Criminal
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Interview

Nach vier Jahren Abstinenz kehren die südamerikanisch-englischen Thrasher CRIMINAL mit einem neuen Label im Rücken auf die Bretter, die die Welt bedeuten, zurück. Im Gepäck haben sie dabei ein wirklich geniales Thrash-Album, das aber leider wie der Vorgänger "Sicario" etwas im Wust der heutigen Thrash-Metal-Veröffentlichungen unterzugehen scheint. Höchste Zeit, um Bandgründer, Sänger und Gitarrist Anton Reisenegger mal auf den Zahn zu fühlen.

CriminalHallo Anton!
Wie geht es euch drüben in Großbritannien, alles in bester Ordnung? Habt ihr bei euch schon Effekte der Weltwirtschaftskrise mitbekommen? Was denkst du darüber?

Oh ja, du bemerkst die Krise. Sie betrifft eine Menge Leute, es gibt keine Arbeit und die Wirtschaft ist richtig langsam. Ich denke, es gibt eine Menge Faktoren, die diese Krise passieren ließen, aber es ist immer noch abzuwarten, ob der Kapitalismus sie überleben wird. Ich meine, niemand weiß, wie lange diese Krise andauern wird und was die endgültigen Effekte sein werden. Aber es hat offensichtlich alles damit zu tun, dass Kredite an Leute ausgegeben wurden, die nicht in der Lage waren, sie zurückzubezahlen. Man kann also sagen, dass das gesamte finanzielle Gebilde zu einer einzigen, verfluchten Lüge wurde…

Wie wahr, wie wahr… Aber genug von dem Krisengerede – zumindest für das Erste. Lass uns über euer neues Album „White Hell“ reden.
Ich empfinde jedes Mal eine Druckwelle, wenn ich es mir anhöre. Wie kann es sein, dass ihr immer noch diese massive Energie in euren Liedern transportiert, obwohl CRIMINAL schon seit ungefähr 18 Jahren unterwegs sind? Hast du einen Tipp für andere Bands da draußen, wie man diese Frische hinbekommt?

Danke vielmals für dieses Kompliment. Ich weiß wirklich nicht, was es ist, aber ich denke, es könnte mit der Tatsache zu tun haben, dass wir Spaß an dem haben, was wir tun.
Wir sind realistisch genug, um zu realisieren, dass wir nicht die neuen SLAYER oder etwas derartiges sein werden. Also geben wir einen Scheißdreck darauf, was die Leute über unser Tun denken oder sagen. Wir tun es einfach und diese Spontanität wiederum ist das, was uns so frisch klingen lässt. Also wenn du willst, dass ich anderen Bands einen Tipp geben soll, würde ich einfach sagen: Tut was ihr mögt und macht euch keine Gedanken und Sorgen darüber, was die Presse oder irgendjemand anderes dazu sagen könnte.

Schöner Tipp, den sollte man sich wirklich zu Gemüte führen!
Wo du es gerade erwähnt hast: Was sagen denn die anderen Magazine und die Fans bisher zu eurem neuen Album?

Die Rezensionen waren bisher wirklich überwältigend. Das ist cool, da ich, als wir das Album aufnahmen, das Gefühl hatte, wir würden etwas wirklich Besonderes erzeugen. Du weißt es aber nie, bis es dann endlich draußen ist. Es scheint aber, dass die Meinungen in dieser Hinsicht ziemlich einhellig sind, dass es bisher eines unserer besten Alben ist, wenn nicht sogar das Beste.

Kommen wir mal zu deiner Vergangenheit und der deiner Band.
Vor einiger Zeit, im Jahr 2001, um genau zu sein, hast du dich in England niedergelassen, nachdem eure Musik in Chile nicht mehr so gern gesehen war. Zumindest habe ich es so erzählt bekommen. Auch wenn du diese Frage sicher schon einige Male beantworten durftest, interessiert sie mich: Was hat dich wirklich dazu gebracht Chile zu verlassen?

Da gab es mehrere Gründe. In meinem Fall war es hauptsächlich eine persönliche Entscheidung, ich brauchte unbedingt einen Tapetenwechsel. Ich war dabei, mich mit den falschen Leuten einzulassen und mein Leben lief nicht so gut, also hatte ich das Land zu verlassen, um wieder auf die richtige Bahn zu geraten. Die Tatsache, dass Rodrigo (Lead-Gitarre; Anm. d. Verf.) sich dazu entschied mir zu folgen und dass wir in der Lage waren, in Großbritannien einen Neustart hinzulegen, war wirklich nur ein Bonus. Was ich sagen will, ist, als ich Chile verließ, dachte ich nicht an die Karriere der Band oder irgendetwas derartiges, es war zu großen Teilen eine persönliche Angelegenheit.

Würdest du sagen, dass sich die Dinge geändert haben? Wart ihr seitdem wieder auf Tour in Südamerika, im Besonderen in Chile? Falls ja: Wie hat es sich angefühlt und wie haben die Leute reagiert?

Oh ja, wir waren mehrere Male dort und die Reaktionen waren großartig. Ich denke, dass die Fans möglicherweise unserer, und wir ihrer etwas überdrüssig waren. Die Distanz ließ alles etwas anders aussehen und wir begannen uns wieder zu mögen, haha.
Nein, mal im Ernst. Wir hatten da unten ein paar großartige Shows in den letzten Jahren, beispielsweise als Supportband von MEGADETH. Es waren dort etwa 14.000 Leute und jeder sang mit und sprang dazu, es erzeugte bei uns eine richtige Gänsehaut!

Wow, das klingt nach einer Menge Spaß!
Hast du denn jemals darüber nachgedacht wieder nach Chile zurückzukehren? Würdest du Chile immer noch als dein Heimatland bezeichnen oder fühlst du dich mittlerweile eher in Großbritannien heimisch?

Ich sehe Chile immer noch als mein Heimatland und ich denke, ich werde eines Tages definitiv dorthin zurückkehren. Aber gerade im Moment geht es mir gut, wo ich bin. Ich lebe momentan in Nordspanien, im Baskenland.

Lass uns doch mal näher auf eure Texte eingehen.
Da lassen sich Titel wie „21st Century Paranoia“ oder „Crime And Punishment“ finden, die mich an Gesellschaftskritik denken lassen. Worum geht es in den ganzen Texten, was wollt ihr uns mit dem Albumtitel „White Hell“ sagen? Kann man es sogar als Ganzes betrachten, mit einem Konzept hinter dem Album?

Nein, es ist auf keinerlei Weise ein Konzeptalbum. Es gibt ein paar Lieder, die sich mit sozialen Problemen beschäftigen. „21st Century Paranoia“ beispielsweise handelt von religiösem Terror und der an- und fortdauernden Angst, die diesbezüglich in der westlichen Welt erzeugt und geschürt wird, während „Mobrule“ Neonazismus behandelt und „Invasion“ über die ursprünglichen Einwohner Amerikas berichtet, wie sie im Namen der Christenheit abgeschlachtet wurden. Es gibt auch ein paar Titel auf dem Album, die etwas persönlicher sind, über innere Kämpfe und solche Sachen.
Der Albumtitel hat nicht wirklich eine tiefer gehende Bedeutung, es ist einfach etwas, von dem wir dachten, dass es sich cool anhört. Es kann offensichtlich mit mehreren unterschiedlichen Dingen verbunden werden, wie Drogen oder Rassismus. Wir mögen die Tatsache, dass es für Interpretationen offen ist.

Es hat vier Jahre gebraucht, bis „White Hell“ veröffentlicht wurde. Nicht über Metal Blade, wie euer letztes Album „Sicario“, sondern über Massacre Records. Was hat bei euch so lange gedauert und warum der Labelwechsel? Ist der Vertrag einfach abgelaufen oder gibt es da mehr zu erzählen?

Nun, ich denke es war die richtige Zeit für uns und Metal Blade, getrennte Wege zu gehen. Die Dinge funktionierten einfach nicht für beide Seiten. Ich habe immer noch eine exzellente Beziehung zu den Leuten, auf einer persönlichen Ebene. Aber ich bin froh darüber, dass wir mit Massacre Records ein neues Label gefunden haben, das auch an die Band zu glauben scheint. Wir werden sehen, wie alles funktionieren wird.
Was die lange Wartezeit angeht: Es gab da einfach ein paar Dinge in meinem Leben, die es mir nicht erlaubt haben, mich in geeigneter Weise auf die Band zu konzentrieren.
Ich denke auch, dass für eine Weile jeder in der Band darüber frustriert war, dass wirklich nichts passierte, nachdem unser letztes Album „Sicario“ veröffentlicht wurde. Und das, obwohl es auch jede Menge guter Rezensionen gab. Für eine Weile war ich sogar nicht mal sicher, ob es überhaupt jemals ein neues CRIMINAL-Album geben würde…

Zum Glück hat sich dann ja alles zum Guten gewandt. Zumindest wollen wir es doch mal hoffen…
Gibt es bisher eigentlich schon irgendwelche bestätigten Touren oder Festivals? Wann seid ihr wieder auf der Bühne zu sehen? Eure Homepage ist momentan offline und auf eurer MySpace-Seite gab es dazu keinerlei Informationen zu finden. Es wäre wirklich großartig, euch ein paar Bühnen zerstören zu sehen!

Nun, das ist ein Teil dessen, was ich über Massacre sagte. Wir brauchen offensichtlich ihre Unterstützung, um auf Tour gehen zu können, aber für sie ist es immer noch zu früh, um sich auf irgendetwas festzulegen, also haben wir einfach zu warten. Ich hoffe, dass es uns möglich sein wird, in der zweiten Hälfte von 2009 eine Europa-Tour zu absolvieren, da ich denke, dass das neue Material live richtig gut wirken wird.

Na dann drücken wir mal die Daumen.
Ist denn bisher schon einiges für die Zukunft von CRIMINAL geplant? Oder wollt ihr zuerst abwarten und sehen, was „White Hell“ euch so bringen wird?

Wir haben wirklich keine Wahl, also wird es wohl auf abwarten und sehen hinauslaufen.

Na holla, das klingt aber ganz schön resigniert. Die letzten Worte gehören dir:

An jeden da draußen: Hört euch unser neues Album „White Hell“ an! Wir sind verflucht stolz darauf und die Rezensionen und Reaktionen waren bisher alle absolut großartig. Und, falls ihr wirklich die Band unterstützen wollt, kauft euch lieber ein Album, anstatt es einfach nur herunter zu laden.

17.03.2009

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