The Gathering - Disclosure

Review

Lange war es ruhig um THE GATHERING – mir persönlich fast ein bisschen zu ruhig, so dass ich ein wenig in Sorge um den Fortbestand der niederländischen Formation war. Doch so plötzlich wie erlösend kommen THE GATHERING nun mit „Disclosure“ um die Ecke und zeigen, wie unglaublich lebendig sie noch immer sind.

Vielleicht ist ‚lebendig‘ nicht ganz das richtige Wort, wenn es um die Musik THE GATHERINGs im Allgemeinen oder „Disclosure“ im Speziellen geht – zu melancholisch ist der rote Faden, der die Songs seit jeher durchzieht. Das ändert sich auch 2012 nicht, auch wenn es keine Zweifel daran gibt, dass THE GATHERING einen wieder neuen Ansatz gefunden haben, ihren musikalischen Visionen ein Gesicht zu verleihen.

Bis sich dieses Gesicht dem Hörer in all seiner Pracht erschließt, braucht es jedoch Zeit. Dass mit „Meltdown“, „Heroes For Ghosts“ und „I Can See Four Miles“ gleich drei Stücke dabei sind, die jenseits der Acht Minuten-Marke agieren, ist kein Zufall: „Disclosure“ ist in gleich mehrerer Hinsicht ausladend geraten, zuweilen sperrig, immer fordernd. Einerseits bekommen die Motive und Ideen sehr viel Raum, sich in aller Ruhe zu entfalten, andererseits ist die Instrumentierung – schon immer vielfältig – noch in die Breite gewachsen: So sind die Streicher in dieser massiven Form in dem bereits angesprochenen „I Can See Four Miles“ meines Erachtens erstmalig dabei.

Das Resultat klingt dabei – selbstverständlich – immer noch nach THE GATHERING, was keinen Fan der Band ernsthaft überraschen dürfte. Überraschend ist dagegen nach dem erdigeren „The West Pole“, dass die elektronischen Elemente wieder etwas abgehobener sind – eher im Sturm und Drang des „If_Then_Else“-Dunstkreises zu verorten als der bodenständige Trip Hop aus „Souvenirs“-Zeiten. Interessanterweise sind die knapp 54 Minuten nicht gleichmäßig mit Synthesizer-Sounds durchwoben, sondern profitieren von pointiertem Einsatz, der ein weiter verfeinertes Gefühl für Dramaturgie widerspiegelt.

Nicht zuletzt muss ich an dieser Stelle auf den Gesang Silje Wergelands eingehen, der auf „The West Pole“ noch sehr nach der Lücke klang, die Anneke van Giersbergen hinterlassen hatte. Auf „Disclosure“ ist ganz klar zu spüren, dass nicht nur Silje, sondern auch THE GATHERING selbst, auf dem besten Weg sind, diesen Teil ihrer Band-Vergangenheit abzuschließen. Ob die acht inhaltlich von Verlassenwerden und Trennungsschmerz geprägten Songs ein weiterer Hinweis hierauf sind, sei dahingestellt. „Disclosure“ ist so oder so ein richtig gelungenes Album, auf dem THE GATHERING neue Wege gehen und dennoch ihre Identität bewahren. Fein!

01.09.2012
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