Finntroll - Vredesvävd

Review

„Vredesvävd“ heißt das siebte Album von FINNTROLL, das erste Album der siebenköpfigen Band nach sieben Jahren und das erste mit Neuzugang MörkÖ am Schlagzeug. Sieben Jahre sind eine lange Zeit, und so macht die lange Funkpause seit dem letzten Album neugierig, ob sich in musikalischer Hinsicht etwas bei unseren spitzohrigen Freunden aus Finnland geändert hat. Schließlich sind sechs Studioalben eine Hausnummer, und so mancher meint, dass hinsichtlich Humppa Metal bereits alles gesagt worden sei.

Ist hinsichtlich Humppa Metal bereits alles gesagt?

Der grimmige Titel „Zorngewoben“ und das ungewöhnlich farbenunfrohe Cover lassen zunächst vermuten, dass es bei den sieben Trollen diesmal düsterer und unmelodischer zugeht. Also weniger Melodien, weniger Humppa? Wenn man die Ohren spitzt und genau hinhört, merkt man aber sehr schnell: Veränderungen sind nicht das herausstechende Merkmal von „Vredesvävd“, sondern ganz einfach die Konzentration auf das Wesentliche. Es geht nicht darum, alle nachgekommenen Crazy-Troll-Balkan-Folk-Terror-Humppa-Kapellen mit vermeintlich verrückten Ideen links zu überholen, sondern ein starkes Album aufzunehmen. Mit den Zutaten, die FINNTROLL-Fans kennen und lieben, und mit Songs, die jenen ob ihrer Qualität ein Grinsen ins Gesicht zaubern.

In dieser Hinsicht steht „Vredesvävd“ weder „Jaktens Tid“ noch „Nattfödd“ in kaum etwas nach; einzig ein Brecher wie die Bandhymne „Trollhammeren“ lässt sich nicht ohne weiteres identifizieren. „Gränars Väg“ fängt zwar ganz ähnlich an, ist in seiner Melodie allerdings eine ganze Spur melancholischer, um am Ende doch noch Ohoho-Chöre aufzufahren. Dazu stelle man sich bitte schon die Livesituation vor – mit in die Höhe gereckten Fäusten und entsprechender Fanunterstützung.

FINNTROLL schwingen den Trollhammaren

Aber FINNTROLL könnten jeden der neun neuen Songs ins Liveset schmeißen, und alle würden sich in dieser Situation gut machen. Natürlich haben die Lieder alle ihre eigene Dramaturgie und auch ihr eigenes Tempo: Da gibt es flotte Humppa-Nummern vom Schlage „Ormfolk“ und „Mask“, bei denen das Keyboard leichtfüßig das Tempo vorgibt. Da gibt Stücke, wo die Gitarren noch ein ganzes Stück weit schwarzmetallisch angehaucht sind, wie in „Att Döda Med En Sten“ – wobei aber auch hier die folkigen Melodien und Keyboardharmonien nicht zu kurz kommen.

Da gibt es im Midtempo marschierende Songs, wie „Forsen“, die den Fan eher rücklings am Hals packen und nicht wieder loslassen. Und dann gibt es natürlich auch ein wenig Epik, wie im Schlusstrack „Ylaren“ (das sich nichtsdestotrotz in der Livesituation ganz hervorragend machen würde: Headbanging und Mitgrölen in einem). Aufwendige, soundtrackartige Keyboardorchestrierungen, die sich hier anbieten würden und eine Scheibe wie „Ur Jordens Djup“ ausmachten, sind übrigens nur in Spuren vorhanden, wie im zweigeteilten Intro „Väktaren“. Dazu gesellen sich ein paar heroische Momente in „Stjärnornas Mjöd“.

„Vredesvävd“ steht für seriöse Partytauglichkeit

Einzelne Songs herauszupicken erscheint unangebracht – sie sind jeder auf seine Art stark. Dass sich Band und Plattenfirma dennoch für „Mask“ (dt. „Wurm“) und „Forsen“ (dt. „die Stromschnelle“) als Videoauskopplungen entschieden haben, spricht halt nicht gegen die anderen Stücke. Somit dürfte jeder alte Fan aufs neue wieder angefixt werden, schließlich waren FINNTROLL schon immer eine Band, die bei aller Partytauglichkeit ausgefeilte und „erwachsene“ Kompositionen geboten haben. Insofern spricht ja wohl nichts dagegen, sich spitze Plastiköhrchen anzukleben und das Wohnzimmer mit „Vredesvävd“ in eine seriöse Partyhochburg zu verwandeln, oder?

18.09.2020

- Dreaming in Red -

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