In Flames - The Jester Race

Review

Mit diesem Album bewiesen die Mitbegründer der NWOSDM („New Wave of Swedish Death Metal“), warum sie zur Speerspitze dieses Genres gehören, denn was man hier dem Hörer vor den Latz knallt, ist Melodic Death Metal in Perfektion. Schon das Debüt „Lunar Strain“ ließ aufhorchen, verband es krachenden Death Metal mit Spitzenmelodien und folkloristischen Einsprengseln. Folglich war die Spannung auf das zweite Album der Formation um Gitarrist und Hauptsongwriter Jesper Strömblad sehr groß und mit der zuerst erscheinenden MCD „Subterranean“ ahnte man, dass etwas großes folgen würde.

War schon die Mini-CD in meinen Augen ein Meilenstein, ist „The Jester Race“ ein Werk des Melodic Death Metal, das keiner bis heute toppen konnte. Ein großer Vorteil dieses Albums ist, dass IN FLAMES eine der ersten Bands waren, die harten Death Metal mit melodischen Gitarrenleads, die aus dem Power Metal hätten stammen können, verbanden, immer auf dem schmalen Grat zwischen Härte und Melodie. Für dieses Album fand man nun auch einen geeigneten Sänger, Anders Friden, dessen aggressive Stimme einen hohen Wiedererkennungswert hat und nie in stumpfe Grunts ausartete. Auch auf dem Drumhocker fand Jesper Strömblad nach dem Abgang von Daniel Erlandsson einen kongenialen Partner, nämlich Björn Gelotte, der nicht nur versiert das Drumkit verprügeln konnte, sondern auch ein guter Gitarrist ist (nach dem Album „Whoracle“ wechselte er von den Drums an die Gitarre).

Auf diesem Album stehen natürlich viele konventionelle Stücke: schnell, hart, melodisch, eingängig, aggressive Vocals, geil! Als Beispiel sei hier der Doublebass-Kracher „Artifacts Of The Black Rain“, „Lord Hypnos“ (beide haben geniale Gitarrenmelodien) oder das rasante „Graveland“ genannt. Doch das besondere an diesem Album ist, dass es neben den konventionelleren Tracks auch solche gibt, die verschiedene Ideen integrieren und somit für die nötige Abwechslung sorgen: Schon der Opener „Moonshield“ ist ein geniales Stück Musik; Durchgehend im 3/4 Takt, beginnt es mit Akustikgitarren, um kurz darauf die Melodie mit Stromgitarren weiterzuführen. Dieser Wechsel der Gitarrenarten zieht sich durch das ganze Stück und fasziniert mich jedes Mal aufs neue. Es geht nahtlos in das Instrumental „The Jester´s Dance“ über, dass durch die fast schon verträumte Gitarrenmelodie besticht. Mit Akustikgitarren beginnend entwickelt sich der Titelsong zu einer grandiosen Hymne, denn nach einer kurzen Zeit spielen neben den akustischen Gitarren die elektrischen, bis sie diese ganz ablösen und das Lied in einem genialen Refrain mündet, der sich ideal zum mitgröhlen eignet. „Wayfearer“, das zweite Instrumental, hat eine abgefahrene Keyboardmelodie, die wunderbar ins Ohr geht und dem Lied einen spacigen Touch verleiht. „Dead God In Me“ setzt den krönenden Abschluss und ist nochmal ein Höhepunkt: In der Mitte des Liedes erschallt eine Gitarrenmelodie, die mich jedes Mal auf die Knie sinken und fragen lässt, wie jemand solch geniale Musik erschaffen kann. Bewundernswert ist vor allem wie IN FLAMES typische Melodic-Death-Kracher mit unkonventionelleren Liedern verbunden haben, aber dennoch ein Album erschaffen haben, das durch und durch homogen ist, wozu auch die gnadenlos gute Produktion des Studio Fredmans beiträgt.

Erwähnen muss man auch das Cover, das eins der genialsten überhaupt ist; Andreas Marshall hat sich hier selbst übertroffen. Alles in allem ein Meisterwerk, welches in den folgenden Jahren nicht getoppt wurde, sowohl von der Band selbst nicht, als auch von anderen, so bleibt mir nur zu sagen, dass es für mich der Meilenstein dieses Genres war, ist und wahrscheinlich auch bleiben wird. Die Höhepunkte unter den Höhepunkten: „Moonshield“, „Artifacts Of The Black Rain“, „The Jester Race“ und „Dead God In Me“….ach, eigentlich alle. 😉

23.06.2002
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