Dismember - Massive Killing Capacity

Review

DISMEMBER gehören zweifelsohne zu den Bands, die in den 90ern den schwedischen Death Metal quasi als dessen Urväter entscheidend mitgeprägt haben. Mehr oder minder durch eine schnöde Umbenennung der seligen CARNAGE in DISMEMBER und den Weggang von Gitarrenguru Michael Amott zu CARCASS erblickte diese wegweisende Band das Licht der Welt, deren musikalisches Angesicht sie bis heute in unveränderter Weise gerbt. Außer BOLT THROWER fällt mir auf die Schnelle keine Band ein, die ihrem Stil sonst so treu geblieben wäre wie Matti Kärki & Co. Zwar ist man mit den Jahren auch etwas eingängiger geworden und hat besonders nach den ersten beiden Alben „Like An Everflowing Stream“ und „Indecent & Obscene“ eine kleine musikalische Häutung hin zu melodischeren Songs hinter sich gebracht. Vom räudigen Gitarrensound, den mehr geschrienen als gegrunzten Vocals und der Hitgarantie, die man bislang jedem Album anheften konnte, ist man jedoch bis heute keinen Millimeter gewichen. Warum auch? „Massive Killing Capacity“ erschien ursprünglich 1995 und markierte damals den insgesamt vierten DISMEMBER Output, die Demos einmal großzügig unter den Tisch fallen gelassen. Die erwähnte Hitgarantie sollte sich auf diesem Album zum Beispiel in Songs wie „I Saw Them Die“, dem Titeltrack oder der Live-Hymne „Casket Garden“ äußern. Selbst doomige, melancholische Töne hielten Einzug in den Sound der Band, ohne diesen jedoch unkenntlich zu machen oder zu verbiegen. So befinden sich mit dem Instrumental „Nenia“ und „Life – Another Shape Of Sorrow“ mit seinem lupenreinen True Doom-Intro inklusive Orgel zwei Titel auf der Scheibe, die die Band einmal nicht nur aus der Hau-drauf-Perspektive zeigen. Schwache Songs gibt es auf „Massive Killing Capacity“ keine auszumachen. Aber gab es die bei DISMEMBER jemals? Zwar verhallen letzte Anschuldigungen des Auswimpens aufgrund der sehr melodischen Ausrichtung des letzten Nuclear Blast Albums „Hate Campaign“ bis heute nicht, aber die darf man getrost ignorieren. DISMEMBER treten Arsch, basta! Dass dies der Grund für den Labelwechsel von Donzdorf nach Holland war, darf ebenso getrost bezweifelt werden.
Nachdem die Band ihre nicht gerade fruchtbare Zusammenarbeit mit Karmageddon nach nur einem Album bereits wieder ad acta gelegt haben und in die rettenden Arme der heimischen Regain Records geflohen sind, wo sie im Laufe diesen Jahres einen neuen Silberling unter die Leute streuen werden, haben es sich eben jene Regain zur Aufgabe gemacht, die Welt auf diese erneute Lehrstunde in schwedischem old school Death Metal, die sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden wird, vorzubereiten, indem sie, allen vorangegangenen Re-Releases zum Trotz, den gesamten DISMEMBER Backkatalog nun erneut in streitbar schicken Digipaks ihren Weg in die Regale der Händler finden lassen wollen. Die Notwendigkeit zu diesem Schritt erschließt sich mir nicht wirklich, da es meinen Informationen zufolge noch nie am Nachschub von älteren DISMEMBER Alben gemangelt hat, diversen Neuveröffentlichungen sei dank. Um die Kaufentscheidung etwas leichter zu gestalten, haben Regain etwas im Archiv gekramt, um auf der Scheibe ein paar Bonustracks recyceln zu können. Aber, Augen auf beim Eierkauf!
Wieder einmal den Weg auf eine Scheibe gefunden hat „Justifiable Homicide“, welches bereits den Nuclear Blast Re-Release von „Like An Everflowing Stream“ zierte und ursprünglich zum ersten Mal auf der „Casket Garden“ MCD in Erscheinung getreten war, die damals dem Release von „Massive Killing Capacity“ vorausging. Des weiteren sind als Zugaben Demoversionen der auf dem Album ohnehin vertretenen Songs „Collection By Blood“, „Life – Another Shape Of Sorrow“ sowie „On Frozen Fields“ zu hören, welches als Medley mit dem damals als B-Seite der „Misanthropic“ MCD zu „Death Metal“ Zeiten erschienenen „Shadowlands“ dargeboten wird. Regain kochen eben auch nur mit Wasser. Wirklich Neues gibt es nicht zu entdecken, da die erwähnten MCDs noch immer sehr günstig zu haben sind. Mehr Mühe hätte das Label dagegen gerne der Gestaltung des Artworks angedeihen lassen dürfen. Denn außer der Tatsache, dass man ein paar Bilder aus dem ursprünglichen Release an anderer Stelle eingebastelt und die Mitte des aus zwei Blättern bestehenden, lieblosen „Beipackzettels“ (mehr ist das also wirklich nicht!) mit ein paar Archiv-Fotos aus versoffenen vergangenen Tagen dekoriert hat, sucht man zusätzliche Gimmicks vergebens. Zwar sind die Texte abgedruckt, aber bei einer so umfangreichen Retrospektive wie dem gesamten Backkatalog einer Band wie DISMEMBER hätten es zumindest Liner Notes sein dürfen. Der Klasse des Albums tut das allerdings keinerlei Abbruch, denn die Mucke ist genial wie eh und je.

07.06.2005
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