So Hideous - Laurestine

Review

Schaut man sich die Haupteinflüsse von Bandgründer Brandon Cruz an, ist man zunächst irritiert, weil da nichts von vermeintlich legendären Metal-Combos steht, sondern Namen wie Arvo Part, Ennio Morricone und Beethoven auftauchen. Beschäftigt man sich mit dem musikalischen Konzept von SO HIDEOUS, wird die Sache schon klarer: Jeder Song hat ein orchestrales Fundament, die Gitarren, Drums und der Bass kommen dann später hinzu. Für „Laurestine“ wurde zum Beispiel ein 30-köpfiges Orchester engagiert. So viel zu den Prioritäten. Und was verbirgt sich hinter dem Albumtitel? Eine immergrüne Pflanze (auch Lorbeerschneeball oder Viburnum tinus genannt), die im Rahmen des zweiten Studiowerks der Amerikaner als konzeptionelles Symbol fungiert und zugleich den Namen der Frau darstellt, die den Protagonisten durchs Album führt: „Das Album startet mit unserem Charakter, der einfach nur ‚Mann‘ genannt wird und gleich zu Beginn zu den Piano-Klängen in ‚YesterYear‘ stirbt“, sagt Cruz und deutet schon an, womit sich „Laurestine“ thematisch beschäftigt. Angeblich ist das Gehirn nach dem Ableben noch für sieben Minuten aktiv, am Ende steht der Aufstieg ins Leben nach dem Tod. Demnach ist es keine Überraschung, dass der Nachfolger von „Last Poem, First Light“ genau sieben Songs umfasst.

Es erscheint, als hätten SO HIDEOUS den Metal noch weiter in den Hintergrund befördert. Eine Nummer wie „Hereafter“ löst sich gar vollends vom Metallischen und trägt den Hörer auf cleanen Gitarren durch einen von Melancholie und Shoegaze beherrschten Song, der eher wie ein instrumentales Zwischenstück anmutet. Zusammengenommen nimmt die mehrstimmige, meist schwelgerische und sehr dichte Gitarrenarbeit beinahe eufonische, zumindest Hoffnung statt Dunkelheit versprühende Züge an, allein die Vocals und die treibenden Drums bilden einen härteren Kontrast – die Verschmelzung dieser musikalischen Gegensätze funktioniert im Groben, lässt aber unentwegt ALCEST grüßen, und das heftig. Der Gesang orientiert sich stark an atmosphärischem Black Metal, agiert in der Summe aber viel zu eintönig (eigentlich ist es ein immer wiederkehrendes Geschrei mit ähnlicher Intonation). Und so vollzieht das gesamte Album seinen Tanz aus der eben beschriebenen Ambivalenz, mal äußerst ruhig, dann wieder etwas treibender und in „Falling Cedars“ kurzzeitig geradezu cineastisch, dramatisch, in Nuancen regelrecht theatralisch – aber insgesamt doch überraschungs- und spannungsarm, da die erwähnte Eintönigkeit irgendwann die Oberhand gewinnt.

Es fällt auf, dass die New Yorker ihre Songs erstaunlich abrupt enden lassen. Zum Teil passt das zum Inhalt: Übersetzt man „YesterYear“ mit „Vergangenes“ macht dieser songstrukturelle Kniff im Sinne von „alles kann plötzlich vorbei sein, alles ist vergänglich“ schon eine ordentliche symbolische Figur. Und so wird man ganz sicher noch weitere Feinheiten entdecken, lässt man sich gänzlich auf „Laurestine“ ein, das übrigens im The Wild Arctic Recording Studio in Portsmouth unter der Leitung von Dean Baltulonis (BRAND NEW, THE EXPLOSION, SICK OF IT ALL) aufgenommen wurde. Kein leichtes Stück Musik, das uns SO HIDEOUS servieren, und mit großer Sicherheit nichts für traditionell veranlagte Black Metaller. Wer hingegen mit einem gewichtigen „Post“ vorm „Metal“ und weiteren „Über den Tellerrand-Blicken“ zurechtkommt, sollte sich „Laurestine“ anhören – nur nicht nebenbei, sondern fokussiert.

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03.12.2015

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