In Flames - Sounds Of A Playground Fading

Review

Es kommt ganz selten vor, dass ein Album Cover so dermaßen beeindruckt, dass die Musik fast nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Im Fall von „Sounds Of A Playground Fading“ wäre das sicherlich unangemessen, aber Dave Correia hat ein so beeindruckendes Meisterwerk geschaffen, das anhand von vielen Details einen großen Teil der Themen abdeckt, die IN FLAMES mit diesem Album ansprechen, so dass auf diese Tatsache unbedingt eingegangen werden muss. Dabei betrachte ich „Sounds Of A Playground Fading“ nicht nur als einen Hilferuf im Namen unseres Planeten und all jener Kreaturen, die nicht für sich selbst sprechen können, sondern auch als das Album einer Band, die mittlerweile an einem Scheideweg angekommen ist und den Zuhörer auf eine Art Zeitreise mitnimmt, denn tatsächlich finden sich auf dem aktuellen Longplayer nicht nur Songs die auf jedem der vorherigen Alben hätten ihren Platz finden können, sondern auch experimentelle Versuche sich von der Vergangenheit zu lösen und neue Wege zu beschreiten.

Vielleicht sind IN FLAMES mit „Sounds Of A Playground Fading“ – da muss sich niemand etwas vormachen – gerade deshalb weit entfernt von einem Meisterwerk, aber ebenso weit entfernt von einem missglückten Versuch mehr Elektronik in die Songs zu integrieren, um damit noch moderner zu klingen als das bereits seit „Reroute To Remain“ der Fall ist. Ein radikalerer Einschnitt wäre wünschenswert gewesen, eine Art „A Thousand Suns“ der Schweden, aber diesen Mut, den LINKIN PARK mit ihrem Album bewiesen haben, lassen IN FLAMES nur selten durchscheinen. Allerdings muss man den fünf Herren zugutehalten, nicht zuviel versprochen zu haben: Der Zuhörer wird gefordert aufzupassen und sich dem neuen Material mit Bedacht zu nähern, um es später – vorausgesetzt, dass die neue Phase der Band Zuspruch findet – ins Herz schließen zu können, wie sämtliche Alben zuvor. Denn Ausfälle haben IN FLAMES bisher noch keine veröffentlicht, sondern immer versucht sich innerhalb gewisser Grenzen musikalisch zu entwickeln.

Die Reise beginnt mit dem Titelsong, ganz außer Frage einem der besten Tracks, den die Band innerhalb der letzten zehn Jahre geschrieben hat, und knüpft damit genau dort an, wo „A Sense Of Purpose“ geendet hat. Erst das vorab bereits als Single veröffentlichte „Deliver Us“ mit Ohrwurmcharakter klingt moderner und kaum noch wirklich aggressiv. Diesen Level erreicht erst wieder „The Puzzle“, die mit grandiosen Melodien gesegnete, groovende Mid-Tempo-Nummer „Fear Is The Weekness“ oder die mit großartigen Gitarrensoli auftrumpfende Hymne „Where The Dead Ships Dwell“, bevor mit „The Attic“ zum ersten Mal eine neue Seite von IN FLAMES präsentiert wird: Fast schon entspannt und harmonisch klingt diese düstere Nummer, die lyrisch zu verstehen gibt – und deshalb im Kontext des Albums unabdingbar ist -, dass es die Band fortwährend vorantreibt.

Fahrt nehmen die Schweden bereits mit dem folgenden Track („Darker Times“) wieder auf und schwelgen mit „Enter Tragedy“ noch einmal in der Vergangenheit, bevor mit „Jester’s Door“ und dem ungewöhnlichen Einsatz eines Akkordeons ein emotionaler Abschied von den IN FLAMES genommen wird, die wir bis dato kannten: „Times have changed. I have to defend my actions. The foundation crumbles and I have to leave. Thanks for everything, I can’t ask for more. I say I love you all…as I vanish.“ Gleichzeitig ist dieser Track sicherlich auch als letzte Hommage an Jesper Strömblad, der die Band im Frühjahr 2010 verließ, zu deuten und hätte meiner Meinung nach auch „Jesper’s Door“ heißen können. Dabei wird das letzte Drittel dieses Songs Puristen den Atem rauben, jeden anderen allerdings begeistern müssen, denn genau solche Klänge hätte ich mir auf diesem Album öfters gewünscht. Nachdem diese Tür nun aber geschlossen ist, lassen IN FLAMES mit „A New Dawn“ hinter eine der nächsten Türen blicken, die einen Spalt offen stehen: Wunderschöne Riffs und ein unkonventioneller Mittelteil mit Streichern macht aus diesem Song ein weiteres Highlight in der Diskographie der Band, das man nicht missen sollte, und genauso erfrischend geht es mit der letzten zwar ziemlich Pop-lastigen aber in der Tat befreit klingenden Nummer „Liberation“ weiter, und machen damit bereits auf das nächste Album neugierig.

Unterm Strich klingen IN FLAMES anno 2011 wie eine gereifte Einheit, die mit großem Eifer versucht neue Wege zu gehen. Allerdings klingt „Sounds Of A Playground Fading“ nicht ganz so rund wie das hervorragende „A Sense Of Purpose“, doch die sowohl metallischen als auch melodisch-rockigen Passagen, die modernen Elemente und die tonnenschweren Grooves sowie Anders Fridéns gereifterer Gesang verbinden sich auf „Sounds Of A Playground Fading“ mit einer wuchtigen Produktion, die besonderen Wert auf die hervorzuhebende Gitarrenarbeit und das vorhandene Hit-Potential einzelner Songs legt, sofern man sich diesem Album bewusst nähert und sich darauf auch einlassen kann.

 

Das meint die Redaktion zu „Sounds Of A Playground Fading„…

08.06.2011
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