Black Sabbath - Dehumanizer

Review

„Dehumanizer“ ist im Prinzip – wenn man „Cross Purposes“ und „Forbidden“ als das sieht, was sie sind, nämlich ein ziemlich poppiges und ein ziemlich maues Album – die letzte klassische BLACK SABBATH-Platte. Aufgenommen 1991/1992, ist auf „Dehumanizer“ bereits dieselbe Besetzung zu hören, die fast 20 Jahre später HEAVEN AND HELL bilden und mit „The Devil You Know“ ein rundum gelungenes Comeback feiern sollte: Tony Iommi, Geezer Butler, Vinnie Appice und Ronnie James Dio. Vielleicht das beste SABBATH-Line-Up schlechthin.

Der mit dem plakativen Titel „Computer God“ versehene Opener – ähnlich wie „Gates Of Hell“ von „Headless Cross“ mit einem legendären Drumbeat versehen – leitet eine Platte ein, die thematisch merklich von der Skepsis gegenüber modernen Gesellschaften geprägt ist. Medienwahn und Blindheit gegenüber einer „digitalen Religion“ (die damals der sich auf dem Vormarsch befindende PC oder der böse Fernsehapparat war, heute das Internet) waren Anfang der 90er generell ein beliebtes sozialkritisches Thema im Metal. Das ist besonders lustig, weil „Time Machine“ damals für den „Wayne’s World“-Soundtrack verwendet wurde und gerade das „Dehumanizer“ sicher ein Stück weit zu seinem jetzigen Status verholfen hat. Letztlich haben sich auch BLACK SABBATH dem Zwang der Moderne ergeben und nutzen heute, zwanzig Jahre später, nach Kräften die Macht der digitalen Medien. Das soll aber nicht das Thema sein.

Glücklicherweise ist die Platte musikalisch keineswegs so veraltet wie ihre Thematik es augenscheinlich ist. Die unheimlich eingängigen Refrains von „After All“, „TV Crimes“, „Letters From The Earth“, „Master Of Insanity“, „Sins Of The Father“ und „I“ (und damit die kompletten ersten neun Tracks!) zünden auch heute noch überraschend schnell. Die Hitdichte ist enorm hoch, allerdings auch erst auf den zweiten Blick. Musikalisch ist „Dehumanizer“ wieder deutlich straffer, kerniger und metallischer als seine Vorgänger. Iommis Riffs offenbaren weit mehr Inspiration als auf dem mauen Vorgänger „Tyr“ oder dem etwas softeren Nachfolger „Cross Purposes“, auch wenn das Album vielleicht ein, zwei Tracks kürzer und am Ende weniger blass hätte sein dürfen. Im Grunde enthält „Dehumanizer“ aber weit weniger Füllmaterial als viele frühere BLACK SABBATH-Alben, einige sehr düstere Gitarrenparts, ein paar der gelungeneren Iommi-Soli, mit „Too Late“ eine tolle Ballade und mit Dio eine Stimme von absolutem Weltrang. Ich würde so weit gehen und behaupten, dass auf „Dehumanizer“ einiges vom Besten zu finden ist, was Iommis Hände je zustande gebracht haben.

Die Produktion ist sicher kein Meisterwerk, auch für die damalige Zeit nicht, atmet aber noch deutlich den Geist der 80er-Jahre – lautes, sehr direktes Drumkit, dominanter Bass, kühle Synthesizer, viel Hall – und ist damit im Grunde mit „Headless Cross“ vergleichbar. Das kettet „Dehumanizer“ im Erscheinungsbild an die damalige Zeit, hat aber nicht dafür gesorgt, dass das Album heute unhörbar wäre. Im Gegenteil, es ist vermutlich sogar ein ziemlich unterschätzter Punkt in der SABBATH-Diskografie.

10.01.2010
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