Deez Nuts - Saudade (Standard CD Jewelcase)
Michael
Mit „You Got Me Fucked Up“ hatten die australischen Hardcore-Crossover-Spezis DEEZ NUTS versucht, etwas mehr kommerzielles Flair in ihren Sound hinein zu bringen, was jedoch offenkundig nach hinten los gegangen ist. Doch schlimmer noch musste die Band 2021 den tragischen Tod ihres ehemaligen Tieftöners Sean Kennedy verkraften, weshalb es freut, dass sich die Herren sechs Jahre nach dem Vorgänger aufgerafft haben, ihr neues Album „Saudade“ auf die Meute loszulassen. Und eines gleich vorneweg: Die Pop-Affinität des Vorgängers wurde weitestgehend aus dem Kernsound entfernt, sodass man wieder auf einen ruppigen, mit breitbeinigen Gitarren ausstaffierten Sound setzt, der zur schweißtreibenden, körperlichen Aktivierung animiert.
Nach sechs Jahren gibt es neuen Stoff von DEEZ NUTS
Der Titel kommt nicht von ungefähr, ist das Teil schließlich in Portugal aufgenommen worden. Der Begriff Saudade beschreibt eine melancholische Sehnsucht nach etwas, das man verloren hat und das vermutlich nicht zurückkehrt. Sicher ist hier auch Kennedy ein Stück weit gemeint, sodass es auch Sinn ergibt, dass die Australier anno 2025 insgesamt etwas ernsthafter musizieren. Hier hört der melancholische Spirit des neuen Albums allerdings auch auf. Dem Sound per se hört man nämlich mit kleineren Ausnahmen kaum irgendeine Form von Schwermut an, denn hier gibt es mit zünftig pumpenden, Breakdown-freudigen Palm Mute-Gitarren und ultraschweren Midtempo-Grooves auf die Ungewaschenen, während Fronter JJ Peters eine solide Rap-Performance aufs Parkett zaubert.
Und dahingehend ist „Saudade“ auch vollkommen funktionstüchtig. Wer DEEZ NUTS bestellt hat, wird dies auch serviert bekommen. Der Sound von COMEBACK KID-Fronter Andrew Neufeld pumpt massenweise Testosteron in die Gitarren hinein, sodass allein die Klangästhetik für Gerangel im Pit sorgen wird. Besonders dann, wenn die Australier ihr Tempo geschickt variieren wie in „Uncut Gems“, geht geht die Rechnung voll auf. Es handelt sich hier um einen der abwechslungsreicheren Tracks, in denen das Quartett ihr Können voll auslegen. Es ist auch einer der wenigen Momente, in denen die zuvor erwähnte, klangliche Melancholie mal effektiv durchscheint und etwas nötige Farbe ins ansonsten recht monochromatische Geschehen hinein bringt.
Trotz solider Arbeit hätten sich die Australier mehr Untergrund-Kante zutrauen können
Denn Abseits dessen gibt es auf „Saudade“ weitestgehend Hardcore- und Hardcore Punk-infundierte Songs, die auf Simpeleffektivität setzen, anstatt durch cleveres Songwriting zu brillieren. Dieser Ansatz hat natürlich eine ehrliche Erdigkeit inne, gerade wenn klassische Hardcore-Tropen bedient werden wie in „Miss Me With That“. Auf der anderen Seite will die Hochglanzproduktion nicht so recht nach Straße klingen, so sehr die Gitarren dadurch an Gravitas gewonnen haben. Zumeist bügelt die punkige Attitüde über diesen Umstand drüber, aber andererseits müssen sich DEEZ NUTS damit abfinden, dass Bands wie SOUL GLO diese Mische in ein deutlich schmutzigeres, straßentauglicheres und deutlich zorniger klingendes Gewand gesteckt haben und mit den gegenständlichen Australiern den Asphalt aufwischen.
Auf „Saudade“ klingen die Herren bedauerlicherweise etwas zu gestriegelt und auch zu hip (die Triplet-Flows in „Kill This Shit“ beispielsweise hätten nicht sein müssen). Aber wie erwähnt ist das Album insgesamt gut genug für das, was es sein möchte. Denn: Wer die Australier bestellt hat, bekommt eben auch einen zünftigen Hardcore-Sound aufgetischt mit soliden Rap-Passagen, amtlichen Hardcore-Einlagen und vereinzelten, klar gesungenen Hooks, die durchaus was hermachen. Es ist eben vollkommen zweckdienlich und lenkt das Ruder der Band wieder etwas mehr in Richtung Hardcore, weg von der Pop-Anbiederung. Etwas mehr raue, ungeschliffene Untergrund-Kante ist bei den Herren aber dennoch wünschenswert …
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