Carcass - Heartwork

Review

Was tun, wenn man die alten Grindcore-Fans mit dem Vorgänger „Necroticism – Descanting The Insalubrious“ eh schon größtenteils mit Death Metal verprellt hat? Richtig, man setzt noch einen drauf und serviert auf „Heartwork“ sogar Todesstahl mit gehörigem Heavy-Metal-Einschlag und jeder Menge Melodien. Waren die alten Grind-Tage ganz einfach nur vorbei? Oder war es vielleicht sogar wirklich so, dass CARCASS mit dieser neuen Scheibe die Welt nun auch kommerziell erobern wollten? Nichts Genaues weiß man bekanntlich nicht, aber Fakt ist, dass „Heartwork“ zum absoluten Kracher avancierte.

Die ehemaligen Metzel-Pathologen zeigten hier mit Nachdruck, welch prima Musiker sie eigentlich sind. Und das konnte bei den alten Prügel-Orgien „Reek Of Putrefaction“ und „Symphonies Of Sickness“ nun wahrlich nicht jeder vermuten oder gar heraus hören. CARCASS legten auf „Heartwork“ ein unglaublich ausgereiftes und detailverliebtes Songwriting an den Tag und bestachen mit einer nahezu perfekten Symbiose aus Härte, Melodie und Eingängigkeit. Ob das nun eine bewusste Abkehr von der Vergangenheit war oder aber man diese ganz einfach nur hinter sich gelassen hatte, können wir an dieser Stelle nicht aufklären. Also konzentrieren wir uns lieber auf die bockstarke Mucke an sich.

Heartwork – Eine Göttergabe für die Ewigkeit

Der Titelsong selber ist natürlich eine Hymne für die Ewigkeit, den kennt vermutlich eh jeder, der sich irgendwie mal mit dem Schaffen von CARCASS befasst hat. Das dazugehörige Video lief damals auf den Musikkanälen in hoher Rotation und trug mit dazu bei, dass dieser Song quasi der Prototyp eines nicht schwedisch klingenden Melodic Death Hits wurde. Alleine schon dieser rasante und hochmelodische Einstieg, die ständigen Tempowechsel und Ideen en masse, unglaublich. Da sitzt jede Note absolut perfekt, was für eine Göttergabe, vom allerfeinsten!

Aber auch neben dem herausragenden „Heartwork“ findet man noch jede Menge geniale Songs. Da wäre natürlich „Arbeit macht Fleisch“, diese nahezu perfekte Mischung aus Hau-Drauf und Melodien. In eine ganz ähnliche Kerbe schlägt auch das abschließende „Death Certificate“. Natürlich waren das nicht mehr die CARCASS von früher, die den Grindcore entscheidend mit geprägt hatten, dennoch war die Band zu dieser Zeit ganz einfach wahnsinnig stark.

Teilweise schleppender und in jedem Fall drückender gehen CARCASS mit dem recht bekannten „No Love Lost“ und „Doctrinal Expletives“ zur Sache. „Blind Bleeding The Blind“ und vor allem der Opener „Buried Dreams“ präsentieren die Briten von ihrer rockigen Seite. War dies vielleicht schon ein kleiner Vorgriff auf die Swansong-Phase der Band? Das ungestüme Grindige der Anfangstage findet man insgesamt jedenfalls nur noch recht selten, aber auch auf „Necroticism“ hatten die Jungs ja schon so einige Midtempo-Passagen ausgepackt.

CARCASS setzen mit dieser Scheibe neue Maßstäbe

„Heartwork“ präsentiert also alles in allem schon einige neue Facetten von CARCASS, aber anhand des markanten Gesangs erkennt man die Band selbstverständlich im Nullkommanichts. Denn Mr. Walkers Gekeife ist das Eintrittsgeld schon fast alleine wert. Und wem das noch nicht ausreicht, der kann sich hinlänglich an den Griffbrettkünsten des Michael Amott ergötzen. Dessen geniales Gitarrenspiel besticht mal wieder vor allem bei den Soli. Und es würde der Band nach dieser Scheibe schmerzlich fehlen, schließlich verließ Amott die Band 1993 für einige Jahre.

Insgesamt ist „Heartwork“ schon eine kleine Wendung hin zum Mainstream, sofern man im Death Metal davon überhaupt reden kann. Denn um wirklich die Charts zu erobern war die Mucke immer noch um einiges zu hart und bei weitem nicht massentauglich genug.

Aber CARCASS waren seinerzeit wirklich gerade aufgrund dieser Scheibe auch weit über die Grenzen des Death Metal hinaus bekannt geworden. Und Tatsache ist auch, dass die Briten mit „Heartwork“ ganz einfach gewisse Maßstäbe im melodischen Death Metal gesetzt haben.

20.03.2019
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