Finntroll - Ur Jordens Djup

Review

Rotation der Bandmitglieder, davon können auch FINNTROLL ein munteres Humppa-Liedchen singen. Obwohl, ein Trauermarsch wär in diesem Falle wohl angebrachter, denn die Band machte (zu) früh Bekanntschaft mit Schnitter und gemeinen Krankheiten. Nun also wiedermal mit neuem Vocalist bewehrt, kommt die Trollhorde aus Finnland endlich mit ihrem sehnlichst erwarteten neuen Rundling „Ur Jordens Djup“ aus der zugeschneiten Höhle gekrochen, fellumhangen und streitaxtbewehrt. Es hätte einen schon wundern müssen, wenn die Ereignisse der letzten Jahre spurlos an den wunderlichen Waldbewohnern vorbeigegangen wären, denn wie schon das farbreduzierte Cover andeutet, hat eine dunklere Seite von FINNTROLL Besitz ergriffen.

Ein Intro, das an ihre Brüder im Geiste MOONSORROW, aber auch an EDWARD GRIEG, erinnert, eröffnet die Scheibe. Illustriert wird anscheinend zunächst ein Märchenfilm, bis dann gemein die Trolle angepoltert kommen, vielleicht auch Orks. Was dann zu hören ist, klingt bedeutend dunkler, wilder, blackmetallischer als die früheren Werke der Band. Sicher, es gibt Folkparts, Vikingatmosphäre und das trollish-Flair der Vergangenheit, aber sparsamer dosiert. Der heisere Gesang tur sein übriges. „Sang“ tönt opulent, mit Hall, dramatisch, ein wenig Abkupferei bei klassischen russischen Tänzen wird gerne betrieben (das gabs bei FINNTROLL ja schon früher), auch im Song „Korpens Saga“. „Nedgang“ bietet Midtempo, auch hier wieder orientalische Melodien; der Angriff der Krimtataren scheint bevorzustehen. Intoniert wird immer in der gleichen heiser-krächzenden Art, ein wenig Gefauche kommt hin- und wieder dazu. Spätestens beim Track „Ur Djupet“ merkt man, dass dieses groovige, melodische, dunklere Konzept wohl über die ganze Scheibe beibehalten wird. Die Humppa-Elemente finden nurmehr als Ornamente Verwendung; im Mittelpunkt stehen sie nicht mehr. Die plakativen akkordeonartigen Parts der Vergangenheit sind auch einer eher dem Viking (fast möchte man -Rock ergänzen) verhafteten Spielweise gewichen.

Frühere THYRFING haben uns mit ähnlichen Klängen bekannt gemacht. Die rockigen Gitarren verwenden auch XIV DARK CENTURIES, allerdings rifforientierter und kompakter. In ihren epischen Momenten wären FINNTROLL auch eine gute Ergänzung zu MOONSORROW. „Slagbroder“ läßt Fanfaren schmettern. „En Maktig Har“ beginnt akustisch; dieser Track wird, ich darf es vorweg nehmen, zum besten des Albums mutieren. Hier erinnern FINNTROLL an „Midnatten Widunder“, das bisher stärkste Werk der Band. Denn ein flottes rhythmisches Break durchzieht in Variationen den Song; fast meint man, den Reiter Lee van Cleef aus dem Dunst auftauchen zu sehen, seine Winchester blinkend im Anschlag. ENNIO MORRICONE wird gekonnt zitiert, auch das haben sie ja schon früher gern getan, ähnlich wie ENSIFERUM. Ein typischer FINNTROLL-Song, mitreissend, treibend, variabel, herrlicher Kitsch. Der folgende verschachtelt aufgebaute Track „Ormhaxan“ hat eine verführerische Melodie in seinem Zentrum zu bieten, auch hier die Fanfaren, ohne die FINNTROLL einfach nicht denkbar wären. „Maktens Spira“ ist endlich ein Speedtrack, Folklore trifft treibendes Schlagwerk und galoppierende Gitarren. „Under Tva Runor“ enthält narrative Passagen und eine hochmelodische Auflösung; die Songstruktur ist verwinkelt. „Kvallnig“ ist eher ein akustisches, recht lang geratenes Experiment mit der unvermeidlichen Ghosttrack-Pause, am Ende sogar fröhlich.

Für mich haben FINNTROLL mit dieser CD einen Schritt zur Seite gemacht. „Ur Jordens Djup“ erinnert durchaus an das Debut, geht dabei jedoch noch deutlicher in Richtung älterer THYRFING, als die ihre Fanfaren-Phase durchlebten. Ein wenig haben FINNTROLL ihre Trademarks aufgegeben, denn fröhlich gefeiert wird selten, dafür um so auffälliger ganz am Ende des Ghosttracks. Der Melodic-Black-Metal-Anteil ist nun vordergründiger; dabei wird schon noch getanzt und geschunkelt, doch eher um böse Geister zu verscheuchen oder um sich Mut vor der bevorstehenden Attacke der feindlichen Steppenreiter einzupflanzen. Die Tracks ähneln sich ein wenig in Aufbau und Machart; dadurch braucht es seine Zeit, bis das Songmaterial zündet. Mir gefällt das recht gut, allerdings etwas mehr „Midnatten Widunder“ hätte mir auch zugesagt. Und klein wenig facettenreicherer Gesang wär auch nicht übel. Wie dem auch sei, nach den Ereignissen ihrer bewegten Bandhistorie mussten sie sich verändern, und das haben sie getan.

26.03.2007
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