Black Sabbath - The Ten Year War

Review

BLACK SABBATH, die Band, die gemeinhin als Urknall des Heavy Metals gilt, begibt sich in Rente. Am vierten Februar 2017 standen Ozzy Osbourne, Tony Iommi und Geezer Butler zum wohl letzten Mal gemeinsam auf der Bühne. Am Schlagzeug unterstützt sie Ozzys Schlagzeuger Tommy Clufetos. Neben der DVD- und Blu-Ray-Auswertung der Show in Form von „The End“, beschenken BLACK SABBATH ihre Fans zum Abschied noch mit einem fetten Vinyl-Boxset, das sich gewaschen hat. „The Ten Year War“ enthält die ersten acht Alben, die die Band im klassischen Line-Up Osbourne/Iommi/Butler/Ward aufgenommen hat. Dazu gesellt sich allerlei Schnickschnack.

Die Alben

Black Sabbath (1970)

Prasselnder Regen, Donnergrollen und unheilvolle Glockenschläge – Beim Intro von „Black Sabath“ wähnt man sich beinahe in einem Horrorfilm. Die ersten Gitarrentöne bestätigen dieses Gefühl nur. Und spätestens, wenn die Qualen leidende Stimme Ozzy Osbournes erklingt, ist klar, das hier ist der Soundtrack zum Untergang. Okay, ganz so schlimm ist es nicht, denn trotz aller Düsternis, ziehen BLACK SABBATH auf ihrem gleichnamigen Debütalbum auch noch ganz andere Seiten auf. „The Wizard“ etwa lässt mit seinem Mundharmonika-Einsatz die Blues-Wurzeln der Band durscheinen. Auch „N.I.B.“ offenbart eine Menge Partypotential. Das satanische Image, das BLACK SABBATH maßgeblich von der Plattenfirma übergestülpt wurde, spiegelt sich nur in den wenigsten Songs wieder. Stattdessen gibt es viele Boogie- und eben Blues-Querverweise. Dass SABBATH den Doom zu Beginn ihrer Karriere schon atmen wie kaum eine andere Band beweist aber „Warning“. Das Debüt ist eine abwechslungsreiche Platte, auf der die Band all ihre Einflüsse zur Schau stellt und die Weichen für das Kommende legt.

Paranoid (1970)

Noch im selben Jahr reichen BLACK SABBATH Album Nummer zwei ein. Mit „Paranoid“ gelingt ihnen die wohl bekannteste Platte in der Bandgeschichte. Den Titelsong kennt jeder Metalhead in und auswendig. Dabei entstand er nur aus der Not heraus, da die Plattenfirma noch einen singletauglichen Song für das Album gefordert hat. Da sieht man mal wieder, wie schnell Rockgeschichte geschrieben werden kann. „Iron Man“ ist der zweite große Hit der Platte, ein langsamer Stampfer, der vor allem durch sein unfassbar eingängiges Mainriff besticht. „War Pigs“ ist ebenso eine Hymne für die Ewigkeit. Das psychedelische „Planet Caravan“ hingegen zeigt eine etwas experimentellere Seite von BLACK SABBATH. Aber warum hier noch allzu große Reden schwingen? „Paranoid“ ist absolutes Heavy-Metal-Grundwissen und ein perfektes Meisterwerk. Jeder kennt es, jeder liebt es und das ist auch gut so.

Master Of Reality (1971)

Schon das Intro zum Opener „Sweet Leaf“ lässt keine Zweifel am hohen Drogenkonsum aufkommen, unter dem „Master Of Reality“ entstanden ist. Immerhin hört man hier Tony Iommi husten, nachdem er einen Joint geraucht hat. In den folgenden 34 Minuten beweisen BLACK SABBATH allerdings, dass sie trotz aller Drogen immer noch großartige Musik erschaffen können. Insgesamt ist das Material auf dem dritten Langdreher etwas aggressiver als zuvor, spart dafür aber ein wenig an Doom-Flair ein. Zudem gibt es mit „Embryo“ und „Orchid“ zwei kleine instrumental Zwischenspiele als Verschnaufpausen. Außerdem zeigt die Band in der folkloristischen Ballade „Solidute“ noch eine ganz neue Seite. Und Songs wie „After Forever“ oder das stampfende „Children Of The Grave“ sind zurecht bis heute unsterbliche Metal-Klassiker, weshalb „Master Of Reality“ einen Platz in jeder gut sortierten Sammlung verdient hat.

Black Sabbath Vol. 4 (1972)

Massiver Dorgenkonsum die Zweite. Der vierte BLACK-SABBATH-Langdreher sollte ursprünglich den Titel „Snowblind“ tragen. Der Plattenfirma war diese offensichtliche Anspielung auf Kokain aber zu Heikel, weshalb das Album schlicht „Vol. 4“ getauft wurde. Der angedachte Titelsong hat es aber trotzdem auf die Langgrille geschafft und ist dank griffiger Riffs auch eines der Highlights auf „Vol. 4“. Nach dem BLACK SABBATH auf ihren ersten drei Alben schon Doom und Heavy Metal in die Wege geleitet haben, folgt jetzt der Stoner Rock. Der Opener „Wheels Of Confusion“ macht es dank staubtrockenem Riffing schon ganz gut vor. Befeuert durch allerlei Chemikalien, holen BLACK SABBATH für das Iommi-Instrumental „Laguna Sunrise“ sogar ein Orchester ins Studio und lassen leicht jazzige Einflüsse zu. Gemeinsam mit YES-Keyboarder Rik Wakeman stellt die Band aber auch die charttaugliche Ballade „Changes“ auf die Beine. So ist es vor allem die große Experimentierfreude der Band, die Vol. 4 zu einem hörenswerten Album macht. Auch wenn der Hitfaktor nicht ganz so groß ist, wie auf den drei Vorgängern.

Sabbath Bloody Sabbath (1973)

1973 beginnt der Stern von BLACK SABBATH ein wenig an Strahlkraft einzubüßen. Die Band ist nach der langen Tour zu „Vol. 4“ ausgebrannt. Außerdem lässt der übermäßige Drogenkonsum die vier Rockstars zunehmend in Lethargie versinken. Nach Monaten des Nichtstuns nistet sich die Band im englischen Clearwell Castle ein. Die dort herrschende, bedrohliche Atmosphäre entfacht den Funken neu. Als erstes entsteht der Titelsong der neuen Platte „Sabbath Bloody Sabbath“, dessen Mainriff allein legendär ist. Osbournes Gesang ist zudem so aggressiv, wie nie zuvor. Ein erster Indikator für die noch anstehenden Konflikte innerhalb der Band. Mit Songs wie „A National Acrobat“, „Sabbra Cadabra“ oder „Killing Yourself To Live“ zeigen BLACK SABBATH wieder weitaus höheres Hitpotential als zuletzt auf „Vol. 4“. Trotzdem wagen Iommi und co. weiterhin musikalische Experimente, was sich durch den vermehrten Einsatz von Keyboards und Synthesizern zeigt. Somit bildet „Sabbath Bloody Sabbath“ den perfekten Spagat aus der Quintessenz des Bandsounds und der Erweiterung von ebendiesem um neue Elemente.

Sabotage (1975)

Was passiert, wenn eine Band am Tag des Fotoshootings vergisst, die richtigen Klamotten anzuziehen, zeigen BLACK SABBATH eindrucksvoll auf dem Cover zu „Sabotage“. Das ist aber nicht die einzige überraschende Entwicklung auf der sechsten Studioplatte der Birminghamer. Schon beim eröffnenden „Hole In The Sky“ fällt Ozzy Osbournes ungewohnt aggressiver Gesang auf. Hohe Schreie und harte Shouts ist man von ihm nicht gewohnt. Tony Iommi schließt sich mit ebenso hartem Riffing an. Die anhaltenden Streitigkeiten mit ex-Manager Patrick Meehan nutzen BLACK SABBATH, um eines der härtesten Alben ihrer Karriere aufzunehmen. Mit „Symptom Of The Universe“ steht auch wieder ein unsterblicher Bandklassiker auf der A-Seite. Zudem nimmt der Song bereits viel vom späteren Sound des Thrash Metals vorweg. Im Überlangen „Megalomania“ scheint die psychedelische Seite von BLACK SABBATH stark durch. Abgesehen davon lässt die Band auf „Sabotage“ ihrer Wut freien Lauf und spielt einen weiteren Klassiker ein.

Technical Ecstasy (1976)

Als sich BLACK SABBATH ins Studio begeben, um „Technical Ecstasy“ aufzunehmen, steht es nicht gut um die Band. Frontmann Ozzy Osbourne denkt nicht nur darüber nach, SABBATH zu verlassen, sondern versinkt zudem mehr und mehr im Drogensumpf. Tony Iommi hingegen hat den Blick für die musikalische Ausrichtung verloren. QUEEN und FOREIGNER heißen die Bands, denen er plötzlich nacheifern möchte. Das pompöse „You Won’t Change Me“ steht stellvertretend für diesen Versuch. So richtig geht der Ansatz allerdings nicht auf. Es klingt eben immer wie ein Versuch, wenn BLACK SABBATH plötzlich einen auf QUEEN machen. Vom düsteren Doom der Anfangstage ist auf „Technical Ecstasy“ nur noch wenig übrig geblieben. Für die totale Verwirrung sorgt dann die von Bill Ward gesungene Ballade „It’s Alright“. Ohne die markante Stimme Osbournes, könnte diese lahme Schmusenummer von jeder x-beliebigen Mainstream-Rock-Band stammen. Im Frühwerk BLACK SABBATHs ist das siebte Album definitiv die erste waschechte Enttäuschung.

Never Say Die! (1978)

Nach dem schwachen „Technical Ecstasy“ beenden BLACK SABBATH ihre klassische Ära mit dem absolut unwürdigen „Never Say Die!“. Der eröffnende Titelsong klingt wie ein billiger VAN-HALEN-Abklatsch. Rein zufällig sollten ebendiese Senkrechtstarter dann auch den Support-Act auf der anschließenden Tour geben. Die bandinternen Zwists gehen inzwischen so weit, dass Ozzy Osbourne sich weigert „Swinging The Chain“ zu singen. Deshalb übernimmt abermals Bill Ward den Lead-Gesang für einen SABBATH-Song. Das Material auf „Never Say Die!“ klingt derweil kraftlos. BLACK SABBATH sind am Ende ihrer Kräfte. Die ständigen Drogeneskapaden fordern ihren Tribut. Ziellos spreizt die Band ihre Fühler in alle musikalischen Richtungen aus, ohne auch nur einen Volltreffer zu landen. Das anschließende Auseinanderbrechen der Band überrascht da wenig und beflügelt zudem die Kreativität aller Beteiligten. BLACK SABBATH nehmen mit Ronnie James Dio zwei grandiose Alben auf, während Ozzy Osbourne eine immens erfolgreiche Solokarriere startet. Somit hat „Never Say Die!“ doch noch eine Daseinsberechtigung.

Der Schnickschnack

Natürlich darf bei einer Box mit einem stolzen Preis von 250 Euro noch mehr erwartet werden und das liefert „The Ten Year War“ auch. Alle Alben kommen auf farblich zum Artwork passenden Splatter-Vinyl daher. „Black Sabbath“, „Paranoid“, „Sabbath Bloody Sabbath“ und „Vol. 4“ kommen im Gatefold daher. „Master Of Reality“ steckt in einer etwas seltsamen Pappbox, die auch einen Nachdruck des Farbposters beinhaltet, das dem Album auch im Original beilag. Die restlichen Alben stecken in Single-Sleeves. Alle Innenhüllen sind mit psychedelischen Mustern bedruckt. Textbeileger gibt es leider nicht für alle Platten. Dafür aber Nachdrucke des namensgebenden „The Ten Year War“-Heftchens zum zehnjährigen Bandjubiläum sowie des Programmheft der Jubiläumstour. Dazu kommt ein Tourplakat von ’72.

Oben drauf gibt es Nachpressungen der japanischen „Evil Woman“-Single und der chilenischen „Paranoid/The Wizard“-Promo-Single. Dann noch ein Kruzifix zum Umhängen für den, der es mag. Das entpuppt sich zudem als USB-Stick, auf dem alle Alben als High-Definition-Files enthalten sind. Sehr löblich! Die Krönung aber ist ein Bildband voller Kommentaren bekannter Musiker und anderer Prominenter über den Einfluss von BLACK SABBATH. Da kommen unter anderem Corey Taylor (SLIPKNOT/STONE SOUR), Tommy Lee (MÖTLEY CRÜE), Brian May (QUEEN), Tony Blair und LADY GAGA zu Wort. Das Boxset versprüht Wertigkeit an allen Ecken und Enden, weshalb SABBATH-Fans um einen Kauf des auf 3500 Stück limitierten Brocken nicht herum kommen.

06.10.2017

"Irgendeiner wartet immer."

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