Iron Maiden - No Prayer For The Dying

Review

Von der Gründung 1975 bis zum Jahr 1989 liest sich die Geschichte von IRON MAIDEN wie ein Bilderbuch. Entgegen aller Schwierigkeiten hält Bandkopf Steve Harris das britische Metal-Flagschiff stets auf Kurs. Der Erfolg steigt mit jeder Platte weiter an. Ende der 80er sind IRON MAIDEN die Band, die im Metal den Ton angibt. Doch nach der Tour zu „Seventh Son Of A Seventh Son“ beginnt es immer weiter im Lager der Jungfrauen zu knistern.

Als erstes geht Frontmann Bruce Dickinson der Band fremd. Auf Anfrage eines Produzenten schreibt er mit seinem Jugendfreund und Gitarristen Janick Gers den Song „Bring Your Daughter…To The Slaughter“ für den Film „Nightmare On Elm Street 5: The Dream Child“. Die Zusammenarbeit fruchtet und gipfelt in „Tattoed Millionaire“, Dickinsons erstem Soloalbum. Zur gleichen Zeit steht bei IRON MAIDEN eine Kurskorrektur an. Steve Harris möchte die progressive Entwicklung der letzten Album über Bord schmeißen. Stattessen soll es auf dem folgenden „No Prayer For The Dying“ wieder zurück zum rohen Sound der Anfangstage gehen. Gitarrist Adrian Smith kann sich mit dieser Rückbesinnung nicht identifizieren und entscheidet sich auf Drängen von Harris dazu, die Band zu verlassen. Ersetzt wird er durch niemand geringeres als Janick Gers.

Das von ihm und Dickinson komponierte „Bring Your Daughter…To The Slaughter“ wird direkt von Harris annektiert. Für ihr achtes Studioalbum nehmen MAIDEN die Dickinson-Single neu auf. Unter dem Banner von IRON MAIDEN avanciert der Song zum Hit, schafft es in den USA auf Platz zwei, in England sogar auf Platz eins der Singlecharts, als erster MAIDEN-Song überhaupt. Wieso, ist schnell geklärt, denn „Bring Your Daughter“ hat einen absoluten Ohrwurm-Refrain, der sich auch im besoffenen Zustand noch super mitsingen lässt. Viel mehr bleibt von dem Song allerdings nicht hängen. Und damit sind wir auch beim größte Problem von „No Prayer For The Dying“ angekommen: Dem Songwriting. Denn zwingende Melodien oder knackige Riffs muss man schon mit der Lupe suchen.

Iron Maiden geht die Puste aus

Das eröffnende Doppel aus „Tailgunner“ und „Holy Smoke“ sagt schon alles, was man über die Platte wissen muss. Die Refrains lassen sich in beiden Fällen ganz gut mitsingen. Aber das war’s auch. Die Riffs sind uninspiriert, die Energie der frühen Album kein bisschen vorhanden. Dass Harris und seine Mannen dann auch noch die kompositorische Komplexität der bisherigen Dickinson-Alben nicht wieder aufgreifen, hilft keineswegs. Gelegentlich führt der rohe Ansatz zu einem Song wie „Run Silent Run Deep“, der immerhin ein paar ganz nette Melodien und Riffs aufweist. Ohnehin ist es das Gitarrenduo Murray/Gers, das dank energetischer Soli noch einiges rausreißt.

Über das insgesamt nur durchschnittliche Songmaterial können die beiden Saitenhexer aber auch nicht hinwegtäuschen. Langweiler wie „Public Enema Number One“ oder „Fates Warning“ gehen links rein und rechts wieder raus. Enttäuschend fällt auch „Hooks In You“ aus. Der einzige Song, den Adrian Smith für das Album noch mitkomponiert hatte, klingt wie ein misslungener Versuch aus IRON MAIDEN eine AOR-Band zu machen. Auch produktionstechnisch kann die Band nicht an ihre Glanzzeiten anschließen. Zwar sitzt wie gewohnt Martin Birch an den Reglern. Die Idee der Band, das Album in einer Scheune auf Steve Harris Grundstück aufzunehmen, führt allerdings zu einem kraftlosen Sound, womit „No Prayer For The Dying“ auch soundtechnisch vollkommen Baden geht. Einzig das Cover von Derek Riggs ist cool wie immer, wenn auch nicht ganz so spektakuläre wie bei früheren Alben.

„No Prayer For The Daying“ ist ein absoluter Rohkrepierer. Natürlich sind IRON MAIDEN immer noch eine gut eingespielte Band, die ihr Handwerk versteht. Das Songmaterial allerdings wirkt durchgehend uninspiriert und nicht durchdacht. Kaum eine Idee zündet, die bandinternen Schwierigkeiten hinterlassen ihre ersten Spuren.

22.11.2017

"Irgendeiner wartet immer."

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