In Flames - Down, Wicked & No Good

Review

Angesichts einer neuen Veröffentlichung aus dem Hause IN FLAMES kann man sicher sein, dass die hitzige Diskussion über Herkunft, Entwicklung und Linientreue erneut hochkocht. Dass jeder – zum Teil in schriftlicher Form und öffentlich zugänglich – eine wie auch immer geartete Meinung über das musikalische Schaffen anderer hat und diese kommunizieren kann, steht außer Frage. Dass man sich herausnimmt, zu fordern, dass eine Band einen bestimmter Weg nicht verlassen oder aber (wieder) einschlagen sollte, nicht. Denn gerade der Umstand, dass sich der künstlerische Ausdruck, den Musik ja bestensfalls darstellt, an den Reaktionen Dritter ausgerichtet, kommt – der bescheidenen Meinung der Rezensentin nach – eher einem Verrat gleich als alles andere. Und selbst wenn die Motivation wirtschaftlicher Natur ist (was im Detail keiner außer den Künstlern selbst wissen kann), ist das in erster Linie das Problem der Künstler und ihrem Selbstverständnis. Die Energie, die man aufwendet, sich über die Entwicklung einer Band aufzuregen, kann man ja auch einfach konstruktiv in die Suche nach Musik investieren, die dem eigenen Geschmack entspricht.

Aber zur Sache: Die Cover-EP „Down, Wicked & No Good“ umfasst vier Tracks aus fremder Feder. Den Auftakt gibt „It’s No Good“ von DEPECHE MODE. IN FLAMES haben ihrer Version etwas Drive verliehen. Die Basis aus dem Synthie-Pop-Bass und den fluffigen, aber dezent drückenden Gitarren bringt steten Vorschub, der beim Original fehlt. Nummer Eins: gelungen!

Bei „Down In A Hole“ von ALICE IN CHAINS frischen die Schweden einerseits mithilfe der Pianobegleitung den Balladenanstrich auf. Andererseits gibt das reduzierte, statische Arrangement und der Fokus auf den Gesang dem Track mehr Energie und Linie. Nummer Zwei: gelungen!

CHRIS ISAAKs „Wicked Game“ hat ganz im Stil des Openers einen Synthi-Pop-Charakter bekommen. Auch das arge Geschmachte des Originals hat Anders Fridén zumindest abgemildert. Bei allen drei bisherigen Tracks fällt allerdings auf, dass sein Gesang zwar durchweg solide, aber insbesondere in tiefen Lagen nicht unbedingt brilliant ist. Nummer Drei: Kann man schon so machen!

Da liegt ihm brüchiges Geschnarre wie bei der abschließenden Live-Aufnahme von „Hurt“ (TRENT REZNOR) doch etwas besser. Wobei der Track so nah an der Version von JOHNNY CASH ist, dass er beinahe dem Versuch einer Imitation gleicht, vom gelittenen Refrain abgesehen. Der wirkt als reine Audioversion auch etwas drüber, was beim Live-Erlebnis deutlich anders sein kann. Zumindest die Begleitung hat ihren Charme. Über die Frage, ob da wirklich weite Teile mitgeklatscht werden, möchte die Rezensentin lieber nicht genauer nachdenken. Nummer Vier: Hätt‘ jetzt nicht zwingend sein müssen, aber geht.

„Nach-‚Clayman‚-ging’s-bergab“-Fans und Schmalspurhörer sollten um „Down, Wicked & No Good“ einen Bogen machen. Wem 80er Synthies liegen und wer Bock auf nette 20 Minuten Schonkost hat, kann getrost zugreifen. Alle anderen dazwischen mögen zur allgemeinen Weiter- und Meinungsbildung mal reinhören.

 

18.11.2017
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