
Soundcheck September 2025# 9
Galerie mit 24 Bildern: Lorna Shore - The Pain Remains Tour 2023 in Wiesbaden


LORNA SHORE als die Durchstarter der letzten Jahre zu bezeichnen, wäre fast schon untertrieben. Seit dem Einstieg von Frontmann Will Ramos explodierte das Interesse an der Deathcore-Band, und mit „Pain Remains“ (2022) gelang endgültig der verdiente Sprung vom Nischenphänomen in den Metal-Mainstream. Doch wie gelingt der nächste Schritt? Die Gefahr, das eigene Erfolgsrezept bis zur Beliebigkeit auszureizen, ist ebenso groß wie die, den Sound zu sehr zu glätten und damit an Biss zu verlieren.
„I Feel The Everblack Festering Within Me“, so viel vorweg, stolpert nicht. Weder treten LORNA SHORE in die genannten Fallen, noch wirkt das neue Werk fade. Sie schwächeln lediglich dezent, wenn sie sich von ihren Stärken abwenden und unnötig gefällig klingen: „Glenwood“ etwa ist emotional überladen, bringt einen Tick zu viel Pathos ins Spiel und erreicht nicht den packenden Charakter der „Pain Remains“-Trilogie des Vorgängers. Das ist Jammern auf hohem Niveau – und zugleich der einzige Fast-Ausrutscher.
„I Feel The Everblack Festering Within Me“ kommt ohne Ausrutscher aus
Ansonsten machen LORNA SHORE vieles richtig. Neue Ideen werden behutsam eingeflochten, etwa der im Hintergrund aufblitzende Klargesang im rasanten „Lionheart“, der bereichernd wirkt, ohne zu stören. Darüber hinaus zaubern die Amerikaner eine ganze Reihe wuchtiger Highlights aus dem Ärmel: Auf der Basis aus brachialem Deathcore, getragen von finsteren Symphonic-Elementen, kann Will Ramos seine unfassbare stimmliche Bandbreite voll entfalten. Schief geht dabei so gut wie nichts. Neben dem furiosen Einstieg mit „Prison Of Flesh“ liefern LORNA SHORE mit „Oblivion“ einen kompromisslosen Brecher ab, der auch auf der „…And I Return To Nothingness“-EP bestens funktioniert hätte.
Weitere Höhepunkte sind das unerbittliche „War Machine“, das seinem Namen alle Ehre macht und weitgehend auf „große“ Melodien verzichtet. „A Nameless Hymn“ klingt vom Titel her zunächst nach einem weiteren pathetischen Fehltritt, entpuppt sich aber als das Gegenteil: Zermalmende Breakdowns und ein Dauerfeuer aus Double Bass verwandeln diese „Hymne“ ins sperrige, aber brillante Gegenteil.
LORNA SHORE sind nicht mehr überraschend, aber weit vom Stillstand entfernt
„I Feel The Everblack Festering Within Me“ überrascht nicht unbedingt – die Konsequenz im Songwriting ist deutlich spürbar. Doch eines steht fest: Dieses Album strotzt vor Spielfreude. Kritisch gewendet ließe sich behaupten, LORNA SHORE spielten auf Nummer sicher. Das wäre jedoch unfair. Dafür ist das Quintett zu einfallsreich, der Sound zu vielseitig. Der Erfolg wird sich also fortsetzen – und nun bleibt die bange Zukunftsfrage: Werden LORNA SHORE irgendwann wie vergleichbare Metalcore-Größen zu mehr Gefälligkeit tendieren? Hoffentlich nicht. Denn genau so macht es Spaß: Fette Produktion, apokalyptische Brutalität, viele unheilvolle Emotionen und so viele Details zu entdecken, dass die Repeat-Taste auf Albumlänge kaum unberührt bleibt.

Lorna Shore - I Feel the Everblack Festering Within Me
Jan Wischkowski
Lorna Shore - Lorna Shore, Neues Album 2025, I Feel the Everblack Festering Within Me, Doppelvynil, 2 LP mit Slipmat und Lyric Sheet im Klappcover mit O-Card






























Gutes Review, dass ich weitestgehend unterschreibe. Wobei mir Manches dann doch zu sehr in Kitsch abdriftet um eine noch höhere Note zu ziehen.
Boah, alles richtig gemacht! Hammer bin schwerst begeistert ob dieser filligranen Abrissbirne.
Late to the Death Core Party, aber Lorna Shore sind innerhalb kürzester Zeit in meiner persönlichen Playlist unangefochten an erster Stelle. Will war aus meiner Sicht das fehlende Stück zur Perfektionierung dessen, was Lorna Shore ausmacht: authentische apokalyptische Emotionalität. Ich kann mich nicht erinnern, in meinen 20 Jahren Metal schonmal ein Album in den Händen gehalten zu haben, bei dem kein Song verzichtbar ist.