Impaled Nazarene - Tol Cormpt Norz Norz Norz

Review

Die Metalwelt Anfang 1993: Während Grunge und Rock den traditionellen Metal hinweggefegt und Death Metal den Höhepunkt seines Schaffens erreicht hat, steht mit Black Metal das nächste neue Ding an. Bislang sind es nur eine Handvoll Bands, die das Wirken der Altvorderen aufgriffen, musikalisch durchaus heterogen, aber auf der Suche nach möglichst brachialen Ausdrucksformen: Extremer soll es sein als alles vorherige, kälter, morbider und natürlich blasphemischer. In dieses Szenario brechen IMPALED NAZARENE mit ihrem Debüt „Tol Cormpt Norz Norz Norz“ mit Gewalt ein.

Auf der Suche nach möglichst extremen Ausdrucksformen

IMPALED NAZARENE ist eine Horde zu diesem Zeitpunkt blutjunger Finnen, die bislang mit ein paar Demos im Untergrund Aufmerksamkeit erregen, live hingegen in ihrer Heimat nur die Härtesten der Harten von sich überzeugen können. Allerdings auch das französische Label Osmose Productions, das die Band mit einem Vertrag und Geld für das nicht üble Tico-Tico-Studio in ihrer Heimatstadt Oulu ausstattet. Und dort nimmt das Quartett um die Brüder Mika und Kimmo Luttinen im Oktober 1992 sein Debüt „Tol Cormpt Norz Norz Norz“ auf, das Anfang 1993 (das genaue Datum ist nicht genau überliefert) erscheint.

Und das klingt so ganz anders als „Deathcrush“ oder „A Blaze In The Northern Sky“: Punkig, ungestüm und chaotisch. Und die Musik sowie die Texte sind grundböse: Immerhin bedeutet „Tol Cormpt Norz Norz Norz“ nicht weniger als „Alle sollen mit sechs sechs sechs nummeriert werden“. Jedenfalls in der enochischen Sprache, die nach den Schriften der englischen Okkultisten John Dee und Edward Kelley aus dem 16. Jahrhundert eine Engelssprache sein soll. Das gesamte Album ist folglich voll mit diesen Anspielungen, allerdings auch voller Blasphemie und sonstigen Unzüchtigkeiten. Merke: Alles ist erlaubt, was dem Herrgott die Hörner aufsetzt. Da werden in „Impure Orgies“ ebensolche vertont, was so weit over the top ist, dass man fast schon schmunzeln muss.

„Tol Cormpt Norz Norz Norz“ ist punkig, ungestüm und chaotisch

Das Herzstück dieser knapp halbstündigen sündigen Orgie sind eher straighte und ohne größere Finessen geschrammelte Hochgeschwindigkeitssongs, die flott ins Ohr gehen. Dabei sticht der sehr gute Tico-Tico-Sound hervor, aber auch die präzise eingetrommelten Rhythmen von Kimmo Luttinen. Sein älterer Bruder Mika wiederum veranstaltet am Mikrofon ein unnachahmliches Vokalmassaker: Die im Booklet abgedruckten Texte trifft er in seinem Vortrag zwar nur so ungefähr, aber das Ganze klingt unnachahmlich böse, nicht zuletzt durch zahlreiche zusätzliche Vocaldubbings aus dem Höllenschlund höchstselbst. In „Mortification/Blood Red Razorblade“ sind es gerade diese in Stereo abgemischten Gimmicks, die das gewisse Extra des Songs ausmachen.

Insgesamt ist es der Gesamteindruck, der „Tol Cormpt Norz Norz Norz“ zu so etwas Besonderem macht: So etwas gab es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht. Das war damals ein weiterer Mosaikstein dessen, wie die böseste und extremste Musik aussehen könnte. Dass DARKTHRONE im selben Jahr mit „Under A Funeral Moon“ beispielsweise einen noch sumpfigeren Sound wählten, BLASPHEMY mit „Gods Of War“ noch chaotischer und MAYHEM mit „De Mysteriis Dom Satanas“ noch kälter klangen und EMPEROR mit ihrem „In The Nightside Eclipse“-Album schließlich einen ganz anderer Weg gingen, lag in der Natur der Sache.

IMPALED NAZARENE setzten noch einen drauf

Natürlich darf man sich fragen, ob „Tol Cormpt Norz Norz Norz“ besonders gut gealtert ist, vor allem hinsichtlich der beabsichtigten Boshaftigkeit und Blasphemie. Immerhin nahm der Black Metal gerade in Norwegen den Schwenk in Richtung blutigen Ernstes. Aber das war danach – der Kontext und die Einordnung in die damalige Zeit rückt hier also einiges wieder zurecht. Nur wenige Monate danach veröffentlichten IMPALED NAZARENE ihr zweites Album „Ugra-Karma“, das wegen der ausgefeilteren Songs häufig den Vorzug erhält. So chaotisch und brachial klangen die vier Finnen jedoch nur auf ihrem Erstling.

01.04.2020

- Dreaming in Red -

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