Helloween - Walls Of Jericho

Review

Hamburg in den frühen 80er Jahren und Heavy Metal. Bands wie GENTRY, SECOND HELL, POWERFOOL oder IRONFIST lärmen im Underground umher. Kai Hansen und Piet Sielck (beide GENTRY) lernen bei IRONFIST den Bassisten Markus Grosskopf und den Drummer Ingo Schwichtenberg kennen. Sielck hat aus diversen Gründen genug vom Musiker-Dasein und widmet sich einer Tontechnikerausbildung. Für Sielck kommt Michael Weikath von POWERFUL dazu und aus GENTRY wird HELLOWEEN.

Die ersten Veröffentlichungen sind „Oernst Of Life“ und „Metal Invaders“. Noise Records nimmt daraufhin HELLOWEEN unter Vertrag. Im April 1985 erscheint die Mini-LP „Helloween“, welche fünf Songs beinhaltet. Wenige Monate später, am 18.November 1985, hat das Quartett die erste LP in den Plattenläden stehen. „Walls Of Jericho“ steht für den Anfang einer Band, die seit der Reunion wieder in großen Hallen zu finden ist.

„Walls Of Jericho“ ebnet den Weg nach oben

Für heutige HELLOWEEN-Verhältnisse kaum vorstellbar, agiert Hansen als alleiniger Sänger auf der „Walls Of Jericho“. Songschreiber sind sowohl Weikath als auch Hansen. Neun Songs beinhaltet das Debütalbum und der Opener ist der Titeltrack „Walls Of Jericho“, welcher als Intro zu „Ride The Sky“ fungiert. Zu „Ride The Sky“ selbst sind weitere Worte überflüssig, eine der Hymnen der Kürbisköpfe, welche jeder Metalfan kennt.

„Reptile“ zeigt Hansen in gesanglicher Hochform, „Guardians“ ist mehr Speed- als Power Metal. Der Refrain macht aus der Speed-Metal-Nummer einen herausragenden Song, welcher im hinteren Bereich im NWoBHM-Style galoppiert und episch mit Chorgesang zu Ende geht. Mit ordentlich Tempo, intensiver Saitenarbeit über mehr als sechs Minuten und dem Song „Phantoms Of Death“ endet die A-Seite, welche eine fast unglaubliche Qualität aufweist.

Die „Metal Invaders“ eröffnen die B-Seite, knackiger, temporeicher Heavy Metal, wo der Refrain zum Mitgrölen einlädt. Mit weniger Tempo, dafür mit allen Trademarks eines Heavy-Metal-Songs der 80er Jahre, kommt der perfekte Headbanger „Gorgar“ um die Ecke, bevor es ins Finale geht.

Heavy Metal Is The Law

Ein Song, welcher Heerscharen an Metalheads in seinen Bann gezogen hat, ist „Heavy Metal (Is the Law)“. Circa vier Minuten das Gaspedal bis zum Bodenblech durchgetreten legen Hansen und Co. eine Nummer hin, welche eine Blaupause für nachfolgende Bands bezüglich des Spielwitzes und des Tempos wird. Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gibt, dann sind es die insgesamt beschränkten Vocals von Hansen im Vergleich zu zum Beispiel Michael Kiske. Die Krone setzt dem Werk der Schlussakkord auf. „How Many Tears“, eine mehr als siebenminütige Heavy-Metal-Hymne, macht aus einer herausragenden LP ein Meisterwerk. Die Trademarks, welche „Walls Of Jericho“ auszeichnen, sind in „How Many Tears“ zusammengefasst. Das Break in Richtung Metal-Ballade und die folgende Tempoverschärfung in Richtung Scheibenende sind weitere Ausrufezeichen.

„Starlight“ oder „Cry For Fredom“, welche auf der CD-Ausgabe von „Walls Of Jericho“ zu finden sind, waren nicht Bestandteil der eigentlichen Veröffentlichung. Diese Tracks sind auf dem bereits erwähnten Mini-Album „Helloween“ zu finden.

Das Debüt als Meisterwerk?

Unter der Anhängerschaft der Kürbisköpfe genießt „Walls Of Jericho“ auch heute ein sehr hohes Ansehen. Hansen ist keine gesangliche Koryphäe, macht aber mehr als nur einen guten Job. Eine „Walls Of Jericho“ mit Kiske als Sänger würde eine Menge von ihrem rauen Charme einbüßen. Bezüglich Tempo, Saitenarbeit und Dynamik setzt „Walls Of Jericho“ Maßstäbe in den 80er Jahren.

Das Debüt ist anders als die Masse der HELLOWEEN-Outputs, zeigt aber die Kreativität und Qualität des Quartetts. Mehr Heavy Metal und Speed Metal, dafür weniger Power Metal und große Melodien, bestimmen „Walls Of Jericho“. Als Quintett folgt die „Keepers Of The Sven Keys I“. Hansen übergibt das Mikro an Kiske und konzentriert sich auf die Saiten. Am kommenden Wochenende, 06.Mai 2023, beenden HELLOWEEN ihre Welttour zum 2021-Release „Helloween“ in der Hamburger Sporthalle. Schließt sich der Kreis? Am Anfang und am Ende in der zeitlichen Abfolge der Diskografie steht eine Veröffentlichung, welche den Namen der Band trägt.

03.05.2023

Ein Leben ohne Musik ist möglich, jedoch sinnlos

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