Criminal
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Interview

Criminal stehen für rohen, aggressiven und modern gehaltenen Thrash. Dass der Kopf der Band, Anton Reisenegger, aus seiner schon sehr langen musikalischen Geschichte heraus weder politisch noch gesellschaftlich ein Blatt vor den Mund nimmt, stellt er auch hier wieder unter Beweis.

CriminalDavid: Hallo! Ich hoffe, du fühlst dich in irgendeiner Art befriedigt, die Chance zu haben, eine neue Scheibe herausbringen zu können – eure fünfte. War das eine harte Nuss zu knacken?

Nicht wirklich. Einmal angefangen, floss das Material ohne nennenswerte Schwierigkeiten und wir hatten zudem keine wirklichen Streitigkeiten innerhalb der Band. Ohne darüber gesprochen zu haben, schienen wir musikalisch in eine Richtung streben zu wollen. Auch das Aufnehmen und Mixen verlief dank Andy Classen sehr entspannt. Er ist ein Vollprofi und ein netter Kerl, um mit abzuhängen.

David: Was braucht aus deiner Sicht ein (klassisches) Thrash Album, um modern aber zeitlos zu klingen?

Das ist eine gute Frage! Ich weiß es nicht…Es hat definitiv auch etwas mit der Produktion zutun, aber musikalisch, denke ich, braucht es die Geschwindigkeit und die aggressiven Riffs genauso wie die Grooves. Die früheren Thrash Platten hatten alle viel Groove, aber auf eine andere Art. Heutzutage muss der Groove dich zu Boden reißen und zertrampeln! Es muss alles sehr tight sein, was auch ein Unterschied ist, glaube ich. Viele Bands haben damals etwas schluderig gearbeitet, aber auf der anderen Seite gab es keine professionellen Tools.

David: Heutzutage findet man in vielen Texten und Titeln die beiden Wörter „rise“ und „fall“ wieder. Warum?

Wahrscheinlich weil wir alle Zeugen des Aufstiegs der amerikanischen Weltmacht sind und in einer gewissen Art viele Menschen seinen Untergang sehen wollen. Bitte krieg’ das nicht in den falschen Hals, ich liebe Amerika. Das Land hat uns einige der besten Musiker, Schriftsteller, Filmemacher und Künstler geschenkt. Aber es bleibt einem nichts anderes übrig, als die Politik der Gier und die Macht der herrschenden Elite zu verachten, die die Individualität des Einzelnen als wertlos abstempelt. Schau dir doch an, was im Zuge des Hurrikans „Kathrina“ passiert ist: Die können noch nicht einmal ihren eigenen Leuten helfen, weil sie einen illegalen und absolut sinnlosen Krieg im Irak führen.

David: Kommen wir auf das neue Album zu sprechen: Wo liegt der Knackpunkt auf der neuen Scheibe im Vergleich zu euren älteren aber auch zu anderen Neuerscheinungen?

Also, ich würde sagen, dass „Sicario“ die Summe der besten Teile aus unseren letzten Platten ist. Nach den Erfahrungen mit „No Gods“ mussten wir einen Schritt zurücktreten und uns selbst, unseren Stil und den Grund, warum wir uns am Anfang entschieden haben, überhaupt zu spielen, wiederentdecken. Im Grunde ist diese Form des brutalen Thrashs die perfekte Art, uns auszudrücken. Was ähnliche Releases angeht, fokussieren wir uns nicht so auf Geschwindigkeit, sondern legen mehr Gewicht auf Groove und Tempowechsel. Es gibt keine zwei Songs, die sich gleich anhören auf „Sicario“, was du nicht wirklich über andere Thrash Bands sagen kannst. Auch sind wir nicht auf diesen schwedischen Death Metal Festwagen aufgesprungen, was so en vogue ist in diesen Tagen. Und zu guter letzt: Wir haben hervorragende Musiker in der Band: Unser Schlagzeuger Sac kann es mit jedem Drummer da draußen aufnehmen und Rodrigo ist ein wirklicher Virtuose. Es wurmt mich, dass sie nicht mehr Anerkennung dafür bekommen.

David: Welche neuen Veröffentlichungen haben dich besonders beeindruckt? Warum?

Ich kaufe eigentlich nicht so viele neuere CDs, aber die neuste NEVERMORE hat mich wirklich beeindruckt. Das Songwriting und die Produktion sind lupenrein und ich fange auch an, Gefallen an Warrel Dane’s Vocals zu finden, was in der Vergangenheit nicht der Fall war. Weitere Alben waren MASTODON’s „Leviathan“ und SYL’s „Alien“. Ich finde MASTODON echt killer – die machen ihr eigenes Ding. Was SYL angeht, bin ich einfach ein Fan von Devin Townsend, egal was er macht. Er ist ein verdammt verrücktes Genie!

David: Ist der Name eurer neuen Scheibe „Sicario“, was soviel wie „Killer“ bedeutet und häufig mit der südamerikanischen Mafia und dem Drogenkartell in Verbindung gebracht wird, eine Art Verarbeitung von Geschehnissen aus deiner Vergangenheit oder dem deines Landes?

Nicht direkt. Chile hat zum Glück nicht so viele Schwierigkeiten mit organisierter Kriminalität, obwohl dort natürlich Drogenverkehr ist, aber das ist doch überall der Fall, oder? Ich habe die Texte zu „Sicario“ geschrieben, nachdem ich ziemlich viel darüber gelesen habe, dass in Kolumbien 12 jährige Kinder für Geld töten gehen, nur weil sie keine andere Möglichkeit haben und ihre Umwelt so gewaltvoll ist. Das ist ein wirklich schockierendes Thema und ich denke, ich habe es ziemlich gut rübergebracht, ohne zu wertend zu werden.

David: Welche persönlichen Probleme hat dir deine Musik geholfen zu überwinden? Wieso denkst du, hat Musik die Kraft, dies zu tun?

Das ist etwas, das ich nicht mit Worten beschreiben kann. Aber jedes Mal, wenn wir eine längere Phase haben, in der wir nicht touren oder aufnehmen, werde ich unruhig, weiß aber nicht warum. Musik spielen wirkt sehr beruhigend und es holt das Tier in mir runter – haha.

David: Für mich bedeutet Metal…

…so ziemlich alles!

David: „Por La Fuerza de la Razón”, das einzige Lied auf spanisch und ein Aufruf dazu, Vernunft walten zu lassen. Was ist deine Definition von Vernunft?

Der Text handelt von Chiles jüngerer Geschichte und ist hauptsächlich ein Ausruf, dass so etwas nie wieder passieren darf. Nie wieder Konflikte gewaltvoll lösen, lasst Vernunft walten! Wir sind keine Tiere. Und das gilt für beide Seiten.

David: Es befindet sich kein menschlicher Körper auf eurem CD Cover. Aber was zum Teufel ist mit dem Typen passiert, dessen Blut durch die Gegend gespritzt ist?

Er wurde offensichtlich ermordet. Ja, ich weiß, wir haben ein Muster durchbrochen. Aber ich bin froh, dass es so gekommen ist. Wir sind über den gefolterten Typen auf den anderen Cover hinweg. Ich finde, das neue Albumcover ist ein echter Blickfang. Und, obwohl es offensichtlich ist, dass es Blut sein soll, wird einem dieses Gewaltelement nicht so aufs Auge gedrückt. Ich finde es ziemlich cool.

David: Bitte nenne mir fünf Gründe, warum man ein CRIMINAL Konzert besuchen sollte:

1. um ein paar Bier zu trinken
2. um kickass Musik zu hören
3. um im Pit die Sau rauszulassen
4. um ein Mädel aufzureisen
5. um flachgelegt zu werden (obwohl das nicht so wahrscheinlich ist, aber dies wäre der perfekte Gig)

David: Wie sehen eure Pläne aus, um den Leuten hier zu beweisen, dass du gerade die Wahrheit von dir gelassen hast?

Ich bringe ein paar Schlampen mit auf Tour? Ach nein, wir sind ja nicht DESTRUCTION! Nein, im ernst: Wir sind auf der Suche nach einer Möglichkeit und wir sprechen gerade mit unserem Label über finanziellen Rückhalt. Wenn also alles gut geht, sollten wir Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres auf Tour gehen.

David: Wer oder was entscheidet eigentlich darüber, was ein Musiker für einen Musikstil spielt?

Ich weiß es nicht wirklich. In meinem Fall war es um die Zeit, als ich „Kill ’em All“ gehört habe. Du schaust zu deinen Idolen auf und willst einfach so klingen wie die – denk ich mal.

David: Wird es jemals eine Band aus Südamerika geben, die nicht so klingt bzw. nicht zumindest verglichen wird mit SEPULTURA?

Komm schon, du weißt genau, dass es viele Bands aus Südamerika gibt, die nicht nach SEPULTURA klingen. Ich hasse es, wenn ein Kritiker ankommt, der nur zwei oder drei Bands aus Südamerika kennt und dann diese Verallgemeinerung macht. Das ist uns kürzlich in einem großen deutschen Magazin passiert. Informiert euch erst, dann reden wir weiter. Wenn wir nun über uns reden, ja, wir mögen etwas nach denen klingen, aber lass euch gesagt sein, dass ich zur selben Zeit mit den gleichen Einflüssen wie die mit der Musik angefangen habe, so dass einige Übereinstimmungen unumgänglich sind.

David: Es geht zum Henker. Deine letzten Worte, bitte…

Checkt unser neues Album aus, besucht unsere Homepage für ein paar kostenlose Downloads und werdet CRIMINAL!

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14.09.2005

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