Nightwish
"Endless Forms Most Beautiful" - Interview mit Floor Jansen und Marco Hietala von Nightwish

Interview

Nightwish

In wenigen Stunden ist es soweit, dann werden NIGHTWISH ihr von vielen Fans heiß erwartetes achtes Studioalbum „Endless Forms Most Beautiful“ veröffentlichen. Anlässlich dieses Ereignisses haben wir nach dem Hören des Albums am 06.02.2015 in Köln ein ausführliches Interview mit Bassist und Sänger Marco Hietala und Sängerin Floor Jansen, die sich bereits auf Showtime, Storytime zum ersten Mal beweisen konnte, geführt. Wer es also kaum noch erwarten kann oder einfach mehr über die Hintergründe des Albums oder pikante Details, die bis in die früheste Jugend und die Abgründe der Pubertät hineinreichen, aus dem Privatleben der Interviewten wissen will, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren. Wer Angst vor Humor schwärzer als die dunkelste Nacht hat, der sollte an dieser Stelle allerdings abbrechen. Here we go!

Ich beginne mit ein paar Fragen über die Promotour. Derzeit betreibt ihr viel PR-Arbeit, es gibt viele Promo-Videos und Ankündigungen, ihr kreiert eine Art von Geheimnis um euer Album. …

F: Gut!

M: Yeah!

…Ist das nötig bei einer bekannten Band wie Nightwish?

M: (überlegt) Ich denke, du musst die Leute wissen lassen, dass du ein Album hast, das rauskommt, damit sie es erwarten können. Das macht es natürlich nötig, aber in welchem Umfang, das ist unmöglich, zu sagen. Ob es der richtige Umfang an PR-Arbeit, Touren, Dinge im Internet hochzuladen oder was auch immer ist, das ist eine schwierigere Frage. Aber ja, natürlich musst du die Leute wissen lassen, dass da ein Album ist, das erscheint.

Die Musik ist top secret, es gibt keine Teaser und die Erwartungen werden größer und größer – ist das nicht eine Art von Erfolgsdruck?

M: Hmm, das wäre großartig.

F: Das ist es, aber das steht nicht in deiner Macht, wenn du auf einer Promotion-Tour bist. Da ist ein großer Druck, dein Bestes zu geben und es ist schön, einige Erwartungen aufzubauen. Es ist großartig, wenn diese Erwartungen schon da sind, du möchtest wirklich etwas hören, wirst neugieriger mit jedem Teaser, den wir einwerfen, in dem keine Musik ist und ja, das ist definitiv so beabsichtigt.

Aber ihr foltert eure Fans schon so ein bisschen, pickt auf sie wieder und wieder!

F: (lacht)

M: Ja! Aber ich meine, das ist wie es in den guten alten Zeiten lief. Du hattest nur Zeitschriften und das Radio und all das, und du hast gehört, dass dein Lieblingssänger oder deine Lieblingsband gerade an einem Album arbeitet und du wartest auf den Veröffentlichungstag und hörst im Grunde nichts von der Musik bis du das Vinyl in deinen Händen hältst und nach Hause gehst und es in den Plattenspieler legst. Und ich mag den Umgang mit Musik in diesen Zeiten sehr. Blind in den Song zu gehen und weggeblasen zu werden, das gibt dir die bestmögliche Wirkung.

Ihr habt euch zum Aufnehmen in die finnische Natur zurückgezogen. War das wirklich so ein abgeschiedener Platz oder haben euch dort Fans gefunden oder ähnliches?

F: Niemand fand uns. Es war in der Tat absichtlich ein sehr abgeschiedener und versteckter Platz, ein Geheimnis, um uns richtig auf das Album zu fokussieren. Und tatsächlich weiß ich nicht, ob die Leute davon wussten, aber sie kamen nicht vorbei, sie hatten genug Respekt, das nicht zu tun.

M: Der Name des Ortes war bekannt und es stand in einigen Publikationen, also wenn die Leute hätten kommen wollen, dann hätten sie das getan. Aber niemand tat es und das gab uns den Frieden, alleine und mit unseren Familien rumzuhängen, ein paar Freunde zu finden und unsere Energie da hinein zu stecken, diesen Haufen an Musik aufzutürmen.

Nun zum Album. Euer Cover zeigt viele Dinge vom Planeten Erde und der Titel „Endless Forms Most Beautiful“ passt zu diesem Artwork. Was ist das Konzept eures neuen Albums und was bedeutet der Titel?

M: Der Titel „Endless Forms Most Beautiful“ ist ein Charles-Darwin-Zitat aus „The Origin Of Species“ und auch der längste Song „The Greatest Show On Earth“ thematisiert das Wunder der Evolution. Aber ich verstehe es so: Wenn du auf den Semi-Kontext des Albums guckst, dann geht es mehr um das Wunder, das Privileg der Existenz, Hier und Jetzt, in diesem mit Möglichkeiten gefüllten Universum, das größer ist als sich jeder von uns vorstellen kann. Das ist ein großes Thema für ein Album – aber wir versuchen unser Bestes!

F: Aber es ist per se kein Konzeptalbum, da sind Texte verbunden mit der Thematik rund um Evolution und Wissenschaft. Lebenslust, die Aufregung des Lebens generell ist der rote Faden, der alle Texte verbindet. Denn da sind auch Texte einen Schritt entfernt von den eher evolutionär- oder biologisch-wissenschaftlichen Themen.

M: Sie stellen eigene Geschichten dar.

F: Ja!

Ihr habt einen neuen Song namens „The Eyes Of Sharbat Gula“, ich habe hier ein Bild von ihr dabei. Das ist ein sehr aktuelles Thema: Flüchtlinge. War es eure bewusste Entscheidung das genau jetzt zu bringen?

M: Wir müssten den Komponisten fragen, aber ich habe ihn sagen hören, dass es ein National Geographic Cover war, das er hatte und er wurde umgehauen von dem Starren, das sie in diesen Augen hatte, es ist sehr ausdrucksstark. Und er wollte diesen Song über Kinder im Krieg schreiben und in zerstörten Orten und all das. Und nachdem das Thema so schwer in einen Text zu packen war, endete es in einem Instrumentalstück. (lacht)

Meine Armhaare haben euch Standing Ovation gegeben, als der Chor einsetzte und du begonnen hast, zu singen.

M: Okay, danke!

F: „The Eyes Of Sharbat Gula“, wenn der Gesang startet, meinst du, oder?

Wenn seine Stimme startet über den…

M: Ahh, okay. Diese Harmonie…

Oh nein, es ist nicht deine Stimme! Dachte ich’s doch!

M: Nein, tatsächlich ist es Troy. Der Kinderchor befindet sich an einem sehr gewichtigen Platz in diesem Song, aber ja, die Harmonie wurde von Troy gesungen.

„The Greatest Show On Earth“ ist mit 24 Minuten der längste Song in NIGHTWISHs Karriere. Ist er ein besonderer Song für euch?

F: Ich denke es ist bereits ein sehr besonderer Song geworden, nicht nur weil er lang ist, aber es hat etwas mit dem zu tun, worüber wir bereits gesprochen haben: er verursacht Gänsehaut. Er tut das und er tut das jedes Mal. Ich erinnere mich, dass es da jenen Moment gibt, in dem man – ich weiß nicht, ob ich das sagen kann, weil wir da nicht objektiv sind – ein wirklich besonderes Gefühl bei dem Song bekommt.

M: Ja, gut, bei vielen von ihnen gibt es diese Gänsehautmomente. Und ich meine, es ist ein großes Ding, zu versuchen, so viel Substanz in einen Song oder – wenn wir schon dabei sind – in alle Songs zu stecken. Es ist ein Risiko, in diesem Business möchtest du bei solchen Themen nicht zu kitschig pseudo-wissenschaftlich werden. Aber ich denke, die Art, wie er (gemeint ist Charles Darwin – Anm. d. Red.) seine Texte schrieb, ist einfach so. Ich habe sie überprüft und herausgefunden, dass sie nicht nur aktuelle wissenschaftliche Fakten enthielten, sondern ebenso eine sehr poetischen Art, in der er niedergeschrieben hat, was für ein Wunder es ist, in unserem Universum zu leben und welche Arten von Lebewesen man betrachten kann, von denen man weggefegt werden kann. Das war sehr befriedigend.

Was sind eure persönlichen Favoriten?

F: Alle Songs!

M: Ja, für mich auch, ich meine…

Was wenn ihr einen nennen müsstet?

M: Nah, es ist wirklich so. Weißt du, das Album ist erst seit kurzem fertig und wir tendieren dazu, es komplett durchzuhören und auf gewisse Weise würdigt es, was wir getan haben. Und ich weiß zur rechten Zeit, nach einiger Zeit des Hörens beginnst du dann, dir deine Favoriten herauszusuchen, mit den vergangenen Alben war es genauso. Vielleicht überspringst du hier und dort einen Song und dann nach einem halben Jahr kann es sein, dass ich nie mehr darauf zurückkomme und es nicht noch einmal höre. Aber das ist nur wie es im Moment läuft. Ich kann wirklich keinen Favoriten auswählen.

F: Einige Songs werden deine Lieblings-Livesongs und andere Songs sind eher für echtes Zuhören so wie – du ahnst es bereits – „The Greatest Show On Earth“. Das wird immer ein großartiges Stück sein, um sich hinzusetzen und das Ganze mit qualitativen Boxen oder Kopfhörern zu hören. Andere Songs sind eher großartig zum Tanzen oder bei fröhlicher Stimmung. Es hängt also sehr von der Situation ab, welcher Song als persönlicher Favorit erscheint.

Gut, dass du das sagst, denn als ich dich das erste Mal mit NIGHTWISH sah, passte es sehr gut zusammen, es war so großartig! Du gibst der Band mit deinem Gesang eine noch höhere Bandbreite und ich denke, zuerst warst eher nur du, Marco, der harte Part in NIGHTWISH, aber heute hat die weibliche Stimme ebenfalls harte Parts. Zum Beispiel „Yours Is An Empty Hope“ als einer der härtesten NIGHTWISH-Songs aller Zeiten.

F: (lacht)

M: Yeah, keiner von uns musste sich da wirklich zurückhalten.

F: Beide wollen im Refrain unbedingt.

M: Aber wenn du die Munition bekommen hast, wenn du die Fähigkeiten für alle verschiedenen Arten von Waffen bekommen hast, wenn du dann auf den einen stoßen musst, der da vor dir steht, ist es klug, sie auch zu benutzen. Es gibt dir Vielseitigkeit und es erzeugt verschiedene Atmosphären und all das. Es ist gut, das zu haben!

F: Ja, und es ist großartig, dass die Songs genau danach verlangen, es macht das Album wirklich noch dynamischer und ich bin dankbar das zu tun!

Ich finde das ist ein sehr gutes Wort! Ich würde sagen, das perfekte Wort um das Album zu beschreiben ist „dynamisch“ und ich denke, das ist sehr wichtig. Was denkt ihr darüber?

F: Ich denke, es ist sehr dynamisch, und das macht es vollends zu einem Album, das man wirklich von Anfang bis Ende hören möchte. Jeder Song bringt etwas Neues, das war auch einer der Gründe, weshalb es so schwierig war, einen Song als Single auszuwählen, was immer sehr schwer ist. Wie bekommst du den vollständigen Inhalt in einen einzigen Song? Das kannst du nicht, und ich denke, das macht dieses Album sehr interessant zu hören und zu singen, und natürlich zu performen – das wird eine sehr schöne Herausforderung. Es ist wichtig, um dein Interesse an dem wach zu halten, was du hörst.

Warum habt ihr „Élan“ als Single ausgewählt?

M: Es gibt da dieses ekelhafte Wort: radiofreundlich. (räuspert sich) Und „Élan“ ist wahrscheinlich mindestens einer unserer radiofreundlichsten Songs auf dem Album. Es hat die richtige Länge, es hat eine schöne und viel Melodie und ebenso diese Dynamik von leichten und härteren Refrains. Und all das ist nach diesem Prinzip eine gute Wahl für eine Single, aber natürlich ist es keinesfalls in der Lage, alles zu repräsentieren, was das Album zu bieten hat. Du kannst davon keinesfalls ein echtes Gesamtbild erhalten.

Heute Morgen war ich ein bisschen geschockt, weil ich gesehen habe, dass jemand die Single schon bei YouTube hochgeladen hat.

F: Ja, das ging uns genauso.

Was denkt ihr darüber?

F: Es pisst uns an! (lacht freudlos)

M: Da ist ein gewisser Typ Leute, die ihre Kicks und ihr Machtgefühl nur bekommen, indem sie anderen Menschen böse Dinge antun, und ich verachte sie.

F: Es ist ein hirnloses, egoistisches, respektloses Unding, das zu tun. Die Musik eines anderen zu stehlen und sie zu veröffentlichen bevor wir das können, ist extrem verletzend. Und dann in der Qualität, noch schlimmer. Du weißt: Es ist das Erste, was die Leute von unserem Album zu hören bekommen, und dann auf diese Weise. Natürlich tut das weh und wir werden das nicht unbemerkt so stehen lassen, wir haben die dafür verantwortliche Person bereits gefunden und wir haben öffentlich angekündigt, wer es war und dass das eindeutig der falsche Weg ist. Und ich habe auch schon Reaktionen von Leuten gesehen wie „Yeah, seid darüber nicht verärgert, es passiert so oft“. Es tut mir leid, aber ich denke nicht, dass es jemals dadurch besser wird, dass es so oft passiert. Ich denke, es macht es schlimmer, dass es so oft passiert, und es sollte gestoppt werden. Es ist ein Vergehen und es ist nicht cool.

Und seit heute verstehe ich, warum ich das Album vorhin mit Kopfhörern vor Ort hören musste.

F: Yep, das ist ein direktes Resultat aus all diesen Leaks die ganze Zeit. Wir würden es den Leuten gern zum reviewen schicken, wenn es nicht damit enden würde, dass Alben jedes Mal im Internet landen würden. So wirkt es sich auch auf dich auf nicht sehr positive Weise aus. Dieses Album ist nicht dafür gemacht, per Kopfhörer gehört zu werden. Es wäre großartig für dich und für all die anderen Leute, wenn wir das Album stolz präsentieren würden und es die Möglichkeit gäbe, es mehr als einmal anzuhören oder einzelnen Passagen noch einmal mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Du stimmst mir vielleicht zu: Es ist viel zu verdauen. Aber ja, dank dessen, wie Leute sich in der Vergangenheit verhalten haben und heute immer noch: die Kopfhörer vor Ort.

M: Aber das ist nur bis wir die nächste Stufe der humanen Evolution erreichen. Ich weiß nicht, was das sein wird, aber sicher hoffe ich, dass es zumindest die Attitüde abstellen wird, dass, wenn ich etwas sehe, das niemand bekommen hat, ich frei bin, es zu nehmen. Ich hoffe, das geht weg.

F: Ja.

Nun zu ein paar Fragen, die nicht mit dem Album zu tun haben. Floor, du bist weiterhin Sängerin in deiner eigenen Band REVAMP, wo du die meiste Musik selbst schreibst. Wie ist es, in eine Band zu kommen, wo Tuomas das gesamte Writing übernimmt?

 

F: Wenn es nicht Tuomas gewesen wäre und die Qualität, für die er steht, den typischen Sound von NIGHTWISH, den er repräsentiert, wäre es vielleicht ein bisschen anders gewesen. Aber da er ist, wer er ist, und der Sound dank ihm da ist und ebenfalls dank diesem Mann hier…

M: Danke!

F: Unter anderen Umständen würde ich es nicht so einfach finden wie in diesem Fall. Ich habe mich wirklich nicht gefühlt, als müsste ich dabei mitwirken, weil ich wusste, dass es großartig werden würde. Andernfalls hätte ich natürlich etwas gesagt wie: „Aber ich fühle mich damit nicht wohl, habe wirklich diese fantastische Idee, die du dir anhören solltest.“. Aber nichts dergleichen passierte und ich legte all meine kreative Energie ins Singen der Songs auf die Weise, wie ich das tue.

Viele Fans waren wütend auf Anette, weil sie als Ablösung für Tarja gesehen wurde. Hast du irgendwelche Erfahrungen in der Richtung gemacht?

F: Vielleicht haben die Leute sich an den Fakt gewöhnt, dass Sänger manchmal wechseln, aber die Musik, die Magie von NIGHTWISH, ist weiterhin da. Ich bin trotzdem sicher und ich weiß, dass da Leute sind, die Tarja immernoch vorziehen, oder Anette und jeder hat das Recht, seine eigene Meinung zu haben. Aber ich habe bemerkt, dass da viele Leute waren, die mich sehr freundlich in der Band willkommen geheißen haben und unruhig auf das neue Album gewartet haben und sehr glücklich waren mit der Live-DVD, die wir bisher gemacht haben. Ich bin wirklich, wirklich glücklich über die Art, wie die Leute mich aufgenommen und wie die Fans mich bei Nightwish willkommen geheißen haben!

M: Ja, absolut! Ich sehe das als eine simple Tatsache, an der sich nichts geändert hat: Wir haben wirklich großartige Songs gemacht und wir werden damit weitermachen, so lange es möglich ist. Also auch wenn manche Leute vielleicht noch an einem Gesicht und einer Stimme kleben geblieben sind, haben wir immer noch Dinge anzubieten, die wir verbreiten möchten und da sind sehr viel mehr Leute, die das anerkennen, das sind meine Erfahrungen, und jetzt geht’s los!

Marko, du bist mein Held wegen deinem Bart! Und ich finde, darüber wird viel zu wenig gesprochen!

M: Okay, also gut, was möchtest du darüber wissen?

Ich möchte nichts wissen, ich möchte einfach sagen: (Daumen nach oben) gut!

F: (lacht)

M: Okay, danke!

Es ist auch dein erklärtes Ziel, die Würstchen aller Länder zu erkunden – auf welchem Rang liegt Deutschland?

F: (lacht)

M: Ich war sehr erleichtert, einen Ort für eine super Currywurst zu finden!

F: (lacht weiter)

Außerdem ist „schmutziger, schwarzer, ironischer, sarkastischer, provokativer Friedhofshumor“ eines deiner Hobbies.

M: Ja!

Hast du ein Beispiel?

F: (lacht)

M: Möchtest du wirklich etwas wie das haben, wenn du das hier veröffentlichst?

Ja?

F: (lacht) Denk dir sowas aus, ganz aus dem Nichts!

M: Gut, wie lang soll der Witz sein? Okay, ich versuche, es kurz zu halten. Da ist ein alter Mann. Tatsächlich wurde mir das erzählt von jemand anderem, aber es definiert so ziemlich alle diese Arten von Humor. (spricht schnell, aber schauspielert wörtliche Rede) Da ist ein alter Mann, der an einem Frühlingsmorgen oder Sommermorgen aufwacht. Er sieht aus dem Fenster, das Wetter ist gut, die Sonne scheint und die Vögel singen und all das weckt in ihm das Verlangen nach einem Waldspaziergang. Er geht in den Wald. Es ist wundervoll, der Duft von Frühling und Sommer, das Grün, die Sonne, Vögel, summende kleine Insekten und all das. Er beginnt einen Hügel zu erklimmen und sieht eine Felswand. Da ist ein blanker Fels oben am Hügel und er geht hinüber und beginnt zu lauschen und sieht etwas und er spricht: „Was geht da vor sich?“ und er geht näher ran und sieht, dass da ein kleiner Junge ist und der weint, weint sich wirklich die Augen aus. „Boohoo!“ Und der alte Mann sagt: „Junge, was ist los? Was bist du…“ – „Boohoo!“ – „Nun, was ist los, Junge, erzähl es mir, etwas scheint nicht in Ordnung zu sein.“ Und der Junge deutet hinunter von der Klippe und der alte Mann blickt hinunter und sieht, dass dort ein Pärchen abgestürzt ist, total in Stücken, Knochen ragen heraus, und alles – die Eltern des Jungen. „Oh verdammt, oh verdammt“. Und der Junge: „Boohoo!“, fährt fort zu weinen und zu weinen und dann kapiert der Junge, dass es seit einer kleinen Weile still war und er jammert: „Wo ist der alte Mann hingegangen?“. Und er dreht sich um und der alte Mann steht dort hinter ihm, total nackt und mit einer wirklich großen Latte. „Oh Junge, heute ist nicht wirklich dein Tag, oder?“

(Stille)

F: (lacht)

Okay, ich denke das war… wieder gut!

F: (lacht)

M: War das schmutzig und schwarz genug für dich?

Ja! Ja! okay…

Eure Musikkarrieren haben mit der Gitarre eures Vaters begonnen. Ist es ein Vorteil, eine musikalische Familie zu haben?

M: Sorry, jetzt konnte ich dir nicht ganz folgen. Ich bin noch in der vorherigen Geschichte kleben geblieben. (Floor und Marco lachen) Ist es etwas, das du beantworten kannst, Floor, oder willst du die Frage nochmal stellen?

F: Es war darüber, dass unser beider musikalischen Karrieren damit gestartet haben, dass unsere Väter Akustikgitarren hatten und wie es ist, eine musikalische Familie zu haben. Das lustige Ding ist, dass in meinem Fall, mein Vater immer in Bands gespielt hatte und sehr in der Musik verankert war und dann startete er beruflich durch und bekam zwei kleine Kinder und die Musik ist in den Hintergrund getreten, wie es so oft zu passieren scheint. Und als ich in meinen frühen Teenagerjahren war, habe ich in gewisser Weise Musik in der Schule entdeckt. Ich sah andere Leute Gitarre spielen, geriet in das Thema hinein und habe meines Vaters alte Akustikgitarre gefunden und sie aus dem Schrank geholt. „Okay, kannst du sie stimmen und mir beibringen?“ und ab diesem Punkt hatten wir diese Verbindung über die Gitarre. Musik spielen und über Musik reden wurden mehr und mehr Familiensache, weil es davor nicht wirklich Thema war. Da war eine Wertschätzung für Musik und ich hörte, was meine Eltern hörten oder hauptsächlich mein Vater hörte, aber ab diesem Moment wurde es ein größeres Ding und tatsächlich spielt mein Vater heutzutage wieder Gitarre. Er hat viele Gitarren gekauft und hat wieder seine eigene Band…

M: Yeah, er hat im Sommer eines Tages meine Akustiks genommen, als wir ihn besucht haben.

F: (lacht) Yeah, also funktioniert es tatsächlich in beiden Richtungen.

M: Von einem familiären Standpunkt aus gesehen bin ich in einer fruchtbaren Umgebung für Musik aufgewachsen. Ich meine, Dad hatte einen Riesenhaufen von höllisch vielen Alben und war von Musik gefesselt, also wollte er ein gutes Equipment haben. Er hatte. Wie einen Plattenspieler und Boxen, einige Kassetten-Rekorder und all das und wir hörten sehr viel Musik und kamen auch zu der Gewohnheit, Freitagnachts zuhause zu sitzen. Bereits bevor ich in der Pubertät war, versuchten ich und mein Bruder, uns unsere Lieblingssongs gegenseitig vorzuspielen. Mom, Dad, ich und mein Bruder, sagten uns dann, was wir daran mochten, was gut daran war, was schlecht daran war und blablabla. Und dann, wenn du näher an deine Teenagerjahre kommst, beginnst du plötzlich zu realisieren, dass das Gitarrespielen tatsächlich eine ziemlich coole Sache ist und es wahrscheinlich einige Mädchen anzieht. So begann ich die Akustikgitarre meines Vaters zu spielen als ich zwölf war und yeah, er zeigte mir wo’s langging, wie man das tut. Und ich meine, er war niemals wirklich der Band-Mensch, er spielte mehr für sich selbst und für die Kinder in der Schule, weil er ein Englischlehrer war. Er war es gewohnt, in den Klassen einige Songs zu spielen. Und das ist, wie die ganze Sache begann und im Laufe eines Jahres machten wir uns alle auf, unsere erste Schulband zu starten und ich kam dazu, auch Bass zu spielen. Sie waren immer sehr unterstützend, aber meiner Meinung nach sah ich vieles sehr gelassen und sah die Mutter und den Vater beunruhigt: „Was soll nur aus dem Jungen werden, weil er so getrieben von dieser Sache ist und weil er an nichts anderes mehr denkt!“. Aber sie haben beide nie wirklich versucht, mich davon abzuhalten, sie haben einfach gehofft, dass alles gut gehen würde und schließlich sind wir hier. Wir leben im Endeffekt davon und es ist einfach großartig. Ich bin dankbar.

Auf eurer Homepage hast du ein Bild, wo du deinem Baby etwas vorspielst. Ist das auch eine Art von musikalischer Früherziehung?

M: In den frühen Tagen, als meine Jungs richtig jung waren, gab es etliche Nächte, wo ich ihnen einige Kinderlieder und ein paar andere Lieder wie leicht düstere Balladen – wie beispielsweise BLACK SABBATHs „Black Caravan“, fortan bekannt als das Sternenlied – vorspielte und sang. (lacht) „Dad, spiel den Sternensong!“ Und ich tat es und die Jungs schliefen ein und ich tat es ebenfalls. Da gibt es sogar ein Video, das irgendwo auf YouTube herumgeistert.

In Deutschland werdet ihr bislang nur wenige Shows auf Festivals spielen. Plant ihr in naher Zukunft mehr Shows?

F: Ja, wir kommen 2015 definitiv zurück.

M: Es kommt eine Europa-Tour und weil Deutschland so ein großartiger Platz für uns zum Spielen ist und ein wirklich guter Markt für die Band, würde es keinen Sinn für uns machen, es auszulassen. Ich denke es gibt eine Menge Leute hier, die uns mögen oder die von der Band und ihrer Musik gefesselt sind. Also zur Hölle nochmal, wir werden vorbeikommen und eine Menge spielen!

2013 habt ihr eure Imaginaerum-Tour beim M’era Luna Festival beendet und es war ein großartiger Auftritt!

M: Danke!

Dieses Jahr kehrt ihr zurück, was verbindet ihr mit dem Festival?

F: Das letzte Mal dort war es der letzte Gig der Tour, also war es ein sehr emotionaler Auftritt und es ist immer hart, so etwas zu überbieten. Diesmal wird es nahezu der Beginn der Tour, das erste Festival. Wir werden zurückkommen mit einem neuen Album und neuem… (überlegt)

„Élan“?

F: Neuem Elan – genau so!

M: Das M’era Luna ist meine Antwort, wenn du nach einem guten Festival fragst. Wir waren ein paar Mal da und es war immer eine gute Erfahrung. Ich finde sie haben eine breite Vielfalt und ein Bandraster, was meiner Meinung nach die Sache interessanter macht. Ich bin kein Fan von reinen Metalfestivals, auch wenn sie oft gute Orte sind, um zu spielen. Aber ich mag Vielfalt, es gibt den Bands die Gelegenheit, für sich selbst zu glänzen mit ihrer persönlichen Vision. Ich bin froh, dorthin zurückzukehren.

Habt ihr zum Abschluss eine lustige Geschichte von hinter den Kulissen?

F: Wir hatten eine Menge… (überlegt)

M: Da gibt es eine Menge lustige Situationen, aber es sind oft Momente, wenn du in einer Bandumgebung bist und du deine Technik-Crew hast und alle sind gute Freunde und es kommt Situationskomik, die nicht aus dem Kontext gerissen werden kann – oder aus der Zeit und dem Ort, wo es wirklich so passierte, mit den Leuten, die da sind. Sie werden sich erinnern: „Yeah, du hast dich kaputtgelacht!“, aber wenn du versuchst, es als Geschichte zu erzählen, funktioniert das nicht.

F: Nein! (lacht)

Habt ihr letzte Worte für die Leser?

M: Letzte Worte für die Leser… (überlegt, lacht)

F: Abgesehen von dem Klischee, dass wir hoffen, dass die Leute unser Album genießen werden, würde ich die Leute gerne bitten, sich die Zeit zu nehmen, sich hinzusetzen mit guten Kopfhörern oder Boxen, mit den Augen geschlossen und ohne irgendwelche weiteren Ablenkungen und das Album von Beginn an bis zum Ende hören. Und falls du bemerkst, dass du Kinder hast, die vielleicht an Musik interessiert sind – lehre sie, wie man Musik hört und sie in vollen Zügen genießt. Es ist kein Junk Food, kein schnelles Ding, das du mit deinem Smartphone spielst, es ist ein Erlebnis! Verbreite das Wort unter den Jüngeren! (lacht)

M: Und es ist tatsächlich möglich für Leute, auch dieser Tage, sich ein bisschen über eine Stunde Zeit zu nehmen und von Facebook oder dem Smartphone wegzubleiben und Musik zu hören. Es ist immernoch möglich! (lacht)

Das hoffe ich.

F: Und sei lyrisch oder emotional aufgeschlossen für alles auf dem Album! Auch die Dinge, die du vielleicht kontrovers findest – denk darüber nach!

Vielen Dank!

F + M: Dank dir!

25.03.2015
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