Suicide Silence - Suicide Silence

Review

Wenn man SUICIDE SILENCE eines nicht zugetraut hat, dann ist es diese Beweglichkeit. Das letzte Album „You Can’t Stop Me“ bot gut gemachten Deathcore von der Stange, nicht mehr und nicht weniger. Jetzt gibt es Deathcore mit herber Nu-Metal-Kante, emotionalen Gesang und lange Verschnaufpausen komplett ohne Geballer. Ob die Kalifornier den neuen beschrittenen Weg weiterführen, hängt davon ab, wie der neue Sound von den Fans aufgenommen wird und natürlich davon, ob ernsthafte Überzeugung dahinter steckt. Die Reaktionen auf die erste Single „Doris“ waren mehr als ernüchternd. Im Sekundentakt kübelten die „Facebook-Freunde“ ihren Frust und Ärger über dem wagemutigen Fünfer aus. Aber wie gut ist denn die neue Platte, die zu allem Überfluss noch selbstbetitelt ist, jetzt wirklich? Den Nu Metal ausgraben, um zukunftssicher zu sein, das klingt nach Schildbürgertaktik.

Nu Metal wird zu Deathcore und Deathcore wieder zu Nu Metal

Jonathan Davis von KORN hat sich schon vor Jahren entsprechend geäußert und sinngemäß – nach seiner Zusammenarbeit mit SUICIDE SILENCE zum Album „The Black Crown“ – quittiert, dass KORN wohl schon Deathcore spielten, bevor dieser erfunden wurde. Im besten Fall können alte Nu-Metal-Helden von einem ab jetzt startenden Hype abschöpfen. Problem ist nur, dass SUICIDE SILENCE sich auf ihrem neuen Album oft mit KORN („Silence“, „Hold Me Up, Hold Me Down“) und DEFTONES („Dying In A Red Room“, „The Zero“) in direkte Konkurrenz begeben und leider in nahezu allen Kategorien (Nachdruck, Emotionen, Stimme, Entrücktheit…) (nur) den Kürzeren ziehen (können). Trotzdem ist die Interpretation von SUICIDE SILENCE durchaus gelungen und hat mehr gute, als schlechte Momente.

Für eine Deathcore-Platte mit Nu-Metal-Anleihen ist „Suicide Silence“ ein halb volles Glas. Dreht man den Spieß aber um, scheint es eher halb leer zu sein. Richtig stark sind die offensichtlich live eingespielten Songs („Hold Me Up, Hold Me Down“, „Doris“). Selbst wenn hier nicht jeder Kniff sitzt und nicht jeder Ton auf den Punkt getroffen wird, so überwiegen doch die von Intuition und Leidenschaft versprühten Funken und auch die leicht versetzten Rhythmen geben den Aufnahmen das gewisse Etwas. Ein leidenschaftliches entfahrendes „Yeah“ und ein aufrichtiges sich-selbst-bejubeln kann Wunder bewirken.

Zu Deathcore pogen im Altersheim?

So richtig auf Deathcore verzichten SUICIDE SILENCE auch diesmal nicht. Bei „Hold Me Up, Hold Me Down“ wird die Sau von Eddie durch’s Aufnahmestudio getrieben und auch die Instrumentalverantwortlichen pfeffern ein ordentliches Pfund dazu.

Rein stimmlich und imagetechnisch ist Deathcore sicher kein Genre für die Ewigkeit und eventuell hat einer bei SUICIDE SILENCE einfach mal diese banalen Gedanken geäußert – wie lange können wir das hier noch machen? Der Schritt raus aus dem Einheitsbrei hat sich zumindest für diesen Moment gelohnt, alles Weitere muss man abwarten. Der sowieso schon häufig stimmlich etwas schwache Sänger Eddie Hermida sollte dringend fleißig üben – mit seiner gesangliche Live-Vorstellung steht und fällt der mutige Vorstoß. Das Verlangen nach Spektrumserweiterung sollte man keiner Band vorwerfen („Listen“).

17.02.2017
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