Parkway Drive - Reverence

Review

Mit PARKWAY DRIVE kehrt sich eine der führenden Metalcore-Bands des Planeten am heutigen Tage zumindest vorläufig von dem in den 2000ern maßgeblich von ihr mitgeprägten Genre ab. Rückblickend betrachtet wirken die Heavy-Metal-Einflüsse, Rock-Refrains und Gesangsexperimente, die schon auf dem 2015er-Vorgänger „Ire“ bei einigen für Verwunderung und Verärgerung gesorgt hatten, nur noch wie ein vorsichtiges erstes Ertasten dessen, was sich nun auf „Reverence“ endgültig manifestiert.

Catchy bis an die Schmerzgrenze

Die erste und innerhalb des bisherigen Sound-Universums der Aussies noch relativ konventionelle Vorab-Single „Wishing Wells“ muss im Kontext des Gesamtalbums als absoluter Ausbrecher bezeichnet werden. Der Rest ist ein bisweilen konfuses Potpourri aus Heavy- und Power-Metal-Songs mit angerauten Vocals, Nu Metal und der großen, düsteren Spoken-Words-Geste.

Überhaupt ist „Reverence“ das Album des Winston McCall. Wie der Sänger im metal.de-Interview verrät, konnte er sich auf Album Nummer sieben erstmals vollständig vom kreativen Fluch des stilistisch eingeschränkten Gesangsspektrums freimachen und seinerseits größeren Einfluss auf das Songwriting nehmen. Das hört man. Die Refrains von „Prey“ und „The Void“ sind catchy bis an die Schmerzgrenze – in einschlägigen Kommentarspalten wurden schon Vergleiche zu „Pirates Of The Carribean“ und ALESTORM gezogen. Auf „Cemetery Bloom“ macht McCall nur von Streichern und pulsierenden Synthies getragen den LEONARD COHEN, nur um es wenig später Robb Flynn (MACHINE HEAD) gleichzutun und den Rap-Metal zurückzubringen („Shadow Boxing“) – gepaart mit viel Klargesang und orchestraler Unterstützung wohlgemerkt.

PARKWAY DRIVE überrumpeln mit „Reverence“

Dann wären da noch: Gregorianische Gesänge („I Hope You Rot“), Trancecore-Synthies und Chöre á la BRING ME THE HORIZON („In Blood“) und ein Schlusspunkt, der „Reverence“ wie ein (immerhin hervorragend produziertes) Hörspiel enden lässt („The Colour Of Leaving“).

Mit alldem lassen PARKWAY DRIVE den Hörer erst einmal ziemlich überrumpelt zurück. Trotz ungenommen starker Momente entsprechen die vielen Sounderweiterungs-Baustellen und Ideen am Ende ästhetisch dem rostroten Wimmelbild des Artworks. Gemein sind ihnen allenfalls ein absolut frei aufspielender, begnadeter Fronter, den noch immer und vielleicht mehr als je zuvor die Düsternis umtreibt, und die mittlerweile gänzlich abgestumpften Technik-Kanten der Instrumental-Fraktion: Es ist kaum vorstellbar, wie diese MANOWAR-Drums denselben Ben Gordon auslasten, der bei „Karma“ hinter den Kesseln saß, wie sich Luke Kilpatrick, Jeff Ling und Jia O’Connor als reine Midtempo-Rhythmiker erfüllt fühlen können.

„Reverence“ ist ganz offensichtlich das, wonach PARKWAY DRIVE der Sinn steht. 2018 schreibt diese Band primär Hymnen und streut Mega-Singles. Mit dieser Ausrichtung könnten die Australier schon bald VOLBEAT-gleich über die Metal-Szene hinauswachsen. Gut für sie. Doch man muss kein verbitterter Fanboy sein, um von „Reverence“ als Gesamtpaket enttäuscht zu sein.

04.05.2018
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