Katatonia
Ein Rückblick auf 20 Jahre Katatonia

Special

Katatonia

Mit KATATONIA begeht dieses Jahr eine der wichtigsten und eigenständigsten Bands des Metal ihren zwanzigsten Geburtstag. Eine Band mit einer bewegten Biographie, die wir Euch anlässlich ihres Jubiläums hier ausbreiten wollen.

 

Eine Erfolgsgeschichte beginnt

Das Jahr 1987 neigt sich seinem Ende zu, BATHORY haben mit „Under The Sign Of The Black Mark“ gerade erst ein Album veröffentlicht, das sich zu einem der wichtigsten des Black Metal entwickeln soll. In diese Zeit fallen die ersten musikalischen Gehversuche der beiden blutjungen, kaum 13-jährigen Burschen Jonas „Lord Seth“ Renkse und Anders „Blakkheim“ (der sich anfangs noch „Blackheim“ schreibt) Nyström aus Stockholm, die unter dem Namen MELANCHOLIUM ihrem Vorbild Quorthon nacheifern. Doch nach einigen Proben bricht die Band relativ schnell wieder auseinander.

Anfang 1991 greifen Renkse und Nyström ihr musikalisches Streben wieder auf – diesmal ernsthafter und konzentrierter als zuvor – und sie wählen einen neuen Namen für ihre künftigen Aktivitäten: KATATONIA. In einem Interview von 1993 nennt Blakkheim diese Zeit als die eigentliche Geburtsstunde der Band. Ihren neuen Namen leiten sie von „Katatonie“ ab, einem schwer einzuordnenden psychomotorischen Krankheitsbild mit ausgeprägter Störung der Willkürmotorik. Symptomatisch für die Katatonie ist eine Bewegungsstarre („Katatoner Stupor“) mit Unterbrechung der Beziehung des Kranken zu seiner Umwelt, häufig einhergehend mit Automatismen, die schlagartig in eigentümliche Erregungszustände übergehen können. Katatonie tritt vor allem bei katatoner Schizophrenie, seltener bei Hirntumoren, auf und heißt im Volksmund auch „Scheintod“.

Ein erstes, elfminütiges Rehearsal mit den Stücken „Eye Of The Goat“, „Rites Of Winter“ und „The Gathering In Flames“ erscheint 1991 in einer Auflage von nur 20 Exemplaren auf Vinyl und zeigt das Duo bei schlechtem Sound noch als rumpelnde Black-Metal-Kapelle. Blakkheim wird sich später mit folgenden Worten von diesem Material distanzieren: „It’s important to point out that the ’91 rehearsal is not KATATONIA. It’s some fuzzy, noisy necro shit done completely aside.“

Jhva Elohim Meth

Im folgenden Jahr aber wird es dann richtig aufregend: Am 3. Juli 1992 betreten KATATONIA, zwei damals 17-jährige Jungspunde, mit Dan Swanös Gorysound Studio (später Unisound Studio) erstmals professionelles Terrain, um dort innerhalb von drei Tagen ihre neuesten Lieder für das legendäre „Jhva Elohim Meth“-Demo aufzunehmen. Nicht nur Cover und Logo, die Bilder mit Corpsepaint im Einleger und der Titel – aus dem Hebräischen übersetzt „Jehova, Gott, ist tot“ – zeigen die Band noch deutlich im Black Metal fußend. Auch das heisere Gekreische und die dezenten, kalten Keyboards, die Dan Swanö unter dem Pseudonym „Day DiSyraah“ beisteuert, tragen dazu bei. Zusammen mit Blakkheims einnehmenden, doomigen Gitarrenläufen entsteht eine spannende und detailreiche Melange aus Black und Doom Metal.

Wenn auch das bekannte und unerreichte „Without God“ auf dem 17-minütigen Demo als größte und funkelndste schwarze Perle leicht herausstechen mag, sind das direkte „Palace Of Frost“ und das mit Klargesang und akustischer Gitarre experimentierende „The Northern Silence“ zwei ebensolche. Prolog („Midwinter Intergates“) und Epilog („Crimson Tears“) umschließen die drei Prachttücke wie ein schützender, reich verzierter Lederbeutel – eine faszinierend stimmige, unsagbar atmosphärische Veröffentlichung und eines der atemberaubendsten Demos aller Zeiten und metallischen Subgenres.

Diese Klasse hat man schon früh erkannt: Die 500 Kassetten gehen weg wie warme Semmeln. Und so kommt es ziemlich genau ein Jahr später, im Juli 1993, zu einer CD-Wiederveröffentlichung über Vic Records unter dem Titel „Jhva Elohim Meth – The Revival“.

Dance Of December Souls

Das „Rehearsal 92“ mit den Nummern „Daylight Harvest“ und „Sunset Choir“ entsteht im Oktober und zeigt unter dumpfem Klang erneut starkes Material zwischen Black und Doom Metal, insbesondere manche Riffs sind exzellent.

Im Dezember 1992 wird aus dem Duo KATATONIA ein Trio – Bassist Israphel Wing (bürgerlich: Guillaume Le Huche) stößt zur Band. Mit ihm ist man nicht nur für ein erstes Konzert gerüstet, man beginnt auch mit dem Komponieren neuen Materials für das erste Album „Dance Of December Souls“, das vom 4. – 9. April 1993 erneut im Gorysound Studio aufgenommen und von Dan Swanö produziert und gemixt wird. Wieder spielt dieser – wie auch schon auf „Jhva Elohim Meth“ – alle Keyboards für das 53-minütige Werk ein, das die metallische Welt passenderweise im Dezember des Jahres über No Fashion Records zum traurigen Tanz bittet.

Auf „Dance Of December Souls“ ist der von der Band mehrfach bestätigte Einfluss von alten PARADISE LOST deutlich hörbar, aber auch die schwarzmetallischen Wurzeln führen noch Wasser in die Krone. Mit dem mittig platzierten „Without God“ hat es nur ein einziges Stück aus Demo-Tagen auf das Album geschafft – jenes versprüht auch am deutlichsten Aggression und jugendliche Wut. Ansonsten regiert bei Renkses rauem und dennoch oft zerbrechlich wirkendem Gekrächze, Blakkheims melodischem, charakteristisch flirrendem Gitarrenspiel und schleppendem Schlagzeug die lähmende Schwermut. Aber die langen, teilweise annähernd 14-minütigen Epen fesseln trotz einer dezenten Monotonie neben großer atmosphärischer Dichte mit spannenden Strukturen und auch gelegentlichen leichten Tempoverschärfungen – etwa bei „Velvet Thorns (Of Drynwhyl)“ oder „Tomb Of Insomnia“.

Oft liest man in Kritiken zu „Dance Of December Souls“ von einer Kategorisierung als „Death/Doom Metal“. Aber mindestens aufgrund des gekreisch-krächzten Gesanges und der gesamten Atmosphäre erscheint der Stempel „Black/Doom Metal“ oder „Blackened Doom Metal“ treffender. KATATONIA selbst bezeichnen ihren Stil damals übrigens als „Sorrowfilled And Harmonous Northern Dark Metal“. Wo auch immer man das Material genau verortet, das sich einer einfachen Kategorisierbarkeit stets versperrt: man darf mit Fug und Recht behaupten, dass KATATONIAs Debüt eine der großartigsten, intensivsten und wahrscheinlich auch einflussreichsten Veröffentlichungen ist, die Doom und extremen Metal miteinander verschmelzen. Ein annähernd perfektes Werk, wütend und traurig, majestätisch und gebrochen zugleich.

 


 

  1. Eine Erfolgsgeschichte beginnt
  2. For Funerals To Come / Brave Murder Day
  3. Discouraged Ones / Tonight’s Decision
  4. Last Fair Deal Gone Down / Viva Emptiness
  5. The Great Cold Distance / Night Is The New Day
  6. Geburtstagsgrüße von alten Weggefährten


 

For Funerals To Come

Der Sommer mit seiner wohligen Wärme geht und KATATONIA verschwinden ein drittes Mal bei Dan Swanö im Studio: Im September 1994 nehmen sie die 18-minütige „For Funerals To Come“-EP auf – die Begräbnisse erfolgen im Frühjahr über das italienische Label Avantgarde Music.

Die beiden neben dem kurzen akustischen Titelstück „For Funerals To Come“ und dem leider überflüssigen Ausklang „Epistel“ einzigen wirklichen Lieder „Funeral Wedding“ und „Shades Of Emerald Fields“ zeigen KATATONIA etwas variabler als das Debüt. Neben dem Gekreische gibt es vermehrt Klargesang beziehungsweise choralen Gesang zu vernehmen. Renkse, der sein altes Pseudonym „Lord Seth“ mittlerweile abgelegt hat, und Blakkheim zeichnen auf dieser EP beide dafür verantwortlich.

Blakkheims teils komplexe, melodisch-melancholische Riffs sind zahlreich, wirken speziell bei „Funeral Wedding“ aber etwas beliebig miteinander verbunden. Es scheint, als ob man schlicht zu viele Ideen unterbringen wollte. Die Stücke trauermarschieren weniger als jene von „Dance Of December Souls“, dafür wirkt das Material lebendiger. Auch auf großartige Momente – so etwa wunderbare Leads und Basssoli – muss man erneut nicht verzichten. Einige Passagen gehören zum Aggressivsten, was KATATONIA je aufgenommen haben.

Ebenfalls 1994 entstehen die zwei faszinierenden Kleinode „Black Erotica“ – eine frühe, unübertroffene Version von „12“ – und „Love Of The Swan“ für die legendäre „W.A.R. Compilation Vol. 1“. Man mag sich kaum ausmalen, welch überwältigendes zweites Album diese Stücke mit denen der „For Funerals To Come“-EP und ein bis zwei weiteren Liedern abgegeben hätten. Aber dieses Album soll noch eine Weile auf sich warten lassen.

Brave Murder Day

Nach der Veröffentlichung ihrer EP „For Funerals To Come“ im Jahr 1995 legen Nyström und Renkse eine unerwartete Pause ein. Trotz ihres zunehmenden Bekanntheitsgrades droht die Band aufgrund ihres instabilen Line-Ups zu zersplittern. Die beiden Gründungsmitglieder Jonas Renkse und Anders Nyström scheinen zunehmend getrennte Wege zu gehen. Ersterer gründet 1995 mit OCTOBER TIDE ein neues Soloprojekt, dessen Klang das kommende KATATONIA-Album massiv beeinflussen wird, und der andere betätigt sich in den neugegründeten Projekten DIABOLICAL MASQUERADE (mit Dan Swanö) und BEWITCHED.

Da KATATONIA mit ihrem Debüt jedoch einiges an Aufmerksamkeit erregt haben, scheint es den beiden Gründern der Band zu früh, ein Projekt mit solchem Potential in Vergessenheit geraten zu lassen. Und so finden sich Nyström, Renkse und OCTOBER-TIDE-Bassist (später Gitarrist und heute nicht mehr dabei) Fred Norrman zusammen, um mit einem neuen musikalischen Konzept ins musikalische Geschehen zurückzukehren.

Mit der gesanglichen Unterstützung von OPETH-Kopf Mikael Åkerfeldt, der einspringt, da Jonas Renkse nicht mehr zum Kreischen und Growlen in der Lage ist, und mit der helfenden Hand von Produzent Dan Swanö lassen KATATONIA im Juli 1996 mit „Brave Murder Day“ ein Album auf die Welt los, das verschiedenste Zweige des düsteren Metal enorm prägen wird und der Band ganz neue Züge verleiht.

Treibende, auf das Wesentliche reduzierte Rhythmusgitarren, qualvoll jaulende und zugleich bestechend schöne Leads, die brodelnde Kehle von Mikael Åkerfeldt und die auf seltsame Weise verwaschene und zugleich drückende Produktion beschwören einen Schwall von Stimmungen, der einen in Rekordzeit in wohliger Bitterkeit versinken lässt.

Die Doom-Vergangenheit der Band zeigt sich besonders im legendären letzten Song „Endtime“. Darüber hinaus finden sich auf dem Album auch stark rockige Züge („Brave“, „12“) und auf „Day“ auch erstmals Jonas Renkses schwermütiger Klargesang, der zum Markenzeichen der Band werden wird. Auf diese Granate von einem Album folgt eine Split mit Primordial, an der sich KATATONIA mit dem Song „Scarlet Heavens“ beteiligen. Dieser Song deutet bereits eine Ahnung dessen an, was sich 1998 auf „Discouraged Ones“ manifestieren wird.

  1. Eine Erfolgsgeschichte beginnt
  2. For Funerals To Come / Brave Murder Day
  3. Discouraged Ones / Tonight’s Decision
  4. Last Fair Deal Gone Down / Viva Emptiness
  5. The Great Cold Distance / Night Is The New Day
  6. Geburtstagsgrüße von alten Weggefährten

Discouraged Ones

Nachdem Dan Swanö sein Unisound Studio geschlossen hat, nehmen KATATONIA den Nachfolger zu „Brave Murder Day“ bei Tomas Skogsberg im Sunlight auf. 1998 veröffentlicht die Band dann mit „Discouraged Ones“ ihr drittes Album und begeht damit einen Kardinalsfehler, wenn man an das ungeschriebene, aber oft zitierte Marktgesetz glaubt, das besagt, dass das dritte Album einer Band über Erfolg und Misserfolg entscheidet: „make it or break it“. Auf „Discouraged Ones“ vollführen KATATONIA eine stilistische Wendung, die überraschend kommt und viele Fans vor den Kopf stößt. Bis heute markiert das Album den Punkt, an dem sich die Geister über KATATONIA scheiden.

Im Grunde aber hat die Band damit das einzig Richtige getan: denn ihr Meisterwerk „Brave Murder Day“ wirft einen derart langen und erdrückenden Schatten, dass die Band kein Licht mehr gesehen hätte, hätte sie versucht, diesem Koloss einen Nachfolger zu schreiben. Bereits die „Sounds Of Decay“-EP, die dem Album gefolgt ist und drei Songs aus der „Brave Murder Day“-Session enthält, die es nicht auf’s Album geschafft haben, hat gezeigt, dass man die reine Essenz in die sechs Albumsongs kanalisiert hat. Die Zugabe auf der Mini ist gut, wäre auf dem Album aber ein Fremdkörper gewesen. „Brave Murder Day“ zu kopieren wäre zum Scheitern verurteilt gewesen – die richtige Konsequenz, die Renkse und Nyström gezogen haben, war also, sich komplett neu zu erfinden. Ein mutiger Schritt, denn bis heute hadern viele alte Fans mit der Neuausrichtung der Band. Nicht selten hört man da: „KATATONIA ja, aber nur bis ‚Brave Murder Day'“.

Auf „Discouraged Ones“ übernimmt Jonas die Vocals wieder komplett allein und singt erstmals vollständig clean. Die markigen Growls sind mit Mikael Åkerfeldt verschwunden. Seinen Beitrag leistet der langjährige Freund der Band aber trotzdem und sorgt als Co-Produzent für den richtigen Klang der Vocals auf „Discouraged Ones“. Damit erwächst das Album zu einem Nachtschattengewächs, dessen Wurzeln im Song „Day“ seines Vorgängers stecken. KATATONIA geben sich nicht melancholisch oder traurig, sondern durch und durch depressiv. „Discouraged Ones“ sind Schall gewordene Low Spirits, die „great cold depression“, vertont in disharmonischen Riffs, klagendem Gesang und progressiv-rockigem Vibe, der eine Kategorisierung der Musik schwierig macht.

Die bekannten Schubladen funktionieren nicht mehr: KATATONIA entledigen sich mit „Discouraged Ones“ jeglicher Norm und schaffen sich einen eigenen Maßstab, an dem sie gemessen werden müssen. Der Weg, den die Band jetzt einschlägt, ist kompromisslos und gefährlich, denn bis KATATONIA mit ihrem neuen Stil wirklich in großem Maße ankommen, müssen noch zwei weitere Alben ins Land gehen. Erst mit „Viva Emptiness“ setzt ein wahrer KATATONIA-Hype ein, der die Band – ähnlich ihrer Kumpels von OPETH – jeglicher Kritik enthebt. Doch bis dahin werden noch fünf Jahre vergehen.

 

Tonight’s Descision

Zwischenzeitlich werden Peaceville Records auf die Schweden aufmerksam. Die Briten sind Spezialisten für düstere Klänge und beherbergen zu dieser Zeit u.a. MY DYING BRIDE und ANATHEMA unter ihrem Dach. In KATATONIA sieht das Label soviel Potenzial, dass es der Band einen Langzeitdeal über fünf Alben anbietet. Die Band unterschreibt. Doch das erste Album auf Peaceville, „Tonight’s Decision“, enttäuscht. Zum einen die alteingesessenen und vergrätzten KATATONIA-Fans, die sich noch die Hoffnung bewahrt haben, „Discouraged Ones“ sei ein einmaliger Ausrutscher gewesen. Zum anderen manchen Fan, denn auf „Tonight’s Decision“ wiederholen sich KATATONIA erstmals. Die Band tritt musikalisch auf der Stelle. Das tut sie freilich auf hohem Niveau, dennoch ist „Tonight’s Decision“ bis heute das schwächste Album ihrer Laufbahn.

Zwischen „Discouraged Ones“ und „Tonight’s Decision“ veröffentlicht die Band über ihr altes Label Avantgarde Music noch die „Saw You Drown“ EP, die neben zwei Album-Tracks von „Discouraged Ones“ den bislang unveröffentlichten Song „Quiet World“ und das von der Split mit PRIMORDIAL bekannte „Scarlet Heavens“ enthält. Die EP ist auf 1.500 Einheiten limitiert und schnell vergriffen. Auf eBay werden mit dieser Rarität regelmäßig dreistellige Preise erzielt. Im Rahmen der „Brave Yester Days“-Compilation werden die beiden Schätze „Quiet World“ und „Scarlet Heavens“ aber gehoben und auch der breiten Masse zugänglich gemacht.

 

  1. Eine Erfolgsgeschichte beginnt
  2. For Funerals To Come / Brave Murder Day
  3. Discouraged Ones / Tonight’s Decision
  4. Last Fair Deal Gone Down / Viva Emptiness
  5. The Great Cold Distance / Night Is The New Day
  6. Geburtstagsgrüße von alten Weggefährten

Last Fair Deal Gone Down

 

Nachdem „Discouraged Ones“ und „Tonight’s Decision“ mit nur einem Jahr Abstand herauskommen, lässt das nächste Lebenszeichen der Band etwas länger auf sich warten, bis 2001 mit der „Teargas“-EP ein Vorbote auf das kommende Album „Last Fair Deal Gone Down“ erscheint und bereits andeutet, dass KATATONIA noch einen Schritt weiter gehen.

Im Gegensatz zu vorangegangen Alben erwartet einen auf dem 2001er Werk keinesfalls die lähmende, aber gleichermaßen fesselnde Melancholie. Die Band entwickelt sich unaufhörlich weiter und so erklingen auf „Last Fair Deal Gone Down“ eingängigere Songs. Zwar sind „Dispossession“, „Clean Today“ oder „Tonight’s Music“ nach wie vor von einer tiefen Traurigkeit getrieben, doch lockern sich die bekannten Songstrukturen bisweilen in explosiven Refrains auf, die schnell zu Ohrwürmern werden.

Doch geht man von einer durchgehend angenehmen Reise durch KATATONIA-Gebiet aus, kommen einem spätestens beim ergreifenden „Teargas“ wie so oft in der Diskographie der Band die Tränen. Auch den Spagat zwischen Mitsing-Songs und Ergriffenheit meistern die Schweden mit „The Future Of Speach“ erfolgreich. „Last Fair Deal Gone Down“ bietet einen erneuten Abschluss, allerdings nur eines Kapitels in der Band-Biographie.

Mit dem Nachfolger „Viva Emptiness“ zeigen KATATONIA eine weitere Facette, teilen so richtig aus und etablieren sich mit ihrer eigenen Nische im breiten Bewusstsein der Szene. Mit dem Album stellt sich der kommerzielle Erfolg der Band ein.

 

Viva Emptiness

Nach dem keineswegs schwachen „Last Fair Deal Gone Down“, von dem sich, möglicherweise zu Unrecht, kein einziger Track im aktuellen Liveset der Band befindet, folgt mit „Ghost Of The Sun“ eine äußerst überraschende Single. Auch hinsichtlich des kommenden Albums fällt der Titel ein wenig aus dem Raster, bringt viel Dynamik mit und klingt atmosphärisch weniger klagend und melancholisch. Vielmehr entwickelt das Stück ein sanfte Wut, einen Ausbruch, auf Rosen gebettet.

Noch immer als fester Bestandteil auf Konzerten gibt es wohl kaum einen Hörer, der noch nicht versucht hat, lautstark aber dennoch gefühlvoll die Worte „I trusted you, you lied…“ hinauszusäuseln. Doch genau diese grandiose Kombination aus Gefühl und Aggression perfektionieren KATATONIA auf „Viva Emptiness“.

Man nehme etwa das Summer Breeze im Jahre 2009, KATATONIA sind kurz davor die Bühne zu entern. Davor tummeln sich Black-Metaller, Death-Metaller und oben drauf deren Freundinnen, die eigentlich gar keinen Metal hören. Ganz abseits der sonstigen Geschmäcker der einzelnen Hörerschichten gelingt es der Band gerade mit „Viva Emptiness“, verschiedenste musikalische Hörerspektren auf einer ganz eigenen Ebene zu erreichen.

Das Album erscheint durchweg variabel, aber – abgesehen von einigen Riffeinflüssen – keineswegs besonders metallisch. Vielmehr rockig, progressiv, kaum zu umfassen. In jedem Fall emotional absolut wirksam. Bei grenzgenialen Songs wie etwa „Criminals“ verdrückt selbst der männlichste Patronengurtträger ein paar Tränchen. Anno 2003 vereinen KATATONIA musikalische Extreme, sie vereinen Härte und Emotionalität, schier übermenschliche Genialität und greifbares Material.

Für all jene, die es bis hierhin noch immer nicht wahrhaben wollen, folgen mit „Brave Yester Days“ (1991-96) und „The Black Sessions“ (1998-2003) zwei unmissverständliche Compilations, die mit der Vergangenheit ein für alle mal abschließen und die neuen KATATONIA für aktiv erklären. Noch ein letztes Mal gilt es, die unbändige Verzweiflung eines „Without God“ zu spüren, bevor die Schweden wieder in die Gegenwart stoßen.

  1. Eine Erfolgsgeschichte beginnt
  2. For Funerals To Come / Brave Murder Day
  3. Discouraged Ones / Tonight’s Decision
  4. Last Fair Deal Gone Down / Viva Emptiness
  5. The Great Cold Distance / Night Is The New Day
  6. Geburtstagsgrüße von alten Weggefährten

The Great Cold Distance

Nichtsdestotrotz gibt der Band die allgemeine Akzeptanz recht. Die tourfreudige Band erschließt erstmals die russischen Ländereien für sich und bereitet sich nach dem Meisterstreich „Viva Emptiness“ auf ihren nächsten Entwicklungsschritt vor. Mit „My Twin“ folgt die Single zu einem Track, der bei last.fm noch immer der meistgehörte Song von KATATONIA ist, obgleich mit „Night Is The New Day“ bereits seit geraumer Zeit ein neues Album am Start ist. Und das, obwohl „My Twin“ in meinen Ohren keinesfalls zu den stärksten Stücken auf dem zugehörigen Album „The Great Cold Distance“ gehört.

Generell läuft diese Platte für mich recht eindeutig unter dem Banner „Underdog-Ansammlung“. „Rusted“ oder „In The White“ sind nur zwei von einigen unterbewerteten Songs auf dem 2006er Werk. Im Wesentlichen führt die Band ihr Konzept eisenhart fort, wird mit Stücken wie „Deliberation“ fast schon poppig, und trotzdem spricht so gut wie niemand von „modern crap“ oder „big disappointment“. Das mag erneut an der Art und Weise liegen, wie KATATONIA musikalisch handeln – irgendwie magisch.

Nach 2006 heißt es für Fans erst einmal warten, ein neues Album ist zunächst nicht in Sicht. Mit einigen Single-Auskopplungen des aktuellen Albums („Deliberation“ und „July“) und dem Live-Album „Live Consternation“ (2007) versucht man die Fans bei Laune zu halten. „Live Consternation“ stellt die erste Veröffentlichung mit Live-Material der Band dar, natürlich mit deutlichem Fokus auf dem Hier und Jetzt.

Enthalten ist der gesamte Gig auf dem Summer Breeze 2006, der sowohl neueres Material (u.a. „Leaders“, „Soil’s Song“), Songs aus der „Viva Emptiness“-Zeit (u.a. „Ghost Of The Sun“, „Evidence“) und älteres Material aus der Post-„Brave Murder Day“-Ära (u.a. „Cold Ways“, „Right Into The Bliss“) enthält. KATATONIA verströmen ihre Magie damit auch live verströmen und Jonas Renske zeigt, dass er über die Jahre hinweg mehr Selbstvertrauen gesammelt hat, sodass die häufige Kritik am schwachen Live-Auftreten der Band nur noch bedingt zieht.

 

Night Is The New Day

2009 ist es endlich soweit, mit „Night Is The New Day“ steht ein neues, das insgesamt achte, Album an. Es wären nicht KATATONIA, wenn nicht auch dieses Werk zu hitzigen Diskussionen führen würde. Da wären natürlich die „alten“ Fans, die auch im Jahre 2009 noch hoffen, die Schweden würden ein neues „Brave Murder Day“ aufnehmen. Aber auch „neuere“ Fans finden nicht nur lobende Worte für „Night Is The New Day“. KATATONIA geben den Synthies noch mehr Raum, ansonsten setzen sie weitestgehend auf bekannte Songstrukturen. Dass die Band dabei den Härtegrad noch etwas zurückfährt, lässt sich ebenfalls nicht wegdiskutieren – alles Punkte, die zu Debatten führen. Es bleibt aber dabei, dass sowohl „Forsaker“ als auch „The Longest Year“ sowie „Departer“ als Beispiele für die so oft zitierte Magie und Emotionalität stehen. An welchem Rang „Night Is The New Day“ bei den Fans rangiert, bleibt natürlich weiterhin ein persönliches Anliegen, was wohl auf die gesamte Diskographie zutrifft.

Nach der Veröffentlichung des Albums begeben sich KATATONIA auf große „New Night Over Europe“-Tour und müssen sich direkt an zwei neue Gesichter gewöhnen. Niklas Sandin am Bass und Per „Sodomizer“ Eriksson (u.a. BLOODBATH) sind ab sofort als Live-Session-Mitglieder mit von der Partie. Grund dafür ist der Ausstieg der beiden langjährigen Mitstreiter und Brüder Fredrik „North“ Norrman (Gitarre) und Mattias „Kryptan“ Norrman (Bass). Die Trennung erfolgt in aller Freundschaft, da bei beiden die Familie in Zukunft mehr Platz einnehmen widd. Fredrik lässt allerdings 2010 mit dem OCTOBER TIDE Comeback-Album „A Thin Shell“ musikalisch wieder von sich hören.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2011 und KATATONIA feiern ihren 20. Geburtstag, anlässlich dessen die Schweden zwei Re-Releases inklusive Bonusmaterial am Start haben, zu denen Ihr an anderer Stelle (nämlich hier zu „Last Fair Deal Gone Down“ (Re-Release) und hier im Fall von „Night Is The New Day“ (Re-Release)) noch mehr erfahrt. Wir sind gespannt, wie es in den nächsten Jahren mit einer der bedeutendsten Bands des Metalzirkus weitergehen wird. Eines ist aber schon heute klar: ohne KATATONIA wäre Metal nicht das, was er ist. Wir freuen uns auf die nächsten 20 Jahre und gratulieren von Herzen zum Zwanzigjährigen.

 

 

Autoren: Christoph Meul, Yannick Lengkeek, Eckart Maronde, Thomas Weeber, Patrick Olbrich und Jan Wischkowski

 

  1. Eine Erfolgsgeschichte beginnt
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  6. Geburtstagsgrüße von alten Weggefährten

Geburtstagsgrüße von alten Weggefährten

 

Grattis Skitungar 🙂

It feels like yesterday when the 2 teenagers from Stockholm arrived at my so called studio in Finspång. I remember that they wanted the „Hammerheart“ sound, but there was also a lot of talk about Norwegian Black Metal. My clearest memory of that first session was that Jonas couldn’t get the fast part of one of the songs to work. He blamed the pedal, his knee, the weather……but it sounded crap. And I told them „You got to skip the fast stuff, and go all slow and be the first Doomy Gothic Black Metal band. You will have a deal in no time“

The guys listened and it wasn’t very long until they came back for the 1st album!!

I don’t know the other guys, but Anders and Jonas are really kick ass dudes and they have my warmest greetings on their birthday!

Eller…. Ha den äran och Klena Kaggar, like we say in Sweden 🙂

Dan Swanö/Unisound.
Proud Engineer/Mixer of their works 92-96



And those bastards did it!!!! A big congrats to my old colleagues. Blue light, passccccchhhhhh

Fred and OCTOBER TIDE

 

 


Congratulations to 20 successful years of great music. Incredible how time goes by soon 20 years ago that we shared the stage on your first show! We wish you all the best and hope to be able to share the stage with you once again in the future. Keep on writing your own brand of great metal and keep on holding the swedish metal banner high!

A CANOROUS QUINTET
Via Mårten Hansen

 

 

 


I’d like to offer my Vigentennial Felicitations to our brothers in arms, KATATONIA. Gentlemen all, fine songsmiths and most importantly, our very good friends. Happy Birthday guys!

Aaron & PARADISE LOST

 

 

 

 

 

 


I hear old is the new young! Hope to hear KATATONIA going strong for the next 20 years as well! Greetings from Jens Bogren and Fascination Street Studios (a name Anders Nyström suggested almost 10 years ago, not many people who knows that).

Jens Bogren/Fascination Street Studios

 

 

 

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21.07.2011
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