Iron Maiden
Das meint die Redaktion zu "Senjutsu"

Special

Seit über einer Woche ist das neue IRON MAIDEN-Werk „Senjutsu“ der Metal-Gemeinde mittlerweile zugängig. Sechs Jahre vergingen zwischen dem Album und seinem direkten Vorgänger, „The Book Of Souls“. Es war die längste Albumpause in der Karriere der Heavy-Metal-Legende. Ob sich das Warten gelohnt hat, überprüfen Olaf Brinkmann, Björn Gieseler, Dominik Rothe, Hans Völkel, Jannik Kleemann, Jürgen Fenske, Marc Thorbrügge, Philipp Gravenhorst, Colin Büttner, Michael Klaas und Johannes Werner.

Welche Erwartungen hattest du an „Senjutsu“?
Wie ist dein Eindruck von der Scheibe?
Wo ordnest du das Album in der IRON MAIDEN-Diskografie ein?
Welche Songs stechen hervor, positiv wie negativ?
Gibt es Überraschungen auf dem Album?
Wie findest du das Artwork?
Wie würdest du „Senjutsu“ mit einem Wort beschreiben?
Welche Wertung gibst du „Senjutsu“ geben?

Welche Erwartungen hattest du an „Senjutsu“?

Olaf: Ich erwartete ein typisches MAIDEN-Album in dem Stil, der die Band seit „A Matter Of Life And Death“ auszeichnet, das den Weg von „The Book Of Souls“ weitergeht.

Björn: Eigentlich keine, die letzten vier Alben haben zu sehr enttäuscht. Bisher ist nach „Brave New World“ nichts Vernünftiges von den Briten gekommen.

Dominik: Nach „The Writing On The Wall” war ich erstmal verwirrt. Als ersten Output seit sechs Jahren hätte ich einen richtige Power-Nummer erwartet, wie es „Speed Of Light“ im Vorfeld von „The Book Of Souls“ war. Doch der Song wächst mit jedem Durchlauf und machte gespannt auf die Platte. Meine Erwartungen waren nach diesem ungewöhnlichen Track, dass IRON MAIDEN ein weiteres Mal ihrem Trademark-Sound treu bleiben und sich selbst trotzdem einen neuen Anstrich verpassen.

Hans: Die 80er Alben sind durchweg heilig und mit „Brave New World“ haben IRON MAIDEN damals eine Reunion nach Maß hingelegt. Danach konnte mich leider keine Platte der eisernen Jungfrauen mehr komplett abholen, weshalb meine Erwartungen hier die gleichen wie bei den vorherigen Alben sind: zwei bis drei richtige Kracher, die auch neben den Klassikern bestehen können und ansonsten netter, aber nicht zwingender Dienst nach Vorschrift.

Jannik: Mittlere. Ich mag die Spätphase von IRON MAIDEN recht gerne, aber weder „The Final Frontier“ noch „The Book Of Souls“ überzeugten mich wirklich. Daher hoffe ich wieder auf ein Werk, das mich so mitreißt wie zuletzt „A Matter Of Life And Death“.

Jürgen: Nach der „Book Of Souls“ keine besonders großen Erwartungen, aber natürlich die Hoffnung auf ein paar knackige Songs.

Marc: Große, um ehrlich zu sein. Das lag zum einen an der langen Wartezeit, zum anderen daran, dass sie bei „The Book of Souls“ eher niedrig waren, das Album mir aber sehr gut gefallen hat. Von „Senjutsu“ erwartete ich deswegen eine ähnliche Leistung.

Philipp: IRON MAIDEN haben wie kaum eine andere Band das Kunststück vollbracht gleichzeitig sowohl progressiv als auch eintönig zu klingen. Und wie die Eisernen Jungfrauen in den vergangene 30 Jahren stets die Verpackung verändert haben, so blieb der Inhalt immer ähnlich, was angesichts des hohen Niveaus der Band nicht unbedingt was Schlechtes ist. Es war aber ziemlich absehbar, dass eine Platte des Schlages „A Matter Of Life And Death“ und „The Book Of Souls“ zu erwarten ist.

Colin: Nach dem schon starken „The Book Of Souls“ war die Erwartungshaltung recht hoch, muss ich zugeben. Dem zweifach Gehörnten sei Dank, haben Maiden es wieder einmal geschafft, sich dem Druck der Massen und Medien durch ein starkes Album zu entziehen, auch wenn die Platte schon seit zwei Jahren fertig war. In der Form dürfen IRON MAIDEN gerne noch weitere Alben veröffentlichen. Vielleicht aber ohne diese überlangen Songs, wo bleibt denn da auf Konzerten noch Platz für die Klassiker?

Michael: Nach den Vorabsongs „The Writing On The Wall“ und „Stratego“, die ich beide ziemlich mau fand, habe ich offen gesagt nicht viel von der Platte erwartet, sondern ging davon aus, dass es genauso eine zähe, unausgegorene Angelegenheit sein würde wie „The Book Of Souls“, schon allein deshalb, weil es genauso wie der Vorgänger ein Doppelalbum geworden ist. Bei dem Materialüberschuss bekommt man das Gefühl, dass rein gar nichts auf dem Boden des Schneideraums liegen gelassen worden ist.

Johannes: Ein echtes IRON-MAIDEN-Album zu sein, dass im Rahmen des Bewährten geringfügig die stilistischen Möglichkeiten auslotet. Sorry, bei MAIDEN darf und soll man auch mal konservativ sein.

Wie ist dein Eindruck von der Scheibe?

Olaf: „Senjutsu“ ist ein wirklich tolles Werk geworden. Besser als der Vorgänger. Die klassische Maiden-Phase ist vorbei. Seit „A Matter Of Life And Death“ haben Maiden ihren Stil geändert. „Senjutsu“ begeistert mich vom ersten Moment an und bietet viele urtypische MAIDEN-Momente integriert in den neuen Stil der Band. MAIDEN zitieren sich häufiger selbst auf dieser Scheibe, was aber gar nicht stört, sondern purer Fanservice ist. Zudem zeigt sich, was für geniale Songs aus der Zusammenarbeit von Bruce und Adrian entstehen und das Mr. Gers perfekt darin ist, klassisches MAIDEN-Material zu schreiben.

Björn: Der erste Eindruck war nicht gut, habe ich immer wieder rangetastet und musste aus diversen Gründen aber nach fünf oder sechs Songs abbrechen. Aber das Album wird zum Ende hin stärker und gerade die drei Zehnminüter am Ende sind groß und dann kann das Album auch insgesamt in Ruhe reifen.

Dominik: Mit „Senjutsu“ liefern IRON MAIDEN ein weiteres ebenso großartiges wie relevantes Album ab. Die progressive Ausrichtung wird das Quintett wohl nicht mehr ablegen. Das knackige „Days Of Future Past“ fungiert als einziger Fingerzeig in eine Zeit, als die Band überwiegend deutlich kompaktere Songs geschrieben hat. Wer damit klarkommt, wird mit „Senjutsu“ glücklich. IRON MAIDEN gelingen ein weiteres Mal zahlreiche mitreißende Epen, die gespickt sind mit eingängigen Melodien. Noch dazu singt Dickinson so entspannt und kraftvoll wie lange nicht mehr. Mit seiner Gesangsleistung steckt er immer noch 99,9 Prozent aller anderen Metal-Sänger locker in die Tasche. Bei den Gitarrensoli wiederum stacheln sich Dave Murray, Janick Gers und Adrian Smith gegenseitig zu Höchstleistungen an.

Hans: Entspricht weitestgehend meinen Erwartungen. MAIDEN sind einfach zu routiniert, um schlechte Songs zu schreiben, aber es reißt mich auch nur wenig vom Hocker und manche Passagen kommen einem doch sehr bekannt vor. Besonders die letzten drei Nummern sind deutlich zu lang geraten und über weite Strecken passiert einfach zu wenig, um diese Länge zu rechtfertigen. Dafür liefert Bruce Dickinson seine stärkste Gesangsleistung seit Langem ab. Er quält sich nicht mehr bis in höchste Höhen, dafür glänzt er in den mittleren Stimmlagen umso mehr.

Jannik: Leider beeindruckt sie mich nicht wirklich. Dass die Band sich seit den 80ern ein ganzes Stück weiterentwickelt hat, ist in Ordnung und auch gut so, aber irgendwie bleibt nur sehr wenig wirklich hängen.

Jürgen: IRON MAIDEN versuchen eine Brücke zwischen den frühen Werken und der zweiten Phase mit Bruce Dickinson zu bauen. Das gelingt bei einigen Tracks durchaus, bei manchen Nummern wirkt der Ansatz ausufernd und zieht Lieder unnötig in die Länge. Der Eindruck ist ähnlich wie bei „The Book Of Souls“. Ein gutes Album, aber keine überragende Scheibe.

Marc: „Senjutsu“ ist das bisher ambitionierteste Album von IRON MAIDEN. Mehr als je zuvor hat sich die Band in ihr eigenes Revier zurückgezogen, will und muss niemandem außer sich selbst noch etwas beweisen. Gerade bei Steve Harris scheint aber der Ehrgeiz erwacht zu sein, das eigene Vermächtnis zu definieren. Das hört man dem Album an. Es steckt voller IRON MAIDEN-Trademarks, die bis zum Abwinken ausgereizt werden. Dass die warme Produktion eine gewisse Gleichmäßigkeit in den Sound bringt, ist da ein zweischneidiges Schwert, durch das die letzten 30 Minuten etwas ermüdend wirken.

Philipp: Ich sehe meine Erwartungen bestätigt. „Senjutsu“ bietet die typischen MAIDEN-Melodien. Im Vergleich zu den Vorgängern geht der neueste Output aber noch stärker in Richtung Langstrecke, worunter naturgemäß die Eingängigkeit leidet. Da hat sich kein Song herauskristallisiert, der mich so mitnimmt, wie zuvor „When The Wild Wind Blows“ oder „Empire Of The Clouds“. Das Album ist zwar auf einem guten Niveau und hat nicht nur dank der Reminiszenzen an frühere Großtaten Charme, aber dennoch hält der Spannungsbogen nicht über die vollen 80 Minuten.

Colin: IRON MAIDEN erfinden sich abermals neu. Sie werden keine Hits mehr in vier Minuten Länge veröffentlichen, soviel sollte klar sein. IRON MAIDEN 2021 ist vielmehr ein Gesamtkunstwerk, das sich keinerlei Vorgaben oder Erwartungen beugt. Steve Harris macht halt das, worauf er Bock hat. Dickinson und Smith sind auf der anderen Seite für die Hits zuständig und MAIDEN sind und bleiben somit MAIDEN. Schön finde ich, dass Bruce Dickinson wieder mehr singt und weniger schreit. Die Querverweise zur eigenen Vergangenheit passen da ebenso ins Bild, wie die Anleihen an den 70er Prog aus Großbritannien.

Michael: Im Grunde hat sich meine Erwartung/Befürchtung durchweg bestätigt. Es ist immer noch IRON MAIDEN, daher landen sie zwangsläufig ein paar gute Hooks und hauen auch nette Riffs raus. Aber das ist das mindeste, was ich von MAIDEN erwarte.

Johannes: Eigentlich genau der oben beschriebene. Das Album ist typisch MAIDEN und bricht genau im richtigen Maße nach links und rechts, oben und unten aus.

Wo ordnest du das Album in der IRON MAIDEN-Diskografie ein?

Olaf: Das Album steht auf einer Stufe mit „A Matter Of Life And Death“ und ist eine Spur genialer als „The Book Of Souls“. Eines der besten der neuen MAIDEN-Phase.

Björn: Die beste Veröffentlichung der vergangenen zwanzig Jahre. Aber IRON MAIDEN und vor allem Bruce Dickinson hatten mal mehr drauf. Man wird halt nicht jünger.

Dominik: Schwierige Frage, vor allem nach der kurzen Zeit. An die Klassiker aus den 80ern kommt die Platte natürlich nicht ran. Gleichsam ist sie – wie alle Alben seit der Rückkehr von Adrian Smith und Bruce Dickinson – besser als die gesamte 90er-Phase der Band. Was das Schaffen seit „Brave New World“ angeht, gehört „Senjutsu“ für mich definitiv zu den besseren Platten. „Dance Of Death“ und „The Final Frontier“ lässt das Album locker hinter sich. Ich würde es sogar über „The Book Of Souls“ ansetzen. Aber an „Brave New World“ oder das meisterhafte „A Matter Of Life And Death“ kommt „Senjutsu“ nicht heran.

Hans: Reiht sich qualitativ irgendwo zwischen den Veröffentlichungen nach „Brave New World“ ein. Durch den verstärkten Synthesizer- und Keyboard-Einsatz bewegt sich „Senjutsu“ stilistisch am ehesten in der Nähe von „Somewhere In Time“ und „Seventh Son Of A Seventh Son“.

Jannik: Die Fortführung des aktuellen Stils.

Jürgen: „Senjutsu“ hat mit den Klassikern von IRON MAIDEN nicht viel zu tun. Es bietet sich ein wenig der Quervergleich zu AC/DC und „Power Up“ an. Es klingt nach IRON MAIDEN, hinterlässt aber kaum bleibenden Eindruck. Momente, die wirklich mitreißen, lassen sich zu selten finden. Der positive Unterschied zu anderen, in die Jahre gekommenen Bands, ist die Gesangsleistung. Die Songs sind allesamt gut hörbar, aber von den 80 Minuten Musik bleiben nicht viel mehr als zwei oder drei Tracks im Gedächtnis. In der Diskografie würde ich die Scheibe in das hintere Drittel einsortieren, gemeinsam mit zum Beispiel „The Book Of Souls“.

Marc: Steve Harris prägt dieses Album so sehr wie kein anderes seit „Virtual XI“. Zwar ist er als Songwriter an drei Songs gar nicht beteiligt, was im Gesamtkontext der Diskografie sogar eine relativ hohe Zahl ist, aber seine Solokompositionen nehmen dafür sehr viel Raum ein. „Senjutsu“ verdeutlicht, was sich schon mit „The Book of Souls“ ankündigte: IRON MAIDEN haben einen Punkt erreicht, an dem die einzelnen Musiker, vor allem Harris, ihre eigenen Ideen verfolgen, gleichzeitig aber auch das Vertrauen in die anderen haben, diese gemeinsam als Band umsetzen zu können. Was also bei „Fear Of The Dark“ nicht geklappt hat, funktioniert auf „Senjutsu“. Die Band befindet sich an einem ähnlichen Punkt wie 1992, ist aber nicht nur musikalisch, sondern offenbar auch menschlich gereift.

Philipp: Ein Vergleich mit den Achtziger-Alben ergibt keinen Sinn, daher nehme ich mal die Vorgänger als Maßstab und da empfinde ich das Album schon als schwächer. Das liegt am Fehlen starker Songs, sowohl kurze, schnellere (Da wäre hier allenfalls das solide „Stratego“.) als auch an hervorstechenden, beeindruckenden Epen. Und die Vorstellung, dass „Senjutsu“ der Opener für ein MAIDEN-Konzert sein soll, empfinde ich aufgrund seines gemäßigten Tempos auch gewöhnungsbedürftig.

Colin: Kein Klassiker, aber definitiv oberes Mittelfeld.

Michael: Ziemlich genau da, wo es ist, wobei es vermutlich die Plätze mit „The Final Frontier“ und „The Book Of Souls“ problemlos tauschen könnte, ohne dass man’s merken würde. Eine Rückkehr zu alter Form, wie sie JUDAS PRIEST mit „Firepower“ gefeiert haben, liegt hier definitiv nicht vor, wobei ich denke, dass MAIDEN das auf ihrem derzeitigen Entwicklungsstand nicht machen würden. Ich denke, dass das Album wie seine zwei Vorgänger ebenso schlecht altern und über kurz oder lang wieder weiterverkloppt wird. Und das sage ich als jemand, der „Dance Of Death“ und „A Matter Of Life And Death“ einen gewissen, für mich persönlich nostalgischen Guilty-Pleasure-Bonus einräumt.

Johannes: „Senjutsu“ ordnet sich schon klar in den typischen Stil der IRON-MAIDEN-Alben seit einschließlich „Brave New World“ ein. Wie in der Review beschrieben, gibt es deutliche Verweise auf die späten Achtziger („Seventh Son Of A Seventh Son“), aber auch gelegentliche „Piece Of Mind“-Vibes. Als „Book Of Souls“-Nachfolger übrigens absolut nachvollziehbar und logisch.

Welche Songs stechen hervor, positiv wie negativ?

Olaf: Bis auf einen Song gefallen mir tatsächlich alle. Leider werde ich mit „Lost In A Lost World“ bislang nicht warm. Dafür gibt es aber echte Highlights. Der Opener „Senjutsu“ ist einer der besten Maiden-Songs aller Zeiten und überzeugt mit purer Heaviness und Härte und einigen der großartigsten MAIDEN-Melodien aller Zeiten. „Stratego“ und „Days Of Future Past“ sind die lange erhoffte Rückkehr zum klassischen Maiden Stoff, allerdings im modernen Gewand. Auch die Power-Ballade „Darkest Hour“ hat es mir angetan. Unglaublich, wie toll Bruce hier singt. „The Writing On The Wall“ ist mutig und originell. Und „Death Of The Celts“ gefällt durchs pures „Clansman“-kopieren.

Björn: Das Beste kommt zum Schluss. Die drei Brocken am Ende können wirklich was.

Dominik: Negativ sticht in meinen Augen nichts hervor. Ein paar Songs sind etwas unspektakulär geraten. Aber es gibt in erster Linie einige sofortige Highlights. Bandkopf Steve Harris tobt sich mit gleich vier klassischen IRON MAIDEN-Epen aus. Drei davon sind absolute Volltreffer. „Death Of The Celts“ erinnert von der Stimmung her an den Gassenhauer „The Clansman“. Die Harmonien im Intro lösen augenblicklich Freudentränen aus. „Hell On Earth“ zeichnet sich derweil durch eine unheimliche Tragik aus, über weite Strecken transportiert von Dickinson. „Lost In A Lost World“ begeistert zwar nicht von der ersten Sekunde so sehr, entwickelt sich aber mit jedem weiteren Durchlauf zu einem Highlight. Neben Harris blüht das Duo Dickinson/Smith in kompositorischer Hinsicht bei „Days Of Future Past“ auf. Der Song mit einem wahren Hit-Refrain daher, welcher sich augenblicklich in den Gehörgängen festsetzt. Janick Gers wiederum liefert gemeinsam mit Harris das treibende „Stratego“ ab, einer der wenigen Songs, in denen die galoppierenden Gitarrenriffs zum Zuge kommen. In „The Time Machine“ sorgen die beiden derweil mit zahlreichen Breaks für Überraschungen.

Hans: „Senjutsu“ eröffnet das Album ungewohnt heavy und bedrohlich. Eine geile Schlacht-Hymne. „Days Of Future Past“ geht direkt ins Ohr und wird sicher ein Livekracher. „The Writing On The Wall“ wiederum klingt für MAIDEN-Verhältnisse zwar ungewöhnlich, ist letztlich aber doch nur eine recht biedere Hard-Rock-Nummer. Von den abschießenden drei recht ähnlich aufgebauten Longtracks sticht „Hell On Earth“ trotz bekannter Zutaten positiv hervor, während „The Parchment“ fast 13 Minuten lang uninspiriert vor sich hin dudelt.

Jannik: Negativ finde ich den schleppenden Beginn des Albums, positiv ist der Refrain der Single „The Writing On The Wall“, der ein echter Ohrwurm ist.

Jürgen: „Stratego“ hat einen angenehmen 80er-Jahre-Touch und kommt zum Punkt. „Lost In A Lost World“ legt einen mehr als langweiligen Start hin, „The Time Machine“ mit dem Rhythmuswechseln im hinteren Part hebt sich positiv hervor. „Darkest Hour“ und „The Parchment“ haben richtig starke Momente, aber leider auch das ein oder sich wiederholende Riff zu viel an Board. „Hell On Earth“ wäre ohne Intro ein Highlight.

Marc: Neutral gesagt stechen natürlich die Stücke ohne Harris‘ Handschrift hervor, vor allem „The Writing On The Wall“ von Bruce Dickinson und Adrian Smith, das trotz aller Epik im Kern ein knackiger Rock-Song ist, der viel Spaß macht. Auf der Harris-Seite hingegen punkten „The Time Machine“ und „Hell on Earth“ durch eine ausgefeilte Dramaturgie und große Emotionen. „Stratego“ löst hingegen gar nichts bei mir aus und weckte als zweite Single schlimme Vorahnungen.

Philipp: „Stratego“ hat eine mitreißende Gesangsmelodie und einen hohen Wiedererkennungswert, welcher über die ungewohnte Simplizität hinwegblicken lässt. „Days Of The Future Past“ stellt in seiner Kompaktheit einen angenehmen Kontrapunkt zum Rest der Scheibe dar. „The Time Machine“ gefällt dank der vielen Wendungen. Sonst sind viele Songs zu ähnlich, um sie hervorzuheben.

Colin: Herausragend finde ich „Days Of Future Past“, „Stratego“ und „Hell On Earth“. Wohingegen mir „The Parchment“ als einziger Song nicht so wirklich zusagt. Der Rest ist in einem eigenen Universum anzusiedeln.

Michael: „Days Of Future Past“ kommt vielleicht noch dem am nächsten, was man an knackigen Hits von MAIDEN heuer erwarten kann. Das zumindest redaktionsintern vielgelobte „Stratego“ ist meiner Meinung nach eine furchtbar klobig intonierte Variante desselben, die wie eine First-Take-Demoaufnahme klingt. Das ist auch einer dieser Fälle, wo ich manchmal daran zweifle, ob ich überhaupt denselben Song höre, wie der Rest der Redaktion. Das Album ist einfach über weite Strecken eine Probe für die Geduld. Und der einzige aufregende Kniff, der Harris heutzutage für seine Metal-Epen noch einfällt, ist ein meist unpassender Tempowechsel mittendrin. „The Time Machine“ ist ein gutes Beispiel. Der Song ist eigentlich solide, zumindest bis MAIDEN dem armen Track diesen unpassenden Tempowechsel im letzten Drittel aufzwingen und das Moment des Songs damit empfindlich ausbremsen. „Hell On Earth“ ist ebenfalls über weite Strecken gelungen, aber gegen Ende kommt wieder so ein an den Haaren herbeigezogener Tempowechsel. Oder aber Harris lässt den Song viel zu lang ziellos vor sich hin dudeln, siehe und höre „The Parchment“. Das haben sie beispielsweise seinerzeit bei Songs wie „For The Greater Good Of God“ geschickter angestellt, während der „Dance Of Death“-Titeltrack noch deutlich konziser komponiert ist. Dabei ist das Longtrackmaterial von früheren Glanzleistungen der Marke „Fear Of The Dark“, „Seventh Son Of A Seventh Son“ oder „Hallowed Be Thy Name“ sowieso meilenweit entfernt. Und wenn sie sich nicht gerade ungeschickt anstellen, dann schlafen zumindest mir bei Songs wie „Darkest Hour“ oder „Death Of The Celts“ die Füße ein.

Johannes: Negativ fällt „Lost In A Lost World“ auf. Nicht nur der naive Titelabklatsch zu „Stranger In A Strange Land“ ärgert, auch die billigen Keyboards fallen ins Gewicht. Das leicht unbeholfene Rumgestampfe, das wohl irgendwie “episch-heroisch” wirken soll, entspricht letztlich genau dem Fehler, der auch einige „X-Factor“-Songs einfach nicht vom Fleck kommen ließ. Auch „The Time Machine“ muss ich hier erwähnen. Jannick Gers war zwar auf den letzten Alben oft für authentischere Steve-Harris-Songs als Steve Harris selbst zuständig, das aus „Dance Of Death“, „The Red And The Black“ und „The Book Of Souls“ bestehende Selbstzitat präsentiert dennoch einige viel zu bekannte Ideen. Zum dritten kann ich „Death Of The Celts“ nicht auslassen. Die keltischen Melodien wirken klischee- und zwanghaft auf Folklore gebürstet. Falls das Stück irgendwie als Sequel zu „The Clansman“ gedacht war, überzeugt die mächtige Vorlage viel mehr. Positiv sticht vor allem „Darkest Hour“ hervor. Dickinson ist der Balladen-Experte bei IRON MAIDEN und die an seine Solo-Highlights „Tears Of The Dragon“ oder „Man Of Sorrows” erinnernde Mega-Halbballade ist bereits jetzt klassikerverdächtig. „The Writing On The Wall“ fand ich als erste Single ungünstig und dachte zunächst an die Gemeinheit des unsäglichen „Final Frontier“-Experiments. Der Song wächst und wächst aber und fügt sich perfekt in das abwechslungsreiche Album ein. Der Titelsong, “The Parchment” und “Hell On Earth” sind ebenfalls superbe MAIDEN-Tracks, die zeigen, dass Steve Harris noch einiges kreatives Feuer unterm Hintern hat.

Gibt es Überraschungen auf dem Album?

Olaf: „The Writing On The Wall“ überrascht mit Hard-Rock-Ausrichtung. Ansonsten ist es überraschend, dass Harris‘ Songs zum Teil kleinere Schwächen aufweisen. Aber wirkliche Überraschungen gibt es nicht. Und das ist gut so.

Björn: Nein, das Album ist zu 100 Prozent IRON MAIDEN.

Dominik: Die gibt es an einigen Stellen. „The Writing On The Wall“ ist ein untypischer Song, der als erste Single damit aber einen guten Eindruck davon gibt, was Fans auf der Platte erwartet. Denn auch der eröffnende Titelsong zeigt IRON MAIDEN mit getragenen Melodien und jeder Menge Erhabenheit von einer bislang ungeahnten Seite. „Darkest Hour“ wiederum entführt Hörende dem Titel entsprechend in düstere Gefilde. Hier setzt die Band vor allem auf Atmosphäre. Somit schaffen es IRON MAIDEN immer wieder, von ihrem gewohnten Sound ein wenig abzuweichen. Aber trotzdem bleiben sie immer sie selbst.

Hans: Siehe „The Writing on the Wall“. Zwar mal was Anderes, aber letztlich doch eher langweilig. Sonst keine Überraschungen.

Jannik: Nein.

Jürgen: Die positive Überraschung ist die Gesangsleistung von Bruce Dickinson. Mit mittlerweile 63 Lenzen singt er die Masse der jungen Konkurrenz in Grund und Boden.

Marc: Dass Dave Murray beim Songwriting abwesend ist, war schon überraschend, passt aber, da er sich nach „Brave New World“ in diesem Punkt immer weniger beteiligt hat. Das akzentuierte Schlagzeugspiel und die in fast jedem Song gegenwärtigen Synthesizer-Klänge hätte ich in der Fülle nicht erwartet. Unterm Strich ist es dank altbekannter Trademarks aber ein typisches IRON MAIDEN-Album.

Philipp: Da wären vor allem die wesentlich breitere Instrumentation, wobei auch hier wieder die Keyboardablehnung von Steve Harris überdeutlich durchscheint. Dazu kommt noch das Irish-Folk-Intermezzo in „Death Of The Celts“. Sonst hätte ich nicht damit gerechnet, dass das gesamte Album eine so epische Grundstimmung vermittelt.

Colin: Die für mich größte Überraschung von „Senjitsu“ ist, dass sich der Gesang neben die Instrumente stellt und mit ihnen verschmilzt. Das gibt dem Album eine gewisse Musicalatmosphäre. Definitiv ein Gesamtkunstwerk.

Michael: Nein. Ich persönlich hätte mich sehr gefreut, wenn die Band die fernöstliche Thematik in ihre Musik eingeflochten hätte oder wenigstens vielleicht mal wieder mehr auf knappere, schneller auf den Punkt kommende Songs und eine kürzere Gesamtspielzeit gesetzt hätte. Enttäuscht bin ich auch von den Synths, die echt nach Billigsynthesizer klingen – nicht das, was bei einer Band wie IRON MAIDEN möglich sein müsste.

Johannes: Die wirklich stumpf arrangierten Keyboards sind eine unangenehme Überraschung. Dickinsons erstklassiger Gesang und die erneut souverän agierende Triple-Gitarrenpower sind in Anbetracht der langen Karriere und des Alters der Band jedenfalls nicht selbstverständlich. Zum zweiten Mal in Folge schaffen es IRON MAIDEN außerdem, endlich mal keine absolute Nullnummer als Opener auszuwählen.

Wie findest du das Artwork?

Olaf: Einfach nur genial. Der Samurai Eddie ist wunderbar und ich habe schon vier verschiedene „Senjutsu“-Shirts gekauft und es werden mehr werden. Ein Hintergrund hinter dem Eddie auf dem Frontmotiv wäre toll, aber das ist meckern auf hohem Niveau. Seit „Book Of Souls“ haben Maiden wieder erstklassige Artworks. Dieser Eddie ist einer meiner absoluten Lieblinge.

Björn: Vor allem die dreifach-LP sieht sehr gut aufgemacht aus und bringt ausgeklappt auch mal wieder den Detailreichtum früherer Veröffentlichungen rüber. Das reine Cover ist ok.

Dominik: Der Samurai-Eddie ist der vielleicht coolste Eddie seit „Fear Of The Dark“. Allerdings stößt, wie schon bei „The Book Of Souls“, die Tatsache sauer auf, dass jeglicher Hintergrund anscheinend vergessen wurde. Keine Ahnung, warum die Band sowas absegnet. Da wünsche ich mir doch die großen Malereien zurück, die Derek Riggs für „Somewhere In Time“ oder „Powerslave“ angefertigt hat. Zumal im inneren der Verpackung deutlich coolere Artworks warten.

Hans: Ich bevorzuge die ikonischen, Comic-haften 80er-Artworks.

Jannik: „Ghost Of Tsushima“ meets IRON MAIDEN.

Jürgen: Nicht besser oder schlechter als die Masse der Artworks im Metal.

Marc: Gut. Das Cover an sich gehört zwar zu den schlechteren von IRON MAIDEN, das Design von Samurai-Eddie gefällt mir aber sehr. Auch das Booklet (des Digibooks) ist ansprechend gestaltet. Wer bei dem Artwork aber asiatische Klänge erwartet, sollte sich auf eine Enttäuschung gefasst machen.

Philipp: Es ist mir völlig schleierhaft, wie wieder Mark Wilkinson beauftragt werden konnte. Schon das Cover des Vorgängers hat an die Unästhetik von „Dance Of Death“ angeknüpft. Und so gibt es wieder von dieser Band, die früher für ihre detailreichen Artworks geschätzt wurde, ein animiertes Bild, welches die obere Hälfte von Eddie vor einem Alibihintergrund zeigt. Wie auch bei den vorherigen Veröffentlichungen, wäre ein Motiv aus dem Booklet besser gewesen. Alternativ hätte ich mich auch sehr über ein Werk von Hervé Monjeaud gefreut, der auch das Shirt zu den ausgefallenen Japan-Konzerten 2011 designt hat.

Colin: Das Artwork ist, wie in den meisten Fällen bei IRON MAIDEN, sehr gelungen und bringt die Stimmung der Platte auf den Punkt. Aggressiv und herausfordernd, aber auch mit einer gewissen Anmut versehen.

Michael: Eddie sieht wie üblich gut aus. Da lassen MAIDEN aber selten was anbrennen, Ausnahmen bestätigen die Regel (*hust* „Dance Of Death“ *hust*).

Johannes: Die Artwork-Welt von IRON MAIDEN fasziniert mich bereits seit Kindertagen. Insofern bin ich bei jedem Album auf das Setting gespannt, in dem sich Eddie wiederfinden wird. „Senjutsu“ gefällt mir dahingehend sehr gut, da es eine Themenwelt öffnet, die IRON MAIDEN bisher noch nicht bedient haben.

Wie würdest du „Senjutsu“ mit einem Wort beschreiben?

Olaf: Großartig! Hätte ja gerne „macht süchtig“ geschrieben, aber das sind zwei Worte.

Björn: MAIDEN

Dominik: Episch

Hans: Ausufernd

Jannik: Schleppend

Jürgen: Langatmig

Marc: Ausgeglichen

Philipp: Episch

Colin: Erstaunlich

Michael: Überholungsbedürftig

Johannes: Entdeckungsreise

Welche Wertung gibst du „Senjutsu“ geben?

Olaf: Darf man der besten Band der Welt weniger als die Höchstpunktzahl geben? Obwohl mir ein Song weniger gefällt, gibt es die Höchstpunktzahl für ein grandioses Spätwerk, den ein weniger guter MAIDEN-Song ist immer noch besser als die meisten anderen Metalsongs anderer Bands. 10/10

Björn: 8/10

Dominik: 9/10

Hans: 7/10

Jannik: Gut gemeinte 6/10

Jürgen: 7/10

Marc: 8/10

Philipp: 7/10

Colin: 8/10

Michael: 5/10

Johannes: Aktuell wohlwollende 7 Punkte. Der Vorgänger war doch ein ganzes Stück stärker. Am Ende des Jahres bin ich bestimmt auch bei 8/10.

11.09.2021

"Irgendeiner wartet immer."

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