War From A Harlots Mouth
War From A Harlots Mouth

Interview

Die Berliner WAR FROM A HARLOTS MOUTH liefern in Kürze mit "In Shoals"ihr zweites Album ab. Über die Entwicklung der Band und alle weiteren wichtigen Infos zum neuen Werk gab Gitarrist Simon bereitwillig Auskunft.

War From A Harlots MouthMoin, ich hoffe ihr seid alle wohlauf.

Hey! Ja, wir sind allesamt wohlauf, trotz eines nicht so positiven Wochenendes, das wir gerade hinter uns gebracht haben. Am vergangenen Freitag sollten wir in Frankfurt an der Oder spielen und leider befanden sich im Publikum und sogar im Backstage viele Gestalten mit faschistischer Gesinnung. Von Hitlergrüßen bis Arian Brotherhood T-Shirts war quasi alles vertreten, gegen das wir einstehen. Wir mussten also unsere Konsequenzen ziehen und haben das Konzert nach einer stundenlangen Diskussion im Endeffekt nicht gespielt, weil das unter solchen Bedingungen einfach nicht drin ist.
Natürlich sind wir alle noch ein bisschen aufgewühlt deswegen, aber es ist trotz einer gehörigen Spannung in der Luft schlussendlich „nichts weiter“ passiert. Wen im Detail interessiert, was da so abgelaufen ist, kann sich ja mal auf unserem MySpace den aktuellsten Blog durchlesen. Es war jedenfalls erschreckend, wie breit die Akzeptanz für die Nazischeisse dort gewesen ist und das Erlebnis werden wir wohl so schnell nicht vergessen.

Um gleich mal mit dem neuem Album einzusteigen, auf „In Shoals“ geht ihr wesentlich besonnener zur Sache und nicht mehr ganz so chaotisch, wie kommts?

Wir haben uns bewusster all unseren Einflüssen gewidmet. Unser Debüt „Transmetropolitan“ ist in einer Zeit entstanden, in der wir als Band noch nicht lange zusammen waren und der Songwriting Prozess geschah damals recht zusammenhangslos und spontan. Wir puzzelten halt zusammen, was uns so einfiel und es funktionierte so auch ganz gut, aber für dieses Mal wäre es nicht das richtige gewesen.
Uns war es wichtiger, Songs mit mehr Tiefe zu schreiben. Und die Betonung liegt dabei klar auf Songs. Richtige Songs. Keine Ansammlungen von Parts. Wir haben auch versucht, einen atmosphärisch schlüssigen roten Faden in das Material für „In Shoals“ zu kriegen und einen dynamischeren Fluss. Wir sind denke ich als Band einfach sehr zusammengewachsen in den letzten Jahren und konnten das im Songwriting Prozess umsetzen. Die verstrichene Zeit hat uns dabei geholfen, uns unserer Einflüsse und dem, was wir wollen bewusster zu werden.

Ich denke mal es gab schon so einige Reaktion auf das Album, wie fielen die aus und interessieren euch Rezensionen überhaupt?

Sie interessieren uns schon, aber sie beeinflussen uns natürlich nicht. Die meisten Kritiken aus der Presse sind bisher ziemlich positiv ausgefallen, das freut uns natürlich sehr! Leider ist „In Shoals“ schon vor einigen Wochen im Internet aufgetaucht und somit gab es auch auf einigen Foren und Plattformen wie last.fm Feedback darauf. Viele scheinen mit der leicht veränderten Marschrichtung noch so ihre Schwierigkeiten zu haben, aber auch das beeinflusst uns im Endeffekt nicht. Man sollte sich das alles nicht so zu Herzen nehmen, wenn man zu und hinter dem steht, was man abgeliefert hat. Und das ist der Fall.
Außerdem muss man Kommentare wie „Ich bin zwar grad erst beim dritten Song, aber die alten Sachen waren viel viel besser, das kann ich ich jetzt schon sagen!“ nicht so ernst nehmen, denke ich. Sowas sorgt bei uns immer für gute Stimmung. 😉 Und von dem Kaliber gibt es einiges zu lesen, haha! Natürlich braucht ein Album Zeit, besonders bei Musik wie unserer, die nun mal einfach nicht besonders eingängig ist.

Gerade dadurch, dass die Platte anders klingt als der Vorgänger, besteht da nicht die Sorge alte Fans zu verschrecken? Wobei, haha, ihr dürftet auch eine Menge neuer Fans hinzugewinnen, mir gefällt die Platte jedenfalls deutlich besser als euer Debüt.

Ha! Da habe ich bei der letzten Antwort ja schon ein bisschen was vorweg genommen. Aber konkret gesagt machen wir uns darüber nicht so die Sorgen. In erster Linie machen wir Musik für uns, wir haben also eigentlich nur eine Priorität: Es muss uns gefallen. Alles weitere das sich ergibt, ist halt ein glücklicher Umstand. So lange wir uns künstlerisch bzw. musikalisch vollkommen ausleben können, ist unser Ziel also erreicht.
Man kann sowieso nie alle glücklich machen. Die einen werden diese Veränderungen begrüßen, die anderen eben nicht. Ein wirklicher Fan wird sich hoffentlich zumindest die Zeit nehmen um herauszufinden, wie er mit unserem neuen Material klarkommt.

Nach wie vor finden sich bei euch viele unterschiedliche Einflüsse u.a. auch Jazz, wie kams eigentlich dazu so viele Ideen zu verbraten und in Songs zu verpacken?

Pure Experimentierfreude! Wir haben diese Band als Nebenprojekt gegründet und wollten uns musikalisch einfach vollkommen ausleben. An der Grundidee hat sich bis heute nichts geändert, nur das wir kein Projekt mehr für nebenbei sind. Wir alle haben halt einen sehr weit gefächerten Musikgeschmack und die Einflüsse, die wir bei WFAHM verarbeiten, sind im Endeffekt auch nur ein Auszug daraus. Man kann unmöglich alle persönlichen Einflüsse unter einen Hut bringen, das versuchen wir auch nicht. Aber die Elemente die wir benutzen, harmonieren für uns gut miteinander und deshalb lassen wir sie in unsere Musik einfließen.

Das bringt mich auch direkt zur nächsten Frage. Ist das Songwriting nicht unglaublich anstrengend? Ich stelle es mir ziemlich schwer vor, so viele verschiedene Ideen, Einflüsse usw. in wirkliche Songs zu verpacken und nicht eine willkürliche Aneinanderreihung von verschiedenen Parts zu fabrizieren.

Naja…wenn man bei dieser Vielzahl von Ideen anfängt, eine gewisse Homogenität in das Material einarbeiten zu wollen, wird das Songwriting schon ein bisschen anstrengender. Allerdings muss ich sagen, dass sich das Schreiben der Songs für „In Shoals“ ganz natürlich anfühlte und uns leichter von der Hand ging, als ich bei dem Masterplan, den wir für das Album hatten, erwartet hätte. Aber wenn man erstmal mit seinen Zutaten umgehen kann, funktioniert es auch mit dem kochen…;)

Es ist auch das erste Album welches ihr mit Nico Webers am Gesangsposten aufgenommen habt. Ich finde er passt recht gut mit seiner Stimme zu euch, wie hat er sich denn in die Band eingefunden? Und hattet ihr bedenken, dass er Steffen nicht ersetzen könnte?

Wir sind sehr zufrieden mit dem Job, den Nico im Studio gemacht hat. Seine Stimme ist sehr vielfältig und deckt noch ein paar mehr Lagen ab, als die unseres alten Sängers. Wir hatten auch nicht wirklich Angst, dass er Steffen nicht ersetzen können würde, da wir wussten was er kann und das passte zu dem, was wir uns für die Zukunft stimmlich vorstellten. Nicos Stimme passt auch wirklich sehr gut zu dem Weg, den wir mit dem neuen Material eingeschlagen haben. Er hat sich auf jeden Fall gut in die Band eingearbeitet und mittlerweile ist er auch der Sänger, mit dem wir deutlich mehr Shows gespielt, mehr Zeit verbracht und mehr Erfahrungen gesammelt haben.

Das Cover von „In Shoals“ ist auch deutlich düsterer als noch auf „Transmetropolitan“. Gab es dafür bestimmte Gründe?

Ja, die gab es auf jeden Fall. Es war uns wichtig, dass das Artwork gut zu den Texten und dem Konzept des Albums passt. Die Texte sind etwas politischer und recht kritisch ausgefallen und thematisieren Dinge wie Überwachungs- und Polizeistaatszenarien, Religion, Massenmedien, Konspirationen / Konspirationstheorien und so weiter. Dazu hätte ein knalliges Artwork wohl kaum gepasst.
Zusätzlich ist es zugegebenermaßen so, dass aufgrund der sarkastischen Songtitel auf unserem Debüt nicht wenige auf die Idee gekommen sind, wir seien eine „Spaßband“. Unsere Texte waren eigentlich schon immer ernster Natur, wir haben aber teilweise eben mit schwarzem Humor und Ironie gespielt und man hat uns dann schnell in einen Topf mit Bands geworfen, mit denen wir einfach nichts gemeinsam haben. Ein knalliges Artwork unterstützt so einen Eindruck manchmal zusätzlich und dieses Mal wollten wir sichergehen, dass die optische Wirkung mehr dem Inhalt entspricht.

Um mal zum etwas allgemeineren Teil zu kommen. Insgesamt scheint ihr ziemlich gut anzukommen, Headlinertouren, Plattenvertag bei einem recht populären Label, soweit ich weiß habt ihr damit zu Beginn nicht mal annähernd gerechnet, wie fühlt sich der Erfolg jetzt nach ein paar Jahren an?

In erster Linie ist es toll, dass wir die Möglichkeit haben, so viele Shows / Touren zu spielen, Platten aufzunehmen und zu veröffentlichen und auf diesem Wege etwas von der Welt zu sehen. Das macht mich persönlich sehr glücklich und ich denke, das gilt für jeden von uns. Wir haben viel erlebt in den letzten Jahren, aber man darf bei all dem immer nicht vergessen, dass man quasi ohne damit Geld zu verdienen den Großteil der Zeit die man hat auf Achse ist. Es passieren auch regelmäßig Sachen, die nicht so erfreulich sind…man verliert haufenweise Geld auf irgendwelchen Touren, wie z.B. auf unserer US Tour, muss ständig investieren und Risiken eingehen und fällt damit auch mal auf die Schnauze…und sowieso ist „Erfolg“ relativ.
Aber beschweren tun wir uns natürlich nicht. Wir wollen das machen und dafür muss man eben auch zurückstecken. Privat und finanziell. Wenn man bedenkt, dass das wie schon erwähnt mal als Spaßprojekt anfing und wir mittlerweile in Städten wie Moskau oder New York Shows gespielt haben, ist das schon eine großartige Erfahrung, die keiner von uns missen möchte. Wäre nur schön, wenn man irgendwann mal die nötigsten Rechnungen damit bezahlen könnte…

Um mal aufs Internet zusprechen zu kommen. Soweit ich weiß steht ihr der ganzen Download-Geschichte ziemlich negativ gegenüber. Ich persönlich bin da recht zwiegespalten, da ich sowieso immer Original-CDs kaufe, bei der Masse an Veröffentlichungen aber sehr dankbar bin, wenn ich vorher reinhören kann. Andererseits gibt es auch viele, die nur downloaden. Hat sich denn etwas an eurem Denken darüber geändert? Eine gute Promotion bleibt es doch trotzdem.

Sooo negativ stehen wir der Sache eigentlich nicht gegenüber. Es ist zwar nicht unbedingt erfreulich, dass die Moral zum Kauf einer CD oder LP so sehr gesunken ist, aber ändern kann man es ja sowieso nicht. Im Endeffekt ist das Gesamtprodukt in Form von MP3-Dateien nicht ordentlich und persönlich genug repräsentiert, aber so schnelllebig wie bei den Kids heute die Trends kommen und gehen, wundert mich auch nicht, dass die Auseinandersetzung mit Musik als Kunst bei vielen nicht so sehr stattfindet.
Ich habe auf der anderen Seite aber auch Verständnis dafür, dass sich nicht jeder ständig CD’s leisten kann. Und besonders, wenn man sich nicht sicher ist, ob einem eine Band gefällt, ist es wohl schon eine bequeme Lösung, durch einen Download erstmal abzuchecken, wie es damit aussieht und sich somit die Investition des Kaufs eben durch den Kopf gehen zu lassen. Am Ende hofft man halt, dass diejenigen unter den Downloadern, denen die Musik gefällt und etwas bedeutet, dann auch bereit sind, in einen richtigen, echten Tonträger zu investieren.

Demnächst geht ihr auf die Thrash And Burn Tour mit u.a. Darkest Hour und Bleeding Through. Freut ihr euch schon im Vorfeld auf solche Touren und was denkt ihr über die anderen Bands, mit denen ihr quer durch Europa tourt?

Das ist auf jeden Fall die mit Abstand dickste Tour, die wir bis jetzt gefahren sind. Dementsprechend sind wir ziemlich aufgeregt und gespannt darauf, wie das so ablaufen wird. Mit anderen Worten: Ja, wir freuen uns auf diese Tour! 😉
Über die anderen Bands denken wir mit gemischten Gefühlen. Darkest Hour haben wir in den US of A zufällig kennen gelernt, da sie einen Offday ihrer Tour hatten und einfach auf unsere Show mit aufgesprungen sind. Die waren obersympathisch und sie sind eine gute Liveband. Außerdem wissen wir deren Punkrock-Attitüde zu schätzen. Das sind keine Rockstars, trotz ihres Erfolgs. Carnifex ist zum Beispiel dann wieder so eine Band, der wir geschlossen überhaupt nix abgewinnen können. Zu einigen Bands haben wir auch noch nicht so die richtige Meinung, das wird sich dann alles auf Tour herausstellen, wenn man sich erstmal kennen lernt und sieht, wie die Bands live sind…da trennt sich ja manchmal auch noch die Spreu vom Weizen.
Ich persönlich freue mich jedenfalls sonst noch auf Beneath the Massacre. Die haben technisch einiges aufm Kasten und auch textlich einiges zu bieten…außerdem ist der Breakdown in „Nevermore“ live so brutal, wie kein anderer. 😉

So, ich denke das war es soweit. Ich bedanke mich recht herzlich für das Interview und wünsche euch viel Spaß auf der Tour. Die letzten Worte gebühren natürlich dir…hau rein!

Vielen Dank! Ich nutz die Gelegenheit, um noch mal auf unsere kommende Platte aufmerksam zu machen… „In Shoals“ kommt am 24.04. raus und man kann sie bereits bei Lifeforce Records pre-ordern, mit Shirt und Poster! Wir werden einige der neuen Songs auf der T&B Tour spielen und hoffen, dass sich die Leute ein bisschen mehr Zeit für Musik nehmen und dafür weniger Zeit und Geld in coole Klamotten investieren. Würde keinem weh tun…;)

Peace!

09.04.2009

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