Black Sabbath - Vol. 4 Revisited (Super Deluxe Box-Set)

Review

“Vol. 4” gilt nach dem bahnbrechenden Debüt, dem Evergreen “Paranoid” (beide 1970) und dem künstlerischen Durchbruch “Master Of Reality” (1971) unter vielen Fans als so etwas wie der erste kleinere Stinker in der umfangreichen Vita von BLACK SABBATH. Ist natürlich alles übertrieben. “Vol. 4” zeigt immer noch die BLACK SABBATH der goldenen Siebziger und gehört zu den hörenswerten Alben mit Ozzy Osbourne am Gesang – obschon natürlich die bisher genannten oder auch “Sabbath Bloody Sabbath” noch ein Stück erhabener sind. So sind Re-Releases und Boxsets eigentlich immer ein schöner Anlass, um ein etwas abgestempeltes Album noch mal mit frischen Ohren zu hören. Und mit dem vorliegenden, proppevollen Vier-CD- beziehungsweise Fünf-LP-Boxset ist abendfüllende Unterhaltung garantiert.

Black Sabbath Bandfoto 1971 Vol 4 Revisited

Black Sabbath im Jahre 1971

Auf “Vol. 4” zeigen sich erste Risse im Bandgefüge

Klar, man kann hören, dass selbst der Großmeister des Gitarrenriffs, Tony Iommi, nach drei Alben in nicht ganz zwei Jahren (sic!) kreativ etwas aus der Puste war. Irgendwie klingt auch die Anekdote, BLACK SABBATH waren inzwischen so ausgebrannt, dass ihnen das Kokain in Cornflakes-Packungen ins Studio geschmuggelt wurde, nicht unplausibel. Das liegt an sonderbaren, eher irrelevanten Spielereien wie “FX” oder der auch nach 50 Jahren noch befremdlich klingenden Hippie-Ballade “Changes”. Apropos: wer zu jung oder zu alt ist, um die spätere Version, die Ozzy im Duett mit seiner Tochter Kelly singt, zu kennen, möge es in eigenem Interesse auch nicht nachholen. Fakt ist: Mit “Vol. 4” wuchs der Druck, damit der Drogenkonsum und somit die Entfremdung der Bandmitglieder untereinander.

Um es auf den Punkt zu bringen: Es fehlen größtenteils die einprägsamen, auf den Punkt gebrachten Single-Note-Riffs, die die ersten drei Alben so geprägt haben. Natürlich wirkt “Vol. 4” auf den ersten Hör dadurch Hit-ärmer. Grundsätzlich wich der bekannte Ansatz aus Mangel an weiteren Ideen aber nur einigen neueren Methoden beim Songwriting. Diese passen zudem noch ins BLACK-SABBATH-Korsett, was indes bei den späteren Ozzy-Alben “Technical Ecstasy” und “Never Say Die” nicht mehr ohne Einschränkung behauptet werden kann. Sieht man von den im vorigen Absatz genannten beiden Gurken-Tracks ab, können die Klassiker “Snowblind”, “Supernaut” sowie das mit einem mörderisch fiesen Riff versehene “Cornucopia” richtig viel. Der etwas ungestüme Opener “Wheels Of Confusion” und der erneut mächtige Schlusssong “Under The Sun” sind eben die Klassiker aus zweiter Reihe, die im Laufe einer so langen Karriere allerdings wesentlich erfrischender zu hören sind als fast nicht mehr zu genießende Dauerbrenner wie “Paranoid” oder “Iron Man”.

BLACK SABBATH: “Vol. 4” in umfangreichem Boxset

Sony haben sich bei der Zusammenstellung des Bonus-Materials jedenfalls absolut nicht lumpen lassen und ein Paket geschnürt, das jedem Fan der Birminghamer Urväter feuchte Augen und Träume bescheren sollte. Neben dem kompletten Album in einem neuen, druckvollen Mastering gibt es auf der zweiten CD einige unterhaltsame Outtakes und Neuabmischungen, die von Steven Wilson besorgt wurden. Besonders “Wheels Of Confusion” und “Snowblind” treten hier deutlich hervor. Der dritte Tonträger birgt falsche Versuche, Takes mit Studiogesprächen und alternative Versionen. Sicherlich hört man sich solche Boni eher selten an; es ist trotzdem spaßig, gewissermaßen vor 50 Jahren bei BLACK SABBATH mit im Studio zu stehen und der Entstehung der Scheibe zu lauschen. Außerdem: Versucht mal zu verstehen, was Ozzy sagen möchte! Der war damals schon furchtbar unverständlich.

Eigentliches Highlight dieses schönen Re-Releases ist jedoch die vierte CD, auf der sich ein kompletter UK-Gig von 1973 befindet. Die Aufnahmen sind hörbar und wurden von Richard Digby Smith auf einen aktuellen Stand gehübscht, tönen aber dennoch wunderbar roh und sehr, nun ja, “live”. Das Schöne an dem Gig ist außerdem, dass er sich vollkommen unperfekt anhört und damit authentischer ist als so manches reguläre “Live”-Album aus den Siebzigern. Man denke nur an die etwas zu sauber klingenden Werke von KISS und JUDAS PRIEST. Außerdem wirft die Performance die Frage auf, ob es eigentlich wirklich nötig ist, immer Bill Ward die Schuld an der gelegentlichen Schludrigkeit der englischen Drogengenießer zu geben – vollends beisammen hört sich nämlich keiner der Vier an.

“Vol. 4 Revisited” ist die definitive Edition

Wer also seine BLACK-SABBATH-Kollektion noch etwas aufpeppen möchte, ein perfektes Geschenk zum Valentinstag braucht, oder in Zeiten von Lockdown und Pandemie die Geschichte der harten Rockmusik neu aufarbeiten möchte, wird in “Vol. 4 Revisited” wertvollen Zeitvertreib finden. Das Album macht fünf Jahrzehnte später noch Spaß, eben weil kein einziger totgedudelter “Klassiker” aus der Timelife-Hölle, die sogar der irgendwie schräge Onkel, der es “auch mal rockiger mag”, kennt, darauf enthalten ist.

05.02.2021

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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