Obitus
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Interview

OBITUS haben schon letztes Jahr ein unglaublich intensives Stück schwedischen Black Metals aufgenommen. Mit Sänger Johan Huldtgren haben wir uns etwas über "The March Of The Drones" unterhalten und sind u.a. der Frage auf den Grund gegangen, warum die Scheibe noch immer nicht veröffentlicht wurde. Auch Multiinstrumentalist Anders Ahlbäck hat sich zu einigen Themen geäußert, die am ehesten in sein Zuständigkeitsgebiet fallen.

ObitusHallo, Johan. Ich war ziemlich überrascht, dass Euer Promozeug aus den Staaten gekommen ist. Was treibst Du in Washington? Und wie haltet Ihr die Band am Laufen, während Anders weiterhin in Schweden ist? Touren und so sind da wohl vorerst ausgeschlossen, oder?

Johan: Um die letzte Frage zuerst zu beantworten: Wir waren eigentlich nie eine Liveband, das hat für uns keinerlei Priorität gehabt. Das Ganze war immer als Studioprojekt ausgelegt, schon allein deshalb, weil wir eben bloß zu zweit sind. Außerdem lebt Anders in Schweden, während mich meine Arbeit zur Zeit in die USA verschlagen hat. Aber das ist für uns eigentlich kein Problem, denn wir haben sowieso immer unabhängig voneinander gearbeitet. Anders schreibt die Musik, macht eine Probeaufnahme und schickt mir das Zeug. Ich hör’s mir dann an und mache Verbesserungsvorschläge, und wenn wir das Spielchen ein paar Mal durchhaben, geht’s an die richtigen Aufnahmen. Schließlich und endlich schreibe ich dann Texte dazu und nehme meine Gesangsparts aufs. Diese Arbeitsmethode funktioniert auch mit mehreren tausend Kilometern Abstand zwischen uns beiden.

Noch überraschender fand ich, dass „The March Of The Drones“ immer noch nicht veröffentlicht wurde. Wo genau hakt’s denn? Meine Ohren teilen mir mit, dass es ganz sicher keine Frage der Qualität ist. Allerdings verlangt Ihr von Eurem zukünftigen Label auch gar keine Wunderdinge, wenn ich das richtig verstanden habe. Warum also ist das Album immer noch nicht erschienen? Oder habt Ihr in der Zwischenzeit einen Partner gefunden? Habt Ihr schon darüber nachgedacht, das Ganze allein durchzuziehen? Ihr wollt die Aufnahmen doch bestimmt nicht einfach so verstauben lassen, richtig?

Johan: Nein, wir haben noch keinen Deal abgeschlossen. Ein paar sehr kleine Labels sind interessiert, und deren Angebote begutachten wir momentan. Das Lustige an der ganzen Sache ist, dass fast jeder so wie Du reagiert. Wir haben Promopakete an etwa 60 Plattenfirmen geschickt, darunter relativ große und auch ziemlich kleine, und wir haben weniger als eine handvoll Antworten bekommen. Wenn ich gleichzeitig die überwältigend positiven Kritiken sehe, dann muss ich annehmen, dass sich kaum jemand die Scheibe angehört hat. Wir werden demnächst noch ein paar Firmen mit unserer Musik beglücken, vielleicht ergibt sich ja dann etwas. Wir haben auch schon darüber nachgedacht, das Album einfach selbst rauszubringen, aber jetzt wollen wir erstmal abwarten, ob wir nicht doch noch bei einem Label unterkommen können.

„The March of the Drones“ – das ist erbarmungsloser schwedischer Black Metal mit einem mechanisch-industriellen Charakter. NIDEN DIV. 187 fürs dritte Jahrtausend, dazu ein Schuss DIABOLICUM, um mal in Sverige zu bleiben. So zumindest würde ich die Angelegenheit umreißen wollen. Wo siehst Du Eure Einflüsse? Was inspiriert Euch beim Erschaffen Eurer Musik?

Anders: Naja, ich will jetzt nicht allzu sehr auf Klischees herumreiten, aber wir beide neigen schon zu eher misanthropischen Ansichten in Sachen Menschen, Leben und Gesellschaft (surprise!). Deshalb haben wir auch früh zum Black Metal gefunden und bis heute nicht aufgehört, derlei Musik zu hören und zu erschaffen.

Obwohl wir nie klare Vorbilder für den Klang von OBITUS hatten, gibt es sicherlich einige Bands, denen wir ähneln oder die uns ähneln. Letztendlich lässt sich das auch kaum verhindern, denn wir alle bedienen uns der gleichen Werkzeuge: verzerrte Gitarren und Gesang, schnelles Drumming etc.

Schon früh in der Geschichte der Band haben wir uns darüber geeinigt, was für Gefühle wir mit unserer Musik vermitteln wollen und dass Musik und Texte den gleichen grundlegenden Ideen verpflichtet sein sollten. Mit der Zeit hat sich vielleicht die Atmosphäre unserer Musik etwas gewandelt, auch ist „TMOTD“ sicher ausgereifter als unsere älteren Sachen, doch letztendlich baut unsere Musik immer noch auf den gleichen Elementen auf, die die meisten sicher schnell ausmachen können.

In gewisser Weise setzt Ihr die Tradition schwedischen Black Metals der Neunziger fort, der durch diese typischen Melodien gekennzeichnet war, auch wenn Euer Ansatz insgesamt viel kompromissloser ist. Auf jeden Fall seid Ihr weit vom „orthodoxen“ Trend entfernt, der die schwedische Szene in den letzten Jahren dominiert hat. Wie habt Ihr es geschafft, nicht davon beeinflusst zu werden? Mögt Ihr persönlich Bands wie etwa FUNERAL MIST?

Anders: Trends zu vermeiden, war für uns nie ein Thema. Wir haben immer und werden auch in Zukunft die Musik um Themen herum erschaffen, die wir selbst bestimmen. Wir sind beide nicht sonderlich beeindruckt von der gegenwärtigen BM-Landschaft in Schweden. Einige nennen es „orthodox“, doch genauso gut könnte man das Ganze konservativ nennen; in diesem Zusammenhang ist das so ziemlich das Gleiche.

Eure Musik klingt irgendwo mechanisch und vermittelt fast eine Industrial-Atmosphäre. Gleichzeitig sorgt sie auch für einen mächtigen Adrenalinrausch. Wenn ich irgendwann mal Amok laufen sollte, wäre „TMOTD“ jedenfalls ein guter Kandidat für den Soundtrack. Ist das die Sorte Kopfkino, die Ihr anstrebt, ekstatisches, sinnloses Blutvergießen?

Johan: Nun, rein textlich geht es bei uns um nichts dergleichen. Musikalisch allerdings kann ich Dich schon verstehen, es gibt da einige wirklich explosive, rauschhafte Abschnitte. Es gibt wohl schlechtere Arten, aus dem Leben zu scheiden.

Anders: Nein. Kälte und industrielle Stimmungen sind aber ganz explizit Bestandteile unseres künstlerischen Konzeptes.

Erzähl uns doch mal etwas zum textlichen Konzept von OBITUS. Was ist Eure „Botschaft“? Wer oder was genau sind die Dronen?

Johan: Die Texte erklären sich eigentlich von selbst; sie werden alle im Booklet zum Album abgedruckt sein. Ich würde es gern dabei belassen, wenn Ihr die Texte lest, werdet Ihr auch verstehen, worum es geht, denke ich.

Oberflächlich betrachtet sind Euch WANING thematisch nicht ganz unähnlich, wenn man derlei von schlichten Songtiteln extrapolieren kann. Sie klingen sogar ein bisschen wie eine Popversion von OBITUS, was natürlich nicht völlig überraschend ist, da Anders auch bei WANING tätig ist. Worauf ich hinaus will: Die „leicht verdauliche Version von OBITUS“ bringt demnächst ihr Debütalbum heraus, was die Frage aufwirft, ob OBITUS tatsächlich zu extrem fürs heutige BM-Publikum sein könnten. Hat all das schlappe, weinerliche Deprizeug ein Umfeld erschaffen, das musikalische Gewalt nicht mehr verkraftet?

Johan: Ich weiß nicht, ob es wirklich daran liegt, schließlich gibt’s noch eine ganze Menge extremer Bands da draußen. Ich denke, es könnte mehr mit dem Stigma zu tun haben, als Internetband wahrgenommen zu werden. Ein Bekannter meinte zu mir, OBITUS sei keine „echte“ Band, womit er sagen wollte, dass richtige Bands mehr als zwei Mitglieder haben und live spielen. Natürlich sehe ich diese Angelegenheit anders, aber diese Einstellung könnte Teil des Problems sein.

Anders: Da ich sowohl in OBITUS als auch in WANING für die komplette Musik verantwortlich zeichne, ist es natürlich kein Wunder, dass da gewisse Ähnlichkeiten zu finden sind. Das nur zur Klarstellung. Was die Frage angeht, so ist es in der Tat so, dass wir mit ein paar Plattenfirmen zu tun hatten, die zwar die Klasse unserer Musik anerkannten, gleichzeitig aber auch sagten, dass unser aggressiver Stil nicht das ist, wonach sie momentan suchen.

Auf jeden Fall denke ich, dass „The March of the Drones“ eine ordentliche Veröffentlichung und damit ein Publikum verdient (Zustimmung! -Ed.). Eine Menge Energie ist in den Entstehungsprozess dieses Albums geflossen.

Wie sieht es eigentlich momentan bei Euch aus? Arbeitet Ihr an neuem Material? Oder wartet Ihr nur auf die Veröffentlichung des Albums? Wohin wollt Ihr Euch mit OBITUS in Zukunft musikalisch entwickeln?

Johan: Wir haben eine kleine Pause eingelegt, um etwas Abstand vom Album zu gewinnen. Der Schaffensprozess war für uns beide ziemlich anstrengend, deswegen wollten wir erstmal nichts mehr mit OBITUS zu tun haben. Allerdings planen wir mittlerweile, demnächst wieder loszulegen, d.h. an neuem Stoff zu arbeiten. Ich habe schon mit ein paar vorläufigen Ideen gespielt. Es kann sein, dass wir vor dem nächsten Album erst eine EP rausbringen, aber das steht noch nicht fest.

Anders: Neues OBITUS-Material wird wahrscheinlich nächstes Jahr entstehen. Jetzt ist es aber noch viel zu früh, über dessen genaue Richtung zu spekulieren. Als relativ sicher kann man aber annehmen, dass die typischen OBITUS-Merkmale auch in den kommenden Sachen zu finden sein werden.

Euch ist vielleicht bekannt, dass Euer Album bereits im Internet herumschwirrt. Ärgert Euch das, oder seht Ihr es als unvermeidbar an, dass alles früher oder später im Netz landet, was man einmal aus der Hand gegeben hat? Ist dies Eurer Meinung nach schädlich für die Band, oder bedeutet es einfach nur ein bisschen mehr Öffentlichkeit?

Johan: Wir wissen, dass das Album im Netz ist, es ist wohl unvermeidlich. Bei einer kleinen Band wie OBITUS wird das lediglich den Bekanntheitsgrad erhöhen.

Anders: Das ist heutzutage das Schicksal aller Musik, die irgendwo auf Band verewigt wurde. Wir akzeptieren das und sehen es in erster Linie als Zeichen, dass Interesse an OBITUS besteht.

Wie wichtig ist denn das Internet ganz generell für Euch als Band, für Promotion, um Kontakte zu knüpfen etc. Sicher, vor 15 Jahren war es sehr spannend, Briefe ganz traditionell mit der Post in alle Welt zu schicken und dann zu sehen, ob und wann etwas zurückkommt. Aber niemand wünscht sich ernsthaft diese Zeiten zurück, oder?

Johan: Wir machen alles online. OK, wir schicken immer noch Promo-CDs an Plattenfirmen und an Magazine, aber das war’s dann auch. Das Internet an sich hat natürlich sowohl Licht- als auch Schattenseiten. Es gibt soviele untalentierte Bands, die ihr Zeug viel zu leicht an die Öffentlichkeit bringen können, dass das Signal-Rausch-Verhältnis gegen null tendiert. Das ist vielleicht auch einer der Gründe, warum wir es so schwer haben, von den Labels ernst genommen zu werden. Die denken oft einfach, wir wären schlicht eine weitere Internetband.

Das wär’s für dieses Mal. Die letzten Worte gehören traditionell Euch.

Danke für das Interesse an OBITUS. Hoffentlich wird „The March of the Drones“ bald ein größeres Publikum erreichen als nur die Torrent-Gemeinde.

17.11.2008

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