Evocation
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Interview
Man könnte sagen "Als ENTOMBED angefangen haben, haben EVOCATION schon wieder aufgehört". Denn so war es. Dass die Band aus Borås/Schweden damals allerdings nur zwei Demos zustande brachte und nun vor kurzem ihr Debütalbum veröffentlicht hat, muss noch dazugesagt werden. Dennoch haben die Jungs bereits damals einigen Staub aufgewirbelt und nicht zuletzt Produzentenlegende Tomas Skogsberg nachhaltig beeindruckt. Man muss von Glück sagen, dass die Buben so der Hafer gestochen hat, dass sie sich im Sommer 2005 wieder zusammengetan haben. Denn EVOCATION verkörpern anno 2007 das, was schwedischen Death Metal anno 1992 ausgemacht hat. Endlich eine Reunion mit Sinn! Über Vergangenes und Zukünftiges spricht Gitarrist Marko Palmén.
Hell-O! Was geht gerade in Schweden?
Heute Morgen war es sehr kalt, weswegen ich ein wenig enttäuscht war, als ich realisierte, dass heute keine schönen, knapp angezogenen Chicks durch die Straßen laufen werden, hehe! Spaß beiseite, alles ist sehr entspannt und cool, seitdem „Tales From The Tomb“ im Kasten ist. Es fühlt sich komisch und im gleichen Maße großartig an, ein Projekt zu beenden, an dem man die letzten drei Jahre gearbeitet hat.
Ihr habt euch Anfang der 90er gegründet, als Old School Death Metal aus Schweden gerade seinen Triumphzug startete. Ihr wurdet damals sogar als eine der besten Bands jener Zeit gefeiert. Warum hat es bis zum Jahre 2007 gedauert, bis euer Debüt in den Läden steht?
Ja, es ist schon komisch, dass es so lange gedauert hat, das Debütalbum fertig zu stellen. Aber hey, eine Platte wie “Tales From The Tomb“ schüttelst du dir nicht an einem Wochenende aus dem Ärmel, hehe. Wir hatten eine lange Pause zwischen 1993 und Sommer 2005, wo wir wieder mit dem Proben anfingen. Damals gab es musikalische Differenzen zwischen uns, da wir uns nicht über unseren künftigen Weg klar waren. Einige von uns wollten auf den „Left Hand Path“, andere hielten einen anderen Weg für besser. Labels wie Roadrunner, Osmose, Black Mark, Relapse, No Fashion etc. hatten Interesse an uns, aber wir trennten uns. Natürlich machte es keinen Sinn, sich in einer solchen Situation zu trennen, aber wir haben es dennoch fertig gebracht, hehe. Es gab keinen Streit zwischen uns und wir standen über all die Jahre stets in Kontakt miteinander. 2001 kontaktierten uns Breath Of Night Records, die unsere alten Demos aus dem Jahre 1992 neu rausbringen wollten. Wir hielten das für eine großartige Idee, so unseren zehnjährigen Geburtstag zu feiern. 2004 wurden die Demos mit der Hilfe von Merciless Records schließlich erneut veröffentlicht. Danach verschwand Akhenaten, unsere Kontaktperson bei Breath Of Night Records, auf myteriöse Art und Weise. Gerüchteweise soll er sich in die USA abgesetzt haben, aber niemand weiß genau Bescheid. Wenn Du das liest Akhenaten: Riesengroßen Dank für diese Veröffentlichung, Mann! Wir hätten nie für möglich gehalten, dass sich die Leute überhaupt an uns erinnern. Wir hatten bisher nur zwei lumpige Demos draußen, verdammt! Auf diese Weise wurde uns erst klar, was für einen Eindruck wir in der Death Metal-Gemeinde hinterlassen hatten. Anfang der 90er war uns das nicht klar. Wir waren einfach nur ein paar Kids, die Bier tranken, Death Metal machten und dabei die beste Zeit ihres Lebens verbrachten. 2004 begannen wir also, unser Aufnahmestudio/Proberaum zusammen mit den Jungs von LAKE OF TEARS aufzubauen. Im Sommer 2005 waren wir fertig. Die Entscheidung, wieder zu proben, fiel von allein. Das Feeling von Anfang der 90er war sofort wieder da. Wie ein Geist schwebte es um uns herum. Sechs Monate später standen alle Songs und ein Jahr später waren sie aufgenommen. Perfektion war schon immer unser Ziel. Wir sind ihm recht nahe gekommen, denke ich.
Was habt ihr alle in der Zwischenzeit gemacht, außer in Bands wie CEMETARY, SUNDOWN und LAKE OF TEARS zu spielen?
Die meisten von uns waren in lokale Projekte involviert, die nicht weiter wichtig sind. Vesa hat lange Jahre als Studiotechniker gearbeitet, was uns bei der Entscheidung, unser Album im Alleingang aufzunehmen, natürlich unterstützte. Gleichzeitig war Vesa zusammen mit Thomas am aktivsten als Musiker, während EVOCATION auf Eis lagen. Wir anderen haben gearbeitet, studiert, Frühneunziger-Death Metal gehört und Bier getrunken.
Produzentenlegende Tomas Skogsberg sagte einst, dass ihr die beste Demoband wart, die er jemals aufgenommen hat. Was bedeutet euch so ein Kompliment heute?
Es bedeutet uns sehr viel. Dieser Typ hat fast alle meine Lieblingsplatten produziert. Von ihm ein solches Kompliment zu erhalten ist unglaublich. Ich werde nie das Wochenende vergessen, an dem wir in Stockholm waren, um das erste EVOCATION-Demo aufzunehmen. Tomas Skogsbergs Professionalität und die geschichtsträchtige Atmosphäre in seinem Studio, wo Klassiker wie „Left Hand Path“ und „Like An Ever Flowing Stream“ entstanden sind, war irgendwie unheimlich auf eine positive Art und Weise. Am Abend, bevor wir loslegten, wollten wir nur vorbei gehen und hallo sagen. AT THE GATES nahmen gerade ihre “Gardens Of Grief” EP auf. Momente wie diesen vergisst du erst, wenn die Hölle zufriert. Skogsberg gefiel es, dass wir so gut auf das Studio vorbereitet waren. So haben wir das gesamte “The Ancient Gate”-Demo in nur 16 Stunden aufgenommen. Zwei Drumtracks wurden sogar in nur einem Take eingeholzt und einer im zwei Takes. Das war schon eine Leistung, wenn man bedenkt, dass wir bis fünf Uhr morgens gesoffen haben. Das Wochenende im Februar 1992 ist immer noch eines der absoluten Highlights in der Geschichte von EVOCATION. Ich habe Thomas 2002 in seinem Sunlight Studio besucht, als wir unsere alten Demos remastert haben. Zu meiner Überraschung konnte er sich noch an uns erinnern. Nach zehn Jahren!
Bist Du manchmal traurig, wenn du darüber nachdenkst, dass ihr unter Bands wie DISMEMBER, GRAVE oder ENTOMBED hättet gelistet werden können, wenn es diese lange Pause nicht gegeben hätte? Hört man einen Song wie „Feed The Fire“, besteht daran absolut kein Zweifel.
Momentan können wir gar nicht wegen irgend etwas traurig sein. EVOCATION ist unsere Familie und seit wir wieder zusammen sind, verbringen wir die beste Zeit unseres Lebens. Wir proben zwei Mal die Woche für zwei Stunden und hängen danach immer noch zwei weitere Stunden im Studio rum, trinken Bier und reden über alte Erinnerungen. Natürlich wäre es cool gewesen, in einem Atemzug mit besagten Bands genannt zu werden, aber traurig zu sein, weil es nicht so ist, wäre momentan nicht möglich.
2004 wurden eure beiden Demos von Breath Of Night Records gebündelt neu rausgebracht. War dies der Auslöser dafür, dass ihr wieder zusammenkamt und euch eine zweite Chance gegeben habt?
Ja, absolut. Dies war der entscheidende Funke, der unser Feuer wieder entzündete. Wir waren so überrascht, dass sich die Leute noch an uns erinnerten. Ich glaube, wir haben erst zu diesem Zeitpunkt realisiert, was uns im Leben am meisten bedeutet. Immer, wenn wir auf unsere anderen Musikprojekte zurückschauen, merken wir, dass sich absolut nichts mit dem messen kann, was wir mit EVOCATION erreicht haben. Für uns bedeutet EVOCATION mehr als eine Band. Es ist unsere Familie und wir teilen alles wie Brüder. Als wir EVOCATION wieder ins Leben gerufen haben, waren wir ziemlich gelangweilt und angepisst von der Musikszene. Es gab nichts Neues oder Interessantes, was Gefühl transportierte. Ich glaube, niemand aus unserer Band hat sich nach 1995, als AT THE GATES „Slaughter Of The Soul“ veröffentlichten, mehr ein Death Metal-Album gekauft. Die Szene wurde zu lange von Posern dominiert. Es ist Zeit für einen Wechsel, genau wie Anfang der 90er, hehe!
Wie fühlt es sich an, nach 16 Jahren und zwei Demos endlich ein Album draußen zu haben?
Gleichermaßen unglaublich und verrückt. Endlich das Ergebnis der Arbeit der letzten drei Jahre zu sehen, ist großartig. Andererseits fühlt es sich komisch an, mit der Arbeit fertig zu sein. Diese Platte ist ein Teil von uns geworden. So viel ist passiert, während wir an ihr gewerkelt haben. Als wir im Sommer 2005 wieder mit dem Proben anfingen, sollte EVOCATION eigentlich nur nebenbei laufen. Doch nur kurze Zeit später steckte jeder all seine Power in das Projekt. Jetzt die fertige CD mit einem superben Artwork von Dan Seagrave in den Händen zu halten, ist unbeschreiblich. Sogar Dan “the Man” Seagrave war sehr gefesselt von der Platte und seinem Artwork. Hier ein kleines Zitat von ihm: “das hier wird ein Klassiker, eine meiner besten Arbeiten bis jetzt!” Das zu hören, fühlt sich cool an. Vor allem, wenn man bedenkt, dass er Klassiker wie „Altars Of Madness“, “Left Hand Path”, “Like An Ever Flowing Stream” etc. optisch veredelt hat. Vielleicht könnte man über unsere Platte auch sagen: besser spät als nie, haha!
Was erwartet ihr von „Tales From The Tomb“?
Ich hoffe, „Tales From The Tomb“ wird die langweilige Szene wieder etwas anfeuern und etwas bewegen. Die Leute haben die Musik da draußen satt. Die Release Show zum Buch “Swedish Death Metal” von Daniel Ekeroth war ein totaler Erfolg mit Bands wie GROTESQUE, NIRVANA 2002 und INTERMENT auf der Bühne. Obwohl sich diese Bands sogar nur für einen Abend wieder zusammenfanden, merkte man, wie die Leute gierig auf Death Metal in seiner Reinform waren. Für mich fühlt es sich komisch an, wenn der Death Metal, den wir spielen, “Old School Death Metal” genannt wird. Für mich handelt es sich einfach nur um “Death Metal”, wie er auch in den 90ern genannt wurde. Die neuen Bands von heute spielen etwas anderes. Ich weiß nicht, was es ist, aber mit Sicherheit kein Death Metal.
Was können wir in der nächsten Zeit von EVOCATION erwarten?
Eines ist sicher: Es wird keine weiteren 15 Jahre dauern, bis unser nächstes Album erscheint, hehe. Wir hoffen, diesen Sommer ein paar Festivals spielen zu können. Leider erscheint die Platte einen Tick zu spät, denn die meisten Festivals sind schon komplett ausgebucht. Momentan haben wir sehr viel Promotion um die Ohren. Wir haben es aber auch schon wieder geschafft, ein wenig neues Material zu schreiben. Ihr könnt einiges von uns erwarten in der Zukunft!
Was hat euch beim Schreiben der Songs beeinflußt? Waren es die gleichen Einflüsse wie 1992?
Absolut! Natürlich haben wir uns als Musiker weiterentwickelt, aber niemand hat sich nach 1995 noch eine Death Metal-Platte gekauft. Unseren Kick holen wir uns immer noch bei den Scheiben von damals. Das mag jetzt verrückt klingen, aber ich habe ENTOMBEDs „Left Hand Path“ sechs Mal im Schrank stehen. Und nicht, weil ich ein Sammler bin, sondern weil sie sich nach und nach abgenutzt haben. Sogar meine Mutter war irgendwann der Meinung, dass „Left Hand Path“ eine großartige Platte sei, haha! Wir mussten also nur wieder den Anschluss daran finden, wo wir 1993 aufgehört hatten.
Welche Bands verkörpern heute noch den Spirit, der Stockholm Anfang der 90er ausgezeichnet hat?
Schwere Frage. Kaum eine der Bands von damals kann das heute bieten. Vielleicht einzig UNLEASHED. Alle anderen haben so viele Originalmitglieder verloren, weswegen die Magie der Anfangstage verschwunden ist. Zudem haben sich viele auch musikalisch verändert. Gestern habe ich erfahren, dass Fred Estby DISMEMBER verlassen wird. Ich bin skeptisch, ob die Band das wegsteckt, denn Fred war von Beginn an eine der wichtigsten Figuren bei DISMEMBER. Ich würde mir in so einem Fall ganze genau überlegen, ob sich ein Weitermachen überhaupt noch lohnt. Sobald eine Band zu weniger als der Hälfte aus ihren Originalmitgliedern besteht, ist es kein Wunder, dass die Magie im Songwriting flöten geht. Im Nachhinein bin ich sehr glücklich, dass wir einmal mit DISMEMBER spielen konnten, bevor genau das eingetreten ist. Sie sind eine großartige Liveband und coole Typen. Ich wünsche Fred und DISMEMBER gleichermaßen alles Gute für die Zukunft. „Like An Ever Flowing Stream“ wird immer einer meiner größten Einflüsse bleiben.
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