Insomnium - Winter's Gate

Review

Rein formal bringt Album Nummer sieben der finnischen Düstermetaller INSOMNIUM große Veränderungen mit sich: Da sticht erst einmal das Albumcover von „Winter’s Gate“ ins Auge, das diesmal vergleichsweise schlicht und in schwarz/weiß gehalten ist. Dann fällt die Tracklist auf, die lediglich einen einzigen Song enthält, der dann allerdings gleich 40 Minuten lang ist. Und nicht zuletzt weicht das lyrische Konzept von den bisherigen Themen ab, basieren die Texte dieses Mal auf einer Kurzgeschichte aus der Feder von Frontmann Niilo Sevänen; darin geht es um eine Gruppe Wikinger auf der Suche nach einer sagenhaften Insel.

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Aber keine Angst, denn (historisch nicht verbürgte) Hörnerhelme gibt es hier ebenso wenig wie metgetränkte Fröhlichkeit. Man könnte die Musik auf „Winter’s Gate“ fast schon als langweilig traditionell bezeichnen, wenn INSOMNIUM nicht eine so erschreckend gute Band wären und das Album den Hörer nicht doch packen würde. Also alles wie gehabt, und das ist in diesem Fall gut so. Auch dieses Mal fahren die Finnen ihre Trademarks auf: Musikalisch eine Mischung aus melodischem Death Metal und finnischer Melancholie, aus Erhabenheit, Trauer und Gänsehautmomenten.

„Winter’s Gate“ ist ungewöhnlich und traditionell zugleich

Was den Zugang zum Album dieses Mal ein wenig erschwert, ist der eine lange Track, der zwar verschiedene Phasen und eine eigene Dramaturgie aufweist (man könnte auch von Songs im Song sprechen), als Ganzes aber ein ziemlicher Brocken ist. Nicht, dass die Musik exorbitant kompliziert geworden wäre, aber einzelne, für sich stehende Songs erleichtern halt den Zugang. Wollte man die einzelnen Teile von „Winter’s Gate“ charakterisieren, könnte das in diese Abfolge münden: Dramatisch/melancholisch, heroisch/verträumt, angeproggter Zwischentrack, melancholisch mit weit ausholenden Gitarrenleads, langsam aufbauend/sehnsuchtsvoll, schnelles, sich fast schon überschlagendes Finale.

Bleibt die Frage, ob denn „Winter’s Gate“ gut ist? Ja, ist es. Und das nicht nur, weil INSOMNIUM ihre Trademarks formal beibehalten, was vielleicht Fans zufriedenstellen würde. Vielmehr hat die Band ein weiteres Mal Gänsehautmomente erschaffen und wieder all diese melancholischen Melodien und Gitarrenleads aufgefahren, die in dieser Art wohl nur von INSOMNIUM kommen können. Und selbst wenn man nach dem dritten Hören noch Schwierigkeiten haben wird, diese Höhepunkte zu benennen (‚die Melodie irgendwo zwischen Minute 13 und 18, und später dann der Chor hinter dem Gitarrensolo…‘) – trotzdem, es gibt sie. „Winter’s Gate“ ist also ein weiteres starkes Album in der Diskographie von INSOMNIUM, nur diesmal etwas ungreifbarer und ungewöhnlicher.

24.09.2016

- Dreaming in Red -

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