Katatonia - The Great Cold Distance

Review

Drei Jahre ist es her, seit sich KATATONIA mit „Viva Emptiness“ selbst ein Denkmal gesetzt haben. Nun legen die Schweden mit ihrem siebten Album dessen Nachfolger vor und sehen sich damit einer enormen Erwartungshaltung gegenüber. Wie schon auf allen vergangenen Veröffentlichungen, herrscht auch auf dem neuerlichen Werk eine einzigartige, prägende Stimmung vor. Nach der Verzweiflung von „Discouraged Ones“, der monotonen Depression auf „Tonight’s Decision“, der neu aufkeimenden Hoffnung, die „Last Fair Deal Gone Down“ trug, und dem leidenschaftlichen Rachedurst, der „Viva Emptiness“ tränkte, zeigt „The Great Cold Distance“ KATATONIA nun von ihrer feindlichen Seite.

Und das so konsequent, dass man sich selbst als Fan der Band zunächst nicht zurecht findet und von der Scheibe eiskalt abgewiesen wird. Das Album könnte seinem Titel kaum gerechter werden. Denn obwohl es stilistisch eine konsequente Weiterentwicklung seines Vorgängers darstellt, die Unterschiede demnach klein ausfallen, könnten die beiden Alben kaum verschiedener sein. War „Viva Emptiness“ zugänglich und von offensichtlich großen Songs nur so durchzogen (man denke an „Criminals“, „Evidence“, „Omerta“, „Wealth“ usw.), verweigert sich einem „The Great Cold Distance“ zunächst komplett. Bis auf die Singleauskopplung „My Twin“ setzt sich kein Song fest, jeder einzelne ist ein Schlag ins Gesicht derer, die eine weitere eingängige, melancholische Platte erwartet haben.

Die feurigen Rachegefühle von „Viva Emptiness“ sind erloschen, ihre erkaltete Asche vom Wind zerstreut. Was bleibt, ist eine kalte, nackte, trostlose Betonlandschaft, auf der der Hörer frierend und orientierungslos alleingelassen wird. So stolpert man seinen Weg durch das Album und sucht verzweifelt nach etwas Vertrautem.

Nur langsam findet man sich zurecht, und entdeckt plötzlich eine Spalte zwischen den kalten, unwirtlichen Betonplatten, in der ein zierliches Pflänzchen wuchert, das passend „Soil’s Song“ heißt. Man begibt sich auf die Knie, nähert sich ihm, und entdeckt auf einmal, dass da noch mehr sind: „July“, „In The White“, „Increase“, „Rusted“… öffnen sich einem immer mehr und sprengen die Spalte im Boden auf, die sich zusehends vergrößert. Selbst massive Brocken wie „Consternation“, die zum Verstörendsten gehören, was KATATONIA je hervorgebracht haben, lassen nach und nach eine Form erkennen.

„The Great Cold Distance“ ist mit Abstand das härteste, unzugänglichste Werk der Post-„Brave Murder Day“-Ära. Zwar hält sich die zunächst erfahrene große, kalte Entfernung zum Glück nicht so beständig wie befürchtet. Der Weg zur Vertrautheit mit dem Album ist jedoch ein steiniger. Aber er lohnt sich!

16.03.2006
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