Evocation
Interview mit Marko Palmén zu Illusions Of Grandeur

Interview

Evocation

Alle Menschen werden älter und bei vielen kommt die Reife noch dazu. Als EVOCATION 1993 ihren ersten Anlauf als Band starteten waren sie wohl noch zu jung, bereits 1993 war wieder Schluss. 2007 dann die Reunion und jetzt fünf Jahre später können die Schweden schon ihr viertes Album in fünf Jahren feiern. Mit Gitarrist und Gründungsmitglied Marko Palmén sprachen wir über Vergagenes und selbstverständlich auch Aktuelles, denn auch „Illusions Of Grandeur“ bietet genug Gesprächsstoff.

 

Bevor wir zu eurem neuen Album kommen: Vor einigen Wochen erschien mit „Evoked from Demonic Depths – The Early Years,“ ja noch die Wiederveröffentlichung eurer Demos. Endlich, wie ich anfügen möchte. Aber sag mal, warum erst jetzt? Ich meine die Aufnahmen sind ja ewig her und das Interesse doch bestimmt auch hoch?

Ja, da hast du absolut recht! Aber wir haben 2004 schon etwas von dem Demomaterial via Breath Of Night/Merciless Records veröffentlicht. Wie auch immer, das war wirklich eine Low-Budget-Geschichte und eine ganze Menge Material hat gefehlt, welches wir jetzt endlich auf der „Evoked From Demonict Depts – The Early Years“ veröffentlichen konnten. Als wir das Demomaterial auf Breath Of Night/Merciless Records veröffentlichten, bekamen wir lauter Nachrichten, wir hätten doch bitte allles an Material, was wir aus den frühen EVOCATION-Jahren finden konnten, auf die Scheibe packen sollen. Ich glaube diese Kommentare haben den Ausschlag dafür gegeben, dass wir eine vernünftige Veröffentlichung irgendwann in der Zukunft machen wollten.

Als Century Media ihr Interesse an so einer Veröffentlichung bekundeten, wollten wir bloß einen guten Zeitpunkt finden und als die Demos 2012 ihr 20-jähriges Jubiläum feierten, kamen wir zu dem Schluss, es sei perfekt, sie jetzt zu veröffentlichen. Dieses Mal haben wir so viel positives Feedback bekommen und ich bin wirklich froh darüber, dass wir das für die schwedische frühe 90er-Death-Metal-Szene realisieren konnten. Für uns war es auch großartig, dass wir das Kapitel schließen und all das Material aus den frühen 90ern in dieser Veröffentlichung verarbeiten konnten. Aber es gibt immer noch eine Sache, die wir planen, bevor wir den letzten Nagel in den Sarg der frühen Jahre schlagen; einen Einzelgig irgendwo bei einer besonderen Gelegenheit mit einer Setlist, die all das alte Material aus den frühen 90ern beinhaltet.

Mit Martin Toresson hat euch euer Bassist erst vor kurzem verlassen. Allerdings habt ihr mit Gustaf Jorde ja schon Ersatz gefunden. Hat sich der gute Mann schon in die Band eingelebt oder war er sogar noch irgendwie an „Illusions Of Grandeut“ beteiligt?

Martin verließ die Band im März 2012 und Gustaf kam im Juni 2012 dazu. Daher ist Gustaf der Band quasi direkt nach den Aufnahmen zu „Illusions Of Grandeur“ beigetreten. Dementsprechend hat er keinen Anteil an dem neuen Album. Ich denke, Gustaf hat dennoch seinen Platz in der Band gefunden. Er ist eine wirklich starke und vorrausschauende Persönlichkeit und gibt uns eine Menge Feedback zu Dingen, über die wir bislang nie nachgedacht haben, es ist wirklich großartig, einen Typen wie ihn in der Band zu haben. Er hat eine ziemlich positive Stimmung in die Band gebracht und kam bis jetzt schon mit einer Menge Input, wie wir die Band weiterentwickeln sollten. Derzeit freuen wir uns darauf, mit ihm die erste Tour zu spielen und natürlich freuen wir uns auch sehr darauf, ihn in der Zukunft als Teil des kreativen Prozesses dabei zu haben.

Nach dem ihr zuletzt auf Gastbeiträge verzichtet habt, ist mit Johann Hegg erneut ein prominenter Musiker mit von der Partie. Woran macht ihr fest, ob ihr einen Gast für einen Song mit an Bord nehmt und hätte Johann nicht besser zu „Divide And Conquer“ gepasst?;-)

Für das Album fühlte es sich einfach wie eine nette Dreingabe an, wenn wir ein paar Freunde einladen würden und als wir anfingen darüber zu sprechen, war Johans Name einer der ersten, der fiel. Einige Zeit davor, genauer im Mai 2011, waren wir auf Europatour mit AMON AMARTH. Auf dieser Tour verstanden wir uns wirklich sehr gut mit den Jungs und hatten eine großartige Zeit zusammen. Ich denke, der Grund, weshalb wir Johan gefragt haben, ist einfach, dass wir Johan wirklich mögen, er ist einfach ein netter, bodenständiger Typ mit einem großartigen Sinn für Humor und zu guter Letzt auch noch ein wirklich fantastischer Sänger. Jedes Mal, wenn er in der Nähe growlt, fängt irgendwer an sich zu wundern, woher der Donner gerade kommt, bis man dann irgendwann realisiert, dass es nur seine mächtigen Vocals sind, die dir diesen Gedanken einpflanzen. Heheheh, ich denke „Into Submission“ ist der perfekte Song für ihn. Es erinnert mich irgendwie an den klassischen AMON-AMARTH-Sound und wir hatten sogar den Arbeitstitel „Amon Amarth“ für den Song. Aber du hast recht, „Divide and Conquer“ würde ebenfalls perfekt passen.

Um kurz bei „Divide And Conquer“ zu bleiben. Der Song hat schon ein ziemliches AMON AMARTH-Feeling, dass in der Form ziemlich überraschend kommt. Ist der Song beabsichtigt so entstanden oder ist das purer Zufall?

Naja, der Hauptteil des Songs ist 2011 auf der Tour mit AMON AMARTH entstanden und hat daher schon eine gewisse Verbindung zu ihnen. Ich weiß noch, wie die Riffs zum Leben erwachten; es war bei einem Soundcheck auf einer der Shows der Tour. Ich fing einfach mit diesem harten Riffing-Part an und Janne stieg mit den Drums ein paar Sekunden später mit ein, später kam dann noch Vesa mit dem Lead-Guitar-Part dazu. Und als das erstmal gemacht war, haben wir es einfach aufgenommen und abgesehen von ein paar kleinen Änderungen wurden diese Teile die Hauptriffs des Songs. Wir alle liebten es sofort und dachten uns, das wäre eine wirklich coole Bereicherung auf dem neuen Album. Also ja, es hat definitiv eine Verbindung zu AMON AMARTH, da wir mit ihnen auf Tour waren und ihnen jede Nacht aufs Neue zuhörten. Zum Beispiel, daran erinnere ich mich gerade, wurden wir auch leicht von CANNIBAL CORPSE beeinflusst, als wir die letzten Parts für das „Apocalyptic“-Album schrieben, als wir von der Tour mit ihnen im Oktober 2009 zurückkehrten.

 

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Ich muss sagen, „Tales From The Tomb“ hat mich seinerzeit ziemlich umgehauen, bei eure Nachfolge-Alben hat es eine ganze Weile gedauert, bis sie völlig gezündet haben. Ähnlich ergeht es mir derzeit mit „Illusions Of Grandeur“. Die Songs sind zweifellos stark, dringen aber nicht sofort bis ins Langzeitgedächtnis. Ist das ein Phänomen, dass nur mich persönlich plagt oder ist das mit eurer musikalischen Entwicklung geschuldet, also dass eure Songs deutlich mehr versteckte Details enthalten oder Melodien, die erst nach und nach wirken?

Ja, ich denke das hat vermutlich etwas mit der Entwicklung der Band zu tun. Das „Tales From The Tomb“-Album ist meiner Meinung nach sehr einfach, aber es ist ein cooles Album und ich muss sagen, ich bin wirklich stolz auf alle Alben, die wir bisher gemacht habe. Jedes Album hat einen wichtigen Platz in der Geschichte von EVOCATION und man kann daran wirklich die Evolution der Band verfolgen. Für uns war es immer wichtig, sich als Band weiter zu entwickeln und besser an unseren Instrumenten, im Songwriting etc. zu werden. Wir versuchen immer, auf unsere Diskographie zurückzublicken und daraus Schlüsse zu ziehen, welche Teile der Band sich für das nächste Album entwickeln könnten. Wenn jemand nicht in der Lage ist, zurückzuschauen und zu sehen, was weiterentwickelt werden könnte, würde er für immer in einem Status des Stillstandes gefangen sein. Das Gleiche gilt für Bands, die nicht nach Weiterentwicklung suchen, sie werden auch alle in ihren Grenzen stecken bleiben, auf jeden Album.

Unsere Grenzen liegen im Death Metal und manche Leute sagen, es sei sehr eingeschränkt, nur mit Death Metal zu arbeiten. Aber für uns liegt die Herausforderung innerhalb dieser Grenzen und wir versuchen, konstant etwas Neues und Aufregendes innerhalb des Genres zu erschaffen. Um uns selbst bei der Stange zu halten, interessiert zu bleiben und Spaß dabei zu haben, müssen wir uns innerhalb dieser Grenzen weiterentwickeln. Würden wir einfach nur sturr dasselbe machen, würde bei uns ziemlich schnell die Luft raus sein und die Energie für ein neues Album fehlen. Aber da die Leidenschaft für Death Metal da ist und bleibt, wird es nie ein EVOCATION Album geben, das kein Death Metal ist. Wir sind einfach nicht fähig, irgendwas anderes als Death Metal zu machen, da wir ihn zu sehr lieben. Trends zu folgen ist nichts, woran wir interessiert sind.

Also um deine Frage zu beantworten:  Du hast vollkommen recht. Der Grund, weshalb du nicht sofort gepackt wirst, sind die vielen Details etc. auf den neueren Alben. Aber wenn es dich erstmal gepackt hat, packt es dich nachhaltiger als zum Beispiel „Tales From The Tomb“. Da das „Tales From The Tomb“-Album so einfach ist, denke ich, wird es auch leichter langweilig, also im Vergleich zu neueren Alben.

Wenn ich das aus den Titeln richtig ablese seid ihr auch euren textlichen Inhalten wieder recht treu geblieben. Gibt es nennenswerte Unterschiede zu den in der Vergangenheit, oder anders gefragt, gibt es ein speziellen textlichen roten Faden auf „Illusions Grandeur“?

Ich denke, die zentralen Themen auf diesem und den anderen Alben sind Thomas‘ Gedanken zu verschiedenen Dingen, die ihn beschäftigen. Zum Beispiel glaube ich, dass sein Hauptmotto im Leben ist: „Lass dich nicht blind von den Idioten führen“, das auch ein Thema auf „Illusions Of Grandeur“ ist. Das, was er versucht klar zu machen, ist, dass Leute sich selbst Gedanken über verschiedene Gegebenheiten machen müssen, ohne von anderen beeinflusst zu werden. Andere Leute haben vielleicht ein eigenes Interesse daran, dich in einer bestimmten Weise denken zu lassen. Ich denke, ich bin nicht in der Lage, das Thema noch weiter auszubreiten, da ich nicht die Texte in der Band schreibe und auch keine wirkliche Einsicht auf die inhaltlichen Themen besitze.

Ihr habt für das ArtEvocationwork erneut mit Michael Xaay Loranc, der schon für die Gestaltung von „Apocalyptic“ verantwortlich war, zusammen gearbeitet. Magst du uns etwas mehr über den Zusammenhang von Musik und Bild auf „Illusions Of Grandeur“ erzählen, denn alein schon bei den Farben gibt es ja einige Unterschiede zu euren vorherigen Motiven.

Ja, das ist richtig, wir haben die Zusammenarbeit mit Xaay auf unseren letzten Album „Apocalyptic“ begonnen und ich denke, wir werden sie auch für eine ganze Weile fortführen. Aus meiner Sicht spiegelt das Artwork den Titel „Ilussions of Grandeur“ nahezu perfekt wieder. Es ist eine Vision von einem antiken Imperium auf seinem Höhepunkt, aber man kann auch schon den Verfall des Imperiums sehen, wenn man das Artwork genau betrachtet. Im Vordergrund sieht man schon, dass der Tempel begonnen hat zu bröckeln. Wenn du nur einen schnellen Blick riskierst, siehst du eine großartige Vision der Herrlichkeit, welche sich aber als Illusion der Herrlichkeit herausstellt, sobald du es näher betrachtest. Man kann fühlen, dass etwas mit diesem Imperium furchtbar schief läuft. Irgendwie ist es Xaay gelungen, genau das einzufangen, was wir als Band ausdrücken wollten. Normalerweise geben wir ihm nur den Albumtitel und die Lyrics für den Song, der in diesem Fall der Titeltrack ist und lassen ihn dann einfach arbeiten. Er ist ein sehr selbstständiger Künstler und braucht nicht allzu viel Input. Es scheint als würde Xaay nahezu genauso ticken wie wir, wenn es um’s Artwork geht.

 

Ihr musiziert ja beinahe in komplett derselben Besatzung wie vor über 20 Jahren und seid seit der Reunion deutlich länger als Band vereint als damals. Woran liegt das oder kommt das schlicht mit der Reife?

Ja, wir haben in den frühen 90ern nur zwei Jahren existiert und jetzt arbeiten wir seit der Reuinion 2005 sieben Jahre zusammen. Und wir sind derzeit exakt dasselbe Line-up wie 1991, als wir EVOCATION  starteten. Der einzige Neue in der Band ist Gustaf Jorde, unser Bassist seit dem Sommer 2012. Die Position des Bassisten ist die einzige, die von Anfang an immer rotiert ist. Ich denke, der Grund hinter unserem stabilen Line-up und unserer langen Lebenszeit ist, dass wir erwachsen geworden sind und heute besser in der Gruppe arbeiten. Wir haben gelernt, Kompromisse zu schließen und Spaß zusammen zu haben, was aus meiner Sicht der wichtigste Punkt ist. Ohne dem Element, dass wir zusammen Spaß haben, würden wir heute nicht hier sein.

Ihr seid ja quasi alte Hasen, trotz eurer langjährigen Pause mit EVOCATION. Wie hat sich die Szene entwickelt und woran liegt es deiner Meinung nach, dass schwedischer Death Metal wie ihr ihn spielt (oder diverse ältere und auch jüngere Bands) immer noch so ein großes Publikum hat? schließlich entwickelt sich Musik ja auch immer weiter und es gibt diverse neue Trends.

In den Jahren, die seit den Früh-90ern vergangen sind, haben sich die meisten Bands, die damals Teil der Szene waren, verändert oder weiterentwickelt. In manchen Fällen war diese Entwicklung gut, in manchen schlecht. Für unseren Teil war diese Entwicklung ausschlaggebend dafür, wieder spielen zu wollen. Wir haben den Death Metal der frühen 90er so sehr vermisst, dass wir dachten, die Szene bräuchte eine tödliche Injektion Death Meta,l wie er sein sollte. Wie auch immer, ich muss sagen, dass viele von den neuen Bands aus Schweden Schwierigkeiten haben zu erfassen, worum es beim Death Metal aus Schweden der frühen 90er ging. Heute klingt die schwedische Szene sehr nach der amerikanischen, mit zwei unterschiedlichen Richtungen – dem Death Metal im AUTOPSY-Stil, mit Punk Einflüssen und dem Florida-Death-Metal, der sehr auf Technik fokussiert ist. Ich für meinen Teil bevorzuge deutlich eher schwedischen Death Metal, der sich vom amerikanischen Death-Metal-Stil unterscheidet und es gibt wirklich wenige Bands hier in Schweden, die diesen Stil spielen. Also abseits davon, dass die schwedische Szene stärker ist als je zuvor, ist es fast paradox, dass es immer weniger Bands für mich zum Anhören gibt … .

Beim schwedischen Death Metal geht es vor allem um Melodie, Groove und coole Hooks. Ich glaube, das Genre ist ziemlich zeitlos und viele von den Alben im Früh-90er-Stil klingen immer noch großartig. Vielleicht ist dass der Grund, warum es so viele alte und junge Leute gibt, die schwedischen Death Metal hören. Die Alten genießen immer noch die alten Alben und die jüngeren werden von dem zeitlosen Sound und den Strukturen der Songs gepackt.

Ihr spielt ja demnächst wieder eine ausgedehnte Tour. Wie steht’s denn mit der Vorfreude? Und wie seid ihr mit den anderen Bands schon in Kontakt gekommen?

Ja, wir freuen uns sehr darauf, mit dem Album auf Tour zu gehen. Das wird die erste Tour mit unserem neuen Bassisten und wir haben auch eine komplett neue Produktion und Crew mit auf der Tour. Dementsprechend wird es eine sehr aufregende Tour für uns alle. Die Supportbands kennen wir bislang noch nicht, außer den beiden, die auf den beiden schwedischen Shows mit von der Partie sind. Dort haben wir einige Freunde in einer Band, die SKINEATER heißt, die als Support auftreten werden. Sie sind eine neue Death-Metal-Band mit Mitgliedern von CARNAL FORGE und RAISED FIST. Wirklich cooles Zeug und es ist wirklich großartig, sie für die ersten beiden Shows der Tour mit dabei zu haben.

So, dann lass uns langsam mal zum Ende kommen. Ich danke dir vielmals für das Interview und überlasse selbstverständlich dir die letzten Worte.


Danke dir vielmals für das Interview und ich hoffe, euch alle auf der Tour zu „Illusions Of Grandeur“ zu sehen!

17.10.2012

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