich um die Jetztzeit, um Konsumterror usw. Diese Elemente werden schon weiterhin am stärksten sein. Das ist bei uns aber nicht der erhobene Zeigefinger, sondern eher ein Beobachtungsbericht.

Ich kenne zwar die Split mit DAS KRILL nicht, habe mir aber rein interessehalber mal die Texte durchgelesen. In einem heißt es „Stupid white men lesen Stupid White Men“. Michael Moore ist ja quasi ein Popstar der Systemkritik. Etwas polemisch formuliert heißt „Moore gut finden“ also automatisch „das System kritisieren“ und sich dadurch selbst als auf- und abgeklärt zu präsentieren. Heißt „JaKA gut finden“ nicht dasselbe?

Mag sein. Deshalb überlegen wir auch, ob die nächste JaKa-Platte nicht die letzte sein sollte. Denn irgendwann ist die Popularität eben so groß, dass es gefährlich wird.

Habt Ihr schon Auswirkungen gespürt, die Euch zeigen, dass Ihr zu populär seid?

Nein. Ich glaube wir machen Schluss, bevor es soweit kommt, haha!

Das hört sich jetzt aber schon besorgniserregend konkret an!

Dann gibt es vielleicht kein JaKa mehr, ganz abtreten werden wir aber nicht. Man kann sich ja auch einen neuen lustigen Bandnamen ausdenken. Vielleicht ist mit der nächsten Platte zum „Konzept JaKa“ alles gesagt. Man weiß es nicht. Obwohl wir zu der Zeit, als Du das Interview mit Bony geführt hast, auch einmal darüber nachgedacht haben, ganz anders zu werden, wird die nächste Scheibe natürlich trotzdem eine JaKa-Platte werden. Und wenn man sagt „es wird eine JaKa-Platte“, merkt man ja schon, dass sich da etwas etabliert hat, das zu einem bestimmten Teil schon vorhersehbar ist. Gerade zum Beispiel die sozialkritischen Texte. Es kann sein, dass der Mix aus JaKa-Musik und JaKa-Texten schon typisch geworden ist. Man überlegt eben, ob man dann nicht demnächst „aufhören“ sollte, wie man so schön sagt, ob dann nicht schon alles gesagt ist und ob danach nicht eine Platte kommt, wo dann alle schon gähnen. Wo einem vielleicht vorgeworfen wird, man mache das nur noch, damit man Platten verkauft.

Wäre dann ein neuer Bandname unbedingt das Mittel der Wahl?

Eine neue Bandkonstellation bestimmt auch. Mal sehen, was passiert.

Die Inhalte müssten dann ja immer noch andere sein. Denn Deine Befürchtungen haben ja weder etwas mit dem Line-Up noch mit dem Bandnamen zu tun.

Das stimmt allerdings… ja… keine Ahnung. Man kann ja mal ausprobieren, ob man nicht einmal ganz andere Musik machen kann und ob nicht auch ganz andere Texte dazu passen. Von der Aussage, vom Gefühl und der Welt her, in der sie spielen, sind unsere Texte denen von FUNNY VAN DANNEN sehr ähnlich. Die einzigen Unterschiede sind da hauptsächlich in der Musik zu suchen. Zum typischen Liedermacher-Sound von Funny passen eben seine Texte besser und zu JaKa passen die JaKa Texte besser, aber im Prinzip ist das doch sehr ähnlich. So kann man z.B. ganz andere Musik machen, was aber nicht heißt, dass wir jetzt Liedermacher werden, haha.

Haha, auch ne Beschäftigung! Wie sieht es denn eigentlich mit der DVD aus, die Ihr auf Eurer Homepage angekündigt habt?

Das ist jetzt auch nichts, mit dem man eben noch mal Geld scheffeln will, haha. Wir sind immer noch auf dem Stand, dass wir eben die Unkosten reinkriegen wollen und nicht davon leben können müssen. Die DVD ist einfach ein Versuch, noch mal etwas anderes zu machen und etwas zu collagieren. Deshalb sollen ja auch die Leute etwas dazu schicken. So völlig buntes Zeug eben. Und vielleicht ergibt sich daraus irgendwas großes, ganzes, irgendwie passendes. Es war ja schon immer JaKa-Vorgehensweise, dass man eben erst einmal Versatzstücke sammelt, die zusammenklebt und dann etwas daraus entstehen lässt. Und das wird bei der DVD eben auch passieren.

Vielleicht wäre es ja auch ein neues Betätigungsfeld, wenn man JaKa einfach auf ein neues Medium hievt?

Das mag sein! Dann vielleicht noch ein JaKa-Buch… solange das aus Spaß gemacht wird und nicht, um damit Geld zu verdienen, kann man sich vieles vorstellen. Solange der Spaß eben garantiert ist. Solche Ideen muss man aber nicht zu ernst nehmen. Es kann ja auch sein, dass wir nach der nächsten Platte noch die Superideen haben. Ich will mich da aber auch auf nichts festlegen.

Warum auch? Es hat Euch ja noch niemand Stagnation vorgeworfen, oder?

Nein, das wäre aber auch nicht der Grund. Das ist schon ein Gedanke, den man selber hat. Man fragt sich eben, ob einem danach noch mal eine Platte einfällt, die auch noch mal gut ist, oder ob man in der Richtung dann nicht alles schon gesagt hat. Und in dieser modernen Zeit mit Internet und dem ganzen Zeug, kann man ja einfach schnell eine neue Band gründen. Man muss ja nicht IRON MAIDEN-mäßig 40 Jahre lang dasselbe spielen. Die Überlegung ist eben, ob wir nicht die letzte eigene Studioplatte machen. Das heißt ja nicht, dass wir nicht doch noch Lust auf eine „Deutschland von vorne 2“ hätten. Aber jetzt wollen wir hier mal keine Weltuntergangsstimmung verbreiten, haha.

Besser so, haha! Jetzt steht ja erst einmal Eure Tour mit den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS und JACK SLATER an. Erzähl doch da kurz etwas drüber. Handelt es sich dabei um eine JaKa Headlinertour oder wie ist das?

Das ist zunächst einmal etwas, das auf Bonys Mist gewachsen ist, als wir mit den GRINDFUCKERS in Berlin gespielt haben. Bony ist ja eher so der Booker und Checker von uns und er hat sich gedacht, die drei angesagtesten… nee… aber vielleicht die drei angesagtesten deutschsprachigen, vielleicht auch mehr oder weniger witzig angehauchten Undergroundbands alle mal zu so einer Tour zusammenzupacken. Eine Headlinertour von uns ist das nicht, da wechseln wir ab. In München und Heidenheim spielt keine der Bands als Headliner, weil da noch zwei andere Gruppen mit dabei sind. „Tour“ ist das ganze eh kaum zu nennen. Wir spielen eben ein paar Konzerte an den Wochenenden.

Ich wünsche Euch jedenfalls viel Spaß bei den Konzerten und bedanke mich für das Interview!

Ich danke Dir und einen schönen Tag noch!

14.12.2005

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