Cradle of Filth - Cryptoriana - The Seductiveness of Decay

Review

CRADLE OF FILTH sind (mal wieder) zurück und legen tatsächlich ihr vierzehntes (!) Studioalbum vor. Glaubt man meinen Vorgängern bei metal.de, so haben die Briten zuvor auch wenig schlechtes Material auf den Markt geworfen. Lediglich „Damnation and a Day“ (2003) erhielt weniger als acht Punkte, jedenfalls in Bezug auf die Studio-Alben.

Dennoch, der letzte wirkliche Meilenstein gelang CRADLE OF FILTH vor genau siebzehn Jahren, nämlich mit „Midian“. Ein Album, welches gleichermaßen den kommerziellen Durchbruch, als auch einen Wendepunkt in der Bandgeschichte darstellte. Kein Album nach „Midian“ konnte mein persönliches Interesse nachhaltig wecken.

„Cryptoriana“ – hinein in das Wunderland des viktorianischen Horrors

Die Bühne von „Cryptoriana“ bildet das obskure Zeitalter der viktorianischen Epoche, welches als roter Faden, allerdings nicht als Konzept, fungiert und die einzelnen Songs wie Kurzgeschichten verbindet.

Nach dem kurzen „Exquisite Torments Await“, welches eher Introcharakter hat, startet das Album sogleich mit der ersten Single „Heartbreak and Seance“. Der Song ist ein guter Querschnitt des Albums, da dieser Black-Metal-Passagen im Stile von späteren CRADLE OF FILTH mit symphonischen Elementen verbindet. Natürlich gehen die Briten im Jahre 2017 nicht mehr so ungestüm und brutal wie vor zwanzig Jahren zu Werke, die Handschrift der Band ist allerdings weiterhin offensichtlich. Zudem sind Annäherungen an den Geschmack der Masse eher marginal.

Nicht als erste Single geeignet, aber dafür umso druckvoller und kompromissloser steht das anschließende „Achingly Beautiful“, vermutlich eines der besten CRADLE OF FILTH-Stücke der letzten siebzehn Jahre. Dani Filth fährt zu Höchstleistungen auf und verwandelt diesen flotten Song zu einem echten Ohrwurm. Der opernhafte Anstrich des Songs wird durch einen Break im Mittelteil unterstrichen. Der anschließende Break-Down vereint bekannte Trademarks der Band, welche auch heute noch gerne genommen werden.

In eine ähnliche Kerbe schlägt der ebenfalls sehr harsche, aber zugleich episch, Track „Wester Vespertine“, der zudem mit einem gelungenen Gitarrensolo aufwartet. „The Seductiveness of Decay“, als Titeltrack des Albums, steht ungefähr mittig und marschiert sehr straight nach vorne. Schlagzeug, Bassläufe und Chöre peitschen dieses Stück nach vorne.

Das letzte Drittel beginnt vielversprechend…

Im letzten Drittel des Albums steht mit „Vengeful Spirit“ eine Kooperation mit Liv Kristine (ex-THEATER OF TRAGEDY), in der Dani und Liv das tun, was sie am besten können – kreischen bzw. singen. Ein flotter, abwechslungsreicher Song, der ohne Probleme auch auf früheren Alben hätte stehen können.

Als zweite Single wurde „You Will Know the Lion by His Claw“ ausgewählt. Trotz des ziemlich ansprechenden Titels und dem packenden Opener-Riff gehört dieses Stück, neben dem ebenfalls eher enttäuschenden „Death and the Maiden“ zu den schwachen Stücken des Albums. Der dynamische Beginn von „Cryptoriana“ verliert sich am Ende etwas.

Die Albumversion wird zudem noch weitere Bonus-Stücke, u.a. ein Cover von ANNIHILLATOR, enthalten, welche mir aktuell aber leider nicht vorliegen. Im Interview schwärmte Dani Filth jedenfalls von diesen Stücken, sodass man hier durchaus gespannt sein darf.

CRADLE OF FILTH – Meister der Black-Metal-Oper!

CRADLE OF FILTH fahren mit „Cryptoriana“ die Krallen aus, auch wenn das letzte Drittel nicht mehr voll überzeugen kann. Das Album ist eine nahezu perfekte symphonische Black-Metal-Oper, welche alte und neue Tugenden der Band vereint und, man möchte fast sagen, versöhnt. Nach der ebenfalls schon guten „Hammer of the Witches“ nähern sich CRADLE OF FILTH einer neuen Höchstform.

 

18.09.2017

Stellv. Chefredakteur

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