Eden Weint Im Grab
Nahtod, Mord, Apokalypse - Der Abschluss einer Trilogie

Interview

EDEN WEINT IM GRAB haben ihren neuen Longplayer „Apokalypse Galore“ veröffentlicht und befinden sich damit bereits auf Tour. Wir haben bei der Band angeklopft und sie über die neue Scheibe ausgefragt. Dabei stand uns nicht nur eine Person Rede und Antwort, nein gleich drei gaben sich die Ehre: Meyster M. Melicus (Cello), Alexander Paul Blake (Gesang, Bass) und Dr. Eckstein (Gitarre).

Hi und danke für eure Zeit. Wie lief der Release zu eurem neuen Album? Seid ihr soweit zufrieden mit den Reaktionen?

Melicus: Wir sind positiv überrascht von den meisten Reaktionen. Wir haben uns diesmal bewusst musikalisch etwas schwarzmetallischer gehalten und wussten, dass dies eventuell nicht den Geschmack aller EwiG-Kenner trifft. Doch auch die eingefleischten Fans feiern das neue Album durchweg. Wir sind sehr zufrieden mit dem Feedback.

Blake: Es gab einen sehr bösen Verriss, aber da stellte sich heraus, dass die Band selbst sich einen skurrilen Aprilscherz erlaubt hatte. Sorry, an alle Fans, die uns emotional zur Seite gesprungen sind in ihren Social Media-Kommentaren und dann feststellen mussten, dass wir sie genarrt haben. Eure Anteilnahme hat uns aber wirklich gefreut.

„Apokalypse Galore“ beschäftigt sich mit diversen Weltuntergangsszenarien. Mal abgesehen davon, dass es zum musikalischen Korsett passt: wieso gerade dieses Thema?

Melicus: Aus unserer Sicht und in Anbetracht der zwei vorherigen Alben führen wir die Trilogie von „Nahtod, Mord, Apokalypse“ damit konsequent fort. Todesnahe Themen und Geysterwelten waren schon immer EwiGs Motiv. Den nächsten Schritt gen möglicher Weltuntergangsszenarien zu gehen, lag für uns einfach auf der Hand.

Blake: Mir als Lyriker helfen solche inhaltlichen Überbauten auf Ideen zu kommen. Daher sinniere ich oft schon jahrelang über neue Themenkomplexe nach und mag es, Konzeptalben zu schreiben, wo die Songs lose zusammenpassen. Die Apokalypse war ebenfalls schon viele Jahre in meinem Hinterkopf und es war erschreckend, wie uns dieses Thema während der Arbeit an dem Album gefühlt eingeholt hat – insbesondere die Atomthematik bekam ja in den letzten Jahren wieder neue Energie und man weiß nie, wann irgendein Irrer auf den Knopf drückt.

Gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass die Lyrics nicht unbedingt konkrete Reflexionen des Zeitgeists sind, sondern auch weit in die Vergangenheit oder die Zukunft reichen können. Die meisten Texte sind so offen geschrieben, dass man sie vielseitig interpretieren kann. Der erhobene Zeigefinger würde nicht zu EwiG passen, wenngleich man „Apokalypse Galore“ als unser „politischstes“ Album sehen kann.

Eden Weint Im Grab - Apocalypse Galore (Cover)

Gibt es konkrete Inspirationsquellen in Formen von Literatur oder Medien, die in einzelne Songs eingeflossen sind? Und was waren anderweitige Inspirationen für die einzelnen Texte?

Melicus: Nein.

Blake: Da lehnt sich Melicus aber weit aus dem Fenster (lacht). Ich möchte dem widersprechen. Alles, was ich lese, sehe oder erlebe, fließt unbewusst oder bewusst in die Texte ein. Es ist aber nicht so, dass ich ein konkretes Buch gelesen und es 1:1 verarbeitet hätte. Vieles ist bewusst verklausuliert und teils fließen auch verschiedene Themen innerhalb eines Songs zusammen. Ich mag auch automatisches Schreiben, also den Verstand während des Schreibens auszuschalten und in einem meditativen Zustand die Ideen frei fließen zu lassen. Erst später ordnet man sie mit dem Verstand und interpretiert dann seine eigenen Texte. Wer sich also wundert, dass manches rätselhaft ist – es geht mir bisweilen nicht anders (lacht).

Dr. Eckstein: Zum Ende hin im Song „Hure Babylon“ erklingen die ersten sieben Noten der jahrhundertelalten Melodie „Dies Irae“ (lat. „Tag des Zorns“). Diese zu zitieren – meist um Unheil zu symbolisieren – hat schon lange Tradition. In der Wikipedia findet man sehr viele Beispiele, vorwiegend aus klassischer und Filmmusik, und auch auf YouTube findet man dazu Videos. Da fällt mir ein, dass ich unseren Song in den Artikeln noch ergänzen muss (lacht).

Ich empfinde es als gänsehauterzeugend und sehr passend zum Opener eines apokalyptischen Albums, wie die Melodie sich zunächst konkurrierend zur Lead-Gitarren-Melodie hintergründig und bedrohlich – laut Melicus harmonisch unpassend (lacht) – einschleicht und wie sich das Unheil dann im Outro vollends entfaltet.

„Apokalypse Galore“ ist stellenweise musikalisch ein recht hartes Album geworden. Geben sich da Texte und Musik die Hand? Was kommt zuerst im Songwritingprozess: Text oder die Musik?

Melicus: In den frühen Phasen entwickeln sich Textstücke und grobe Riffs noch größtenteils unabhängig. Im Laufe dieser Entwicklung entsteht einerseits sowohl Musik, für die Texte erst noch entstehen bzw. umgedichtet werden müssen, sowie andererseits auch alleinstehende Texte, auf deren Basis sich ganz neue Songs entwickeln können. Eine feste Reihenfolge oder einen bestimmen Ablauf gibt es hier nicht. Jedoch werden die Texte immer passend zum Albumthema erstellt, ausgewählt, oder eben auch verworfen.

Bei der Musik hingegen achten wir nicht unbedingt darauf, dass alle Songs einem gleichen Stil folgen. Das ist auch nicht im EwiGen Sinne. Die Vielseitigkeit innerhalb der Alben ist uns wichtig, auch wenn, wie aktuell, der Großteil der Songs dann sehr hart und düster wird.

Warum sind „Welt am Abgrund“ und „Panorama des Untergangs“ als Bonustracks deklariert?

Melicus: Warum nicht?

Blake: Das hat einen ganz pragmatischen Grund, denn das Album wird im Laufe dieses Jahrs auch wieder als Vinyl erscheinen und wir wollten die Kosten mit einer Doppel Vinyl-Pressung nicht in eklatante Höhen treiben. Daher war nach ca. einer Dreiviertelstunde einfach Schluss. Ich habe die Tracks ausgewählt, die aus meiner Sicht am besten zusammenpassen und dabei stand die Idee eines „Back to the roots“-Albums im Fokus, auch wenn ich diesen Begriff nicht mag, da er das Album nicht vollständig beschreibt. Die beiden genannten Songs sind aus meiner Sicht eher im Geyste späterer EwiG-Alben. Es war also keine qualitative Entscheidung und wir waren uns bandintern auch nicht ganz einig. Ich glaube, Dr. Eckstein zum Beispiel hätte beide Tracks gerne auf dem Album gesehen…

Dr. Eckstein: Fast – für mich ist „Welt am Abgrund“ ein deutlich stärkerer Track als der ein oder andere reguläre. Aber man kann das auch als Vorteil sehen, denn so bekommen die Käufer der CD beziehungsweise des digitalen Albums nicht einfach bloß minderwertige Reste als Bonus-Tracks geboten.

Mit dem Cello habt ihr ein im Metal eher selten zu findendes Instrument dabei. Was ist eure Faszination dafür und wie bindet man seine Melodien im „klassischen“ Songwriting mit ein?

Melicus: Zunächst mal sei nicht zu vergessen, dass zusätzlich zum Cello auch immer noch eine Geige ihren festen Platz hat, auch wenn Kalila zuletzt nicht mehr der Live-Besetzung angehören konnte. Geige und Cello erhöhen den kreativen Spielraum des Songwritings und haben einige Songideen überhaupt erst möglich gemacht. Die Streicher sind ein nicht mehr wegzudenkender Baustein des Klangbildes von EDEN WEINT IM GRAB.

Im Laufe der Jahre wurde die Einbindung eigentlich eher einfacher, da die Stärken und Schwächen der Instrumente rein klanglich ziemlich klar sind. Druckvolle Melodieparts bekommen schnelle Streicher-Duos, Streicher-Soli bekommen hohe Stimmen, und für betonte Streicher-Parts werden bewusst Lücken bei den Gitarren gelassen, bzw. zusätzliche Bausteine in die Songs eingebaut.

Dr. Eckstein: Man muss auch nicht zwangsläufig schon beim Songwriting immer wissen für welches Instrument man schreibt. So sollte das „Dies Irae“ am Ende von „Hure Babylon“ ursprünglich eigentlich mit Trompeten gespielt werden, weil diese so wie die Melodie selbst manchmal mit Unheil assoziiert werden. Blake wollte aber, dass die Melodie vom Cello gespielt wird. Das hat natürlich den Vorteil, dass sie live von Melicus dargeboten werden kann und nicht vom Playback kommen muss.

Die ersten Shows zum aktuellen Album habt ihr bereits gespielt. Wonach wählt ihr bei neun Alben in der Diskografie und begrenzter Spielzeit eure Setlist aus. Welche Stücke müssen sich darin wiederfinden, gibt es schon welche, die euch mittlerweile „nerven“?

Melicus: Nicht nur die Fülle der Alben, sondern auch die Wünsche der Fans und der Bandmitglieder machen eine Auswahl zunehmend schwierig. Das haben wir selbst bei dem aktuellen, zwei-stündigen Set gemerkt. Auch hier wurden wieder einige Songs schmerzhaft vermisst auf allen Seiten.

Es ist uns definitiv wichtig, von jedem Album mindestens einen Song im Set zu haben, sowie auch einige mehr der neuesten Songs zu spielen. Gleichzeitig hat EwiG aber auch viele Klassiker, wie z.B. „Die Jenseitsflugmaschine“, „In der Toten-Taverne“, oder die „Moritat des Leierkastenmanns“, die einen immerwährenden Sitz in der Setliste haben.

Blake: Es gibt tatsächlich Songs, die während der Proben manchmal „nerven“, auch wenn das so ein hartes Wort ist. Aber wir neigen dazu, manche Stücke, die wir schon seit gefühlten EwiGkeiten spielen, zu überspringen. Live hingegen ist das etwas anderes, denn durch die Fan-Energie erleben wir die Klassiker auch selbst immer wieder intensiv. Aber im Proberaum fehlt diese Energie eben.

Dr. Eckstein: Ich spiele alle Songs die wir in der Setlist haben gerne. Es gibt ein oder zwei Songs die ich zugunsten anderer in meinen Ohren noch besserer Songs gestrichen hätte, aber in Anbetracht der vielen zu beachtenden Faktoren und Bandmitglieder bin ich zufrieden mit unserer Setlist. Wir achten auch darauf, welche Songs live besonders gut ankommen – so haben z. B. die oftmals tanzenden Fans „Tango Mortis“ vor dem Rausschmiss gerettet.

Vielen Dank für eure Zeit und die letzten Worte gehören euch!

Dr. Eckstein: Danke an die Fans die uns auf unseren bisherigen drei Gigs der Tour und auf Social Media so viel Begeisterung und liebe Worte beschert haben! Wir hatten dieses Mal mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen, aber wenn man dann so viel Energie und Freude zurückbekommt macht es diese wieder wett.

Blake: Danke für die Möglichkeit, uns hier zu präsentieren. „Apokalypse Galore“ ist flächendeckend im Netz zu finden auf sämtlichen bekannten Plattformen. Hört doch mal rein. Wir selbst empfehlen natürlich vor allem unsere eigenen Shops bei Winter Solitude oder Bandcamp sowie den unseres Labels Einheit Produktionen, wenn’s ein physisches Produkt oder (im Fall der beiden erstgenannten) ein Download mit digitalen Booklet sein darf. Außerdem freuen wir uns, viele eurer Leserinnen und Leser bei diesen restlichen Tourdates zu sehen:

02.06.2023 D-Hamburg, MarX
03.06.2023 D-Berlin, Schokoladen
09.06.2023 D-Leipzig, Hellraiser
10.06.2023 D-Köln, MTC
01.07.2023 D-Hannover, Subkultur
09.09.2023 D-Kaiserslautern, Kammgarn
14.10.2023 D-Fürstenfeldbruck, Luftraum

Galerie mit 32 Bildern: Eden Weint Im Grab - Tragikomödien aus dem Mordarchiv
Quelle: Interview mit Eden Weint Im Grab
01.05.2023

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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