
Sunken
Von der Akzeptanz des Schrecklichen
Interview
Nach einer Pause von fünf Jahren veröffentlichen SUNKEN ihr drittes Studioalbum „Lykke“. Wie es ihnen in der Zwischenzeit ergangen ist und was auf dem Album zum Ausdruck kommen soll, erzählen uns Fronter Martin Skyum Thomasen, Gitarrist Alexander ‚Alex‘ Salling und Drummer Joachim Højer Larsen im Interview.

„Lykke“ hat länger gedauert als die anderen SUNKEN-Alben. Wie hat sich diese zusätzliche Zeit auf das Ergebnis ausgewirkt, und was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?
Martin: Es wäre unehrlich von uns zu behaupten, dass wir ewig an dieser Platte gearbeitet hätten oder dass wir riesige Hürden überwinden mussten, um endlich mit einem neuen Album um die Ecke zu kommen. In Wahrheit gab es einfach eine lange Phase, in der sich die Band nicht stabil genug für neue Musik angefühlt hat. Wir haben die Covid-Jahre damit verbracht, frustriert darüber zu sein, dass unsere vorherige Platte „Livslede“ nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat, die sie unserer Meinung nach verdient hat, weil wir die meiste Zeit keine Shows spielen konnten.
Danach gab es eine Reihe schwieriger Line-up-Wechsel, gefolgt von einer Menge Liveshows. Und genau während dieser Liveshows mit der aktuellen Besetzung wurde uns klar, dass wir neue Musik veröffentlichen wollten – Musik, die wirklich uns allen gehört. Und ich glaube, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl hört man in den Songs auf „Lykke“.
SUNKEN haben bei Eisenwald unterschrieben und es gab die erwähnten Wechsel in der Bandbesetzung. Wie haben sich diese Veränderungen auf das Album ausgewirkt?
Martin: Abgesehen davon, dass sich dadurch der Abstand zwischen den Veröffentlichungen verlängert hat, bringt es natürlich neue Inspiration und neue Spielstile mit sich, wenn neue Mitglieder dazukommen. Mit neuen Leuten zu spielen, die unterschiedliche Stile und Schwerpunkte haben, hat uns anderen ermöglicht, unsere Herangehensweise ans Songwriting zu verändern. Das war außerdem das erste Mal, dass das komplette Grundgerüst eines Songs nicht von unserem Gründungsgitarristen kam – „Og Det Er Lykke“ wurde von unserem zweiten Gitarristen, Alex, geschrieben.
Aber im Grunde fühlt es sich gerade einfach so an, als wären wir musikalisch alle auf derselben Wellenlänge. Wir wollen alle gleichermaßen etwas Schönes schaffen, das bei Gleichgesinnten, die genauso auf depressive und melancholische Musik stehen wie wir, Anklang findet. Es ist unglaublich motivierend, in einer Gruppe zu arbeiten, in der alle einander vertrauen und wirklich auf dieselben Ziele hinarbeiten.
Was das Label angeht: Wir hatten die Chance, etwas Neues auszuprobieren – etwas Größeres, von dem wir das Gefühl hatten, dass es zu neuen und aufregenden Möglichkeiten führen könnte. Und wir haben den Eindruck, dass genau das bereits passiert. Nico von Eisenwald hat uns sehr unterstützt, und es ist ein großartiges Gefühl, ihn im Hintergrund an unserer Seite zu haben. Wir schätzen die Zeit bei Vendetta Records sehr und empfehlen jeder Band, die die Möglichkeit bekommt, sich deren Roster anzuschließen – für uns war es einfach an der Zeit, einen anderen Weg einzuschlagen.

Sunken – Lykke Cover
Auf „Livslede“ habt ihr vom Englischen ins Dänische gewechselt. Wie wichtig ist Sprache für das, was ihr bei SUNKEN ausdrücken wollt?
Alex: Sprache ist nicht das einzige Medium, mit dem Menschen Gedanken ausdrücken, aber sie ist definitiv hilfreich. Deshalb fühlt es sich ganz natürlich an, unsere Muttersprache zu benutzen, um die Themen, mit denen wir uns beschäftigen, so genau wie möglich zu vermitteln. Aber es geht nicht nur um Bedeutung und Genauigkeit. Dänisch ist nicht gerade eine schöne Sprache, aber sie hat eine raue, poetische Qualität, die wir als Muttersprachler ausnutzen müssen. Wahrscheinlich werden nur wenige andere irgendeine Schönheit in den Lauten hören, die wir machen, aber das ist nicht unser Problem. Wir wollen, dass unsere Musik und Texte zugänglich sind, aber viel wichtiger ist, dass wir uns damit ausdrücken.
‚Lykke‘ – oder ‚happiness‘ – erscheint ein seltsamer Titel für eher depressive Musik. Trotz der musikalisch leichteren und verträumteren Passagen wirken die meisten SUNKEN-Texte bitter, sarkastisch oder gar zynisch. Wie ist dieser Widerspruch zu verstehen? Seid ihr absichtlich zynisch – und hat das etwas mit dem ständigen Druck zu tun, okay zu sein?
Alex: Also, zuerst einmal lässt sich das dänische ‚Lykke‘ nicht wirklich direkt mit dem englischen Wort ‚happiness‘ übersetzen. Ein passenderes dänisches Wort für das Gefühl von Glück wäre ‚Glæde’– das übrigens in „Glædesfærd“ thematisiert und kritisiert wird. ‚Lykke‘ oder sich ‚Lykkelig‘ fühlen, die adjektivische Form, hat mehr Konnotationen. Da schwingt ein Sinn von Schicksal und existenzieller Verortung mit – und Zufriedenheit damit, an genau diesem Ort zu sein.
Das klingt jetzt wie ein nerdiges Ausweichen deiner Frage, aber es hat seinen Grund. Ja, unsere Musik und Texte liegen ganz klar im depressiven Spektrum und setzen sich mit einigen der schlimmsten Seiten des Daseins auseinander. Aber das Album „Lykke“ zu nennen, ist nicht einfach ein sarkastischer Witz über uns selbst. Es ist auch ein Versuch, diese Akzeptanz der eigenen Position in der Welt auszudrücken, egal wie schrecklich sie sich immer wieder anfühlt. Eine Akzeptanz, zu der wir irgendwie kommen müssen. Ich meine, du könntest dieses Leben ja jederzeit verlassen. Aber wenn du das nicht tust – und die meisten tun es nicht – dann akzeptierst du besser die Umstände.
Eine etwas spaßigere Frage: Ihr verwendet bei SUNKEN-Shows jede Menge Bühnennebel. Beim diesjährigen Summer Breeze habt ihr so viel Nebel rausgehauen, dass eine richtige Nebeldecke über dem ganzen Gelände lag. Ist das schon mal passiert – und konntet ihr das überhaupt sehen?
Alex: Um ehrlich zu sein, es war schon deutlich schlimmer. Oder besser, je nachdem, wie man’s sieht. Auf der Bühne merken wir oft gar nicht, wie dicht der Nebel tatsächlich ist – aber wir merken ganz genau, wenn er fehlt. Es gab schon Shows, bei denen entweder technische Probleme oder Auflagen der Veranstaltungsorte es unmöglich gemacht haben, das Gelände in eine Nebeldecke zu hüllen, wie du es genannt hast. Und das fühlt sich einfach nie richtig an. Manche würden vielleicht sagen, die Musik allein sollte ausreichen. Und natürlich finden wir, dass das, was wir musikalisch liefern, mehr als stark genug ist. Aber das wäre ein Missverständnis. Es gibt einen Grund, warum ein Konzert nicht einfach nur ein Haufen Menschen ist, die Musik aus einer fetten PA-Anlage hören. Ein Konzert ist eine Performance, und wir machen es auf unsere Art, weil unsere Musik genau so erlebt werden soll.

Sunken – Fortress Festival 2024
Atmospheric Black Metal ist kein leichtes Genre und viele Bands schaffen es nie aus dem Underground heraus. Aber bei SUNKEN sieht man eine klare Aufwärtskurve. Vertrag bei Eisenwald, eine gut besuchte Late-Night-Show beim Summer Breeze, eine Headliner-Tour. Was glaubt ihr, ist euer ‚Geheimnis‘? Was braucht es, um herauszustechen?
Joachim: Wir denken oder kümmern uns ehrlich gesagt nicht wirklich darum, ‚herauszustechen‘. Das Wichtigste ist die Musik. Paradoxerweise scheint es so zu sein, dass gerade das Nicht-Versuchen, besonders aufzufallen, sondern sich einfach treu zu bleiben und etwas zu erschaffen, das mit einem selbst im Einklang ist, andere neugierig und interessiert macht. Für uns ist das krampfhafte Hinterherlaufen von Trends und der Versuch, sich in diesem Meer aus Mittelmaß, das die moderne Musik oft ist, bemerkbar zu machen, keine wertvolle oder gerechtfertigte Grundlage, um Musik – oder generell Kunst – zu schaffen. Der Antrieb muss von innen kommen.
Um deine Frage also zu beantworten: ‚Herauszustechen‘ ist an sich kein Kriterium für Erfolg. Aber wir haben das Glück, in einer Band zu sein, die konsequent Musik veröffentlicht, auf die wir stolz sind und mit der wir glücklich sind. Wenn das dazu führt, dass Leute aufmerksam werden und eine Verbindung zur Musik aufbauen, dann sind wir unglaublich dankbar dafür. In diesem Sinne ist das ‚Geheimnis‘ wohl einfach das: Musik zu schaffen und zu veröffentlichen, die mit einem selbst resoniert.
SUNKEN haben ein paar Release-Shows und dann eine Headline-Tour im November und Dezember. Was können wir erwarten, und auf welche Orte freut ihr euch am meisten?
Alex: Wir können es kaum erwarten, endlich rauszukommen und unsere neuen Stücke zum ersten Mal den Leuten zu präsentieren. Das ist natürlich eine große Sache, und wir haben fest vor, jede einzelne Sekunde davon zu genießen und die Musik mit der Atmosphäre und Intensität rüberzubringen, die sie verdient. Die Leute können also – wie immer – erwarten, dass wir mit der ganzen Leidenschaft und dem Stolz spielen, die wir für unsere Musik empfinden. Und mit der Dankbarkeit, die wir gegenüber allen spüren, die uns unterstützen und das Ganze mit uns gemeinsam feiern.
Was die Orte betrifft, freue ich mich besonders darauf, in Italien, Slowenien und Kroatien zu spielen. Das sind nicht gerade Länder, in die man als skandinavische Band mit unserer Art von Musik oft kommt. Touren bedeutet auch reisen, Neues sehen und Menschen treffen. Deshalb wird es großartig sein, neue Gefilde zu erkunden.
Gleichzeitig freuen wir uns natürlich auch darauf, in einige Städte zurückzukehren, in denen wir immer einen richtig guten Abend haben. Zum Beispiel an den meisten Orten in Deutschland und Frankreich. Unsere Musik für Menschen zu spielen, die sich wirklich dafür interessieren, egal ob in einem kleinen Squat oder auf einem großen Festival, ist und bleibt etwas Besonderes für uns. Wir freuen uns darauf, in den nächsten Monaten das neue Album mit allen zu teilen.
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview wurde auf Englisch per E-Mail geführt.
Galerie mit 10 Bildern: Sunken - Summer Breeze Open Air 2025

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| Band | |
|---|---|
| Stile | Atmospheric Black Metal |
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Angela































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