Armored Saint
Armored Saint
Interview
Endlich wieder ein Album von ARMORED SAINT! War ja auch an der Zeit. Dass das neue Album gut werden würde, war keine Frage, denn ARMORED SAINT gelten schon lange als Garanten für qualitative Musik. Bassist Joey Vera stand uns zur Verfügung, um über das neue Album zu plaudern. Lest hier seine aufrichtigen Antworten.
The SAINT ist zurück und das wahrscheinlich besser, als jemals zuvor. Mit dieser Meinung stehe ich sicherlich nicht alleine da. Der größte Unterschied zwischen eurem neuen Album „La Raza“ und eurem Comeback Album „Revelation“ aus dem Jahre 2000, ist, dass ihr anscheinend einen Schritt zurück in Richtung „Symbol Of Salvation“, „Delirious Nomad“ und „Raising Fear“ gemacht habt. Zumindest was den Sound angeht. Gab es dafür einen besonderen Grund?
Nein. Eigentlich habe ich über so etwas dabei auch nicht nachgedacht. Ich wollte einfach, dass der Sound fett klingt.
Für den Mix des Albums habt ihr Bryan Carlstrom gewählt, der euch bereits bei „Symbol Of Salvation“ zur Verfügung stand. Produziert wurde das Album aber von dir. Ist der Grund dafür, dass du genau weißt, wie der Hase zu laufen hat?
Ja, das bringt es so ziemlich auf den Punkt.
Mit „Revelation“ habt ihr vor 10 Jahren ein wirkliches Monster erschaffen, dass stellenweise für ARMORED SAINT-Verhältnisse recht aggressiv klang. Habt ihr euch beim Schreiben des neuen Albums unter Druck gesetzt gefühlt, dieses Überalbum zu übertreffen? Oder war der Vorgang fernab von solchen Überlegungen?
Wenn wir ein Album schreiben, dann ist das immer ein natürlicher Prozess, und ohne zu kalkulieren, wie die Stücke zu klingen haben. Wir wollten lediglich, dass die Platte ehrlich klingt und die Band im Jahre 2010 repräsentiert. Mir würde es auch im Traum nicht einfallen, nach irgendetwas zu streben, was ich in der Vergangenheit gemacht habe.
„La Raza“ hört sich freilich nicht unbedingt wie der Titel einer typischen Metal-Scheibe an. Was verbirgt sich hinter diesem Titel?
Der Titel bezieht sich auf die lateinamerikanische Kultur. So wie „Viva La Raza“ – lang lebe diese Kultur! Es bezieht sich auf den Stolz deiner Herkunft. Wir sind ja alle in einer kleinen Latino-Gemeinschaft aufgewachsen, und dieses Gefühl treibt uns noch immer an. Wir wollten einfach musikalisch darstellen, wo wir herkommen aber auch gleichzeitig aufzeigen, wo wir hingehen. Natürlich reflektiert der Text dieses Songs nicht nur die Lateinamerikaner, sondern vielmehr alle Menschen und Rassen dieser Welt. Es geht um uns alle.
Bereits mit dem ersten Track des Albums, „Loose Cannon“, werden die Fans ARMORED SAINT sofort erkennen, und das Intro der Nummer wird den Hörern eine Gänsehaut verpassen. Wer hatte die Idee zu diesem Intro?
Unser Soundingenieur Bryan machte den Vorschlag, für das Album ein Intro zu machen. Und obwohl ich dachte, dass diese Idee schon tausendmal umgesetzt worden ist, ging ich nach Hause, um ein Intro zu schreiben. Ich nutzte eine Variation der Melodie von „Loose Cannon“ und versuchte, eine Würze der gesamten Scheibe mit einzubringen. Als ich das Resultat hörte, war ich zwar etwas unsicher, aber es scheint, als ob es gut ankommen würde.
Für mich hört es sich so an, als ob das Songwriting zu „La Raza“ ganz anders vollzogen wurde als noch zur „Revelation“. Die Tracks hören sich wesentlich ausgeglichener und balancierter an und klingen nach eurer Heimat Kalifornien. Welche Stimmung hattet ihr, als ihr die Nummern geschrieben habt?
Die Hauptsache war, dass wir gute Songs schreiben. Wir wollten ein gutes Album machen, ohne auf die Meinung Außenstehender zu hören. Wir achten bei so einem Prozess immer nur auf unsere Meinung.
Was ich aber sagen muss ist, dass „La Raza“ kein Album ist, welches sofort mit dem ersten Hörgang sitzen bleibt. Es braucht schon zwei oder drei Durchläufe, bis man vollkommen infiziert ist. Würdest du dem zustimmen?
Ich denke, dass dies auf jedes unserer Alben zutrifft. Wir schreiben keine Easy-Listening-Musik, die man sofort beim ersten Hören im Schädel behält.
Es gibt aber auch verschiedene Elemente in den Songs, die man vorher von ARMORED SAINT in dieser Form noch nicht gehört hat. Z.B. die ruhige Passage bei „Black Feet“ bei der fast nur Johns (Bush, Gesang) Stimme zu hören ist, oder die Punk-Rock-Elemente bei „Little Monkey“. Mögt ihr es noch immer, Experimente in euren Stücken einzubauen?
Ja natürlich! Wie ich schon sagte, wir wollten einfach nur gute Musik schreiben. Ich nehme Abstand davon, uns auf die Erwartungen unserer „Heavy-Metal“-Fans zu limitieren. Und gleichsam wollten wir die Chance nutzen, unserer Kreativität freuen Lauf zu lassen.
Ich nehme mal an, dass noch immer du und John Bush hauptsächlich für das Songwriting verantwortlich seid. Never change a winning team? Oder haben die anderen SAINTS keine Ideen, die mit eingebracht werden können?
Dieses Mal war es wieder so, dass die Chemie zwischen John und mir beim Songwriting hervorragend passte. Wir kamen in einen guten Groove und die Ideen flossen nur so aus uns heraus. Jeder in der Band hat gute Ideen, keine Frage, allerdings tappten John und ich in etwas ganz spezifisches.
Wurde denn „La Raza“ genauso geboren wie damals „Revelation“, indem sich die zwei Masterminds Vera und Bush spontan zusammensetzen und ein Album schreiben?
Ja. Nach seinem Ausstieg bei ANTHRAX gründete John seine Familie und nahm sich eine Auszeit von dem Musikbusiness. Ich gründete ebenfalls eine Familie, genauso wie Phil (Sandoval, Gitarre) im Frühjahr/Sommer 2000. So, nachdem wir seit 1999 nicht mehr zusammen gearbeitet hatten, fragte ich John, ob er nicht Lust hätte, Texte zur Musik beizusteuern, die ich geschrieben hatte. Er hörte sich die Kompositionen an und wir schrieben sofort zwei neue Songs. Daraus wurde schließlich ein ganzes Projekt und es machte richtig Laune, neue Stücke zu schreiben. Das war im frühen Sommer 2008. Nach ein paar Monaten und weiteren Songs machten wir ernst und begannen mit Plänen für ein neues SAINT-Album. Wir machten das in aller Ruhe und so wie wir Zeit hatten. 13 Monate später waren wir für die Aufnahmen einer neuen Scheibe bereit.
Lass uns an dieser Stelle etwas in der Zeit zurückreisen. Nach der Veröffentlichung von „Revelation“ habt ihr eine reguläre Tour gespielt und seit auf großen Festivals aufgetreten. In den letzten Jahren habt ihr lediglich auf Festivals gespielt, zumindest in Europa. Werdet ihr hier jemals wieder in kleinen Clubs spielen oder fühlt es sich für euch einfach besser an, auf großen Bühnen und vor tausenden von Menschen zu spielen?
Nun, ich kann nicht behaupten, dass wir niemals wieder in Clubs spielen werden. Allerdings bevorzugen wir aus nahe liegenden Gründen eher die großen Festivals. Es macht einfach viel mehr Spaß, vor 5.000 bis 30.000 Menschen zu spielen, als vor 100.
Nach all den Jahren die ihr nun schon zusammen verbracht habt stellt sich mir die Frage, ob ihr eigentlich noch Freunde seid, oder ob es lediglich ein Job ist, Alben aufzunehmen, Festivals zu spielen etc.?
Wir werden mit dieser Band solange weitermachen, solange der Spaß im Vordergrund steht. Wir hatten so viele Jahre, in denen wir kämpfen und immer wieder Enttäuschungen hinnehmen mussten. Damit die Sache für uns ehrlich bleibt, muss der Spaß im Vordergrund stehen.
Welchen Stellenwert hat die Band ARMORED SAINT für euch eigentlich? Ich meine John ist z.B. wieder zu ANTHRAX zurückgekehrt, um die Welt erneut zu beherrschen, du bist mit FATES WARNING und (hoffentlich noch) ENGINE beschäftigt, euer Gitarrist Jeff Duncan rockt mit DC4 die Hütten. Ist es für euch nicht schwierig, all diese Bands unter einen Hut zu bekommen?
Ich denke, wir alle können uns glücklich schätzen, nach fast 30 Jahren im Geschäft immer noch in so vielen Bands und Projekten spielen zu können. Wir sind außerdem sehr froh darüber, dass unsere Fans uns immer folgen, ganz egal, in welcher Band wir auch spielen. Denn ohne unsere Fans hätten wir gar nicht erst die Chance, dieses musikalische Leben zu führen. Wir genießen das einfach.
Ich hoffe und erwarte, dass wir euch schon bald auf der Bühne sehen können, um die Stücke von „La Raza“ live zu erleben. Wenn keine Pläne vorliegen, wann denkst du, dass die Fans euch wieder zu Gesicht bekommen werden?
Ich wünschte, dass ich schon irgendwelche Pläne vorliegen hätte, dem ist aber nicht so. Wir werden sicherlich wieder die ein oder andere Show spielen.
Gibt es für euch eigentlich noch irgendein großes Ziel, das ihr mit ARMORED SAINT erreichen möchtet? Oder seid ihr einfach nur stolz darauf, was ihr mit der Band erreicht habt?
Es gibt immer noch so einige Orte auf dieser Welt, in denen wir noch nicht gespielt haben. Das ist also ein erklärtes Ziel von uns. Wir werden versuchen, auch dort mal zu zocken.
Joey, vielen Dank für das Interview und deine ehrlichen Antworten. Gibt es noch irgendetwas, was du loswerden möchtest?
Wir reden gerade darüber, für das Album ein Video zu machen. Haltet also danach Ausschau. Ansonsten danke ich euch allen für die Unterstützung
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